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Die Feuer von Alamosa (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Die Feuer von Alamosa (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)

Titel: Die Feuer von Alamosa (Western-Reihe 'Die Al Wolfson-Chroniken') (German Edition)
Autoren: Dirk Bongardt
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Schuppen mit dem Dynamit stand in Sichtweite der Speisetische. Tagsüber, da waren Butch und ich uns einig, war eine besondere Bewachung überflüssig. Ein Einbrecher hätte in dieser Zeit keine Möglichkeit gehabt, unentdeckt zu bleiben. Nachts würden wir zwei uns dabei ablösen, den Schuppen im Auge zu behandeln – zusätzlich zu den Männern, die regulär Wache schoben, aber natürlich ein größeres Areal zu überwachen hatten. Anders als die regulären Wachtposten wollten Butch und ich unsichtbar bleiben. Wir wollten den Verräter ja nicht verschrecken, sondern auf frischer Tat ertappen.

    Für den Nachmittag schickte uns Butch in das ausgebrannte Hotel, oder was auch immer aus diesem Schuppen am Ende werden würde, um dabei mit zu helfen, die eingestürzte Treppe durch eine neue zu ersetzen, und so verbrachten wir die zweite Hälfte des Arbeitstages erst einmal damit, Bretter, Bohlen und Balken zurecht zu sägen und an Ort und Stelle zu bringen. Kurz bevor die Sonne die ersten Bergspitzen in der Ferne berührte, läutete die Glocke das Arbeitsende ein.

    Nach einer erneuten üppigen Mahlzeit fiel mir Tyler ein, der, im Gegensatz zu meinen Knochen, dringend wieder etwas Bewegung benötigte. Bis zur ersten Nachtwache, so hatten wir es ausgemacht, würde Butch den Schuppen im Auge behalten, ich hatte also noch ein paar Stunden Zeit für einen Ausritt.

    „Pete, Gordon, Will, kommt Ihr mit? Mein Tyler muss sich mal wieder austoben.“

    „Da hast du Pech“, grinste Pete, „die Damen kommen erst, wenn der Schienentrupp hier ist.“

    „Na, du scheinst ja schon dringend drauf zu warten“, entgegnete ich. „Mein Tyler ist nicht, was du denkst, Tyler ist bloß mein Pferd, und der muss sich wirklich dringend wieder bewegen.“

    Pete und Will hatten keine eigenen Pferde hier, sie waren von der Eisenbahngesellschaft hierher kutschiert worden. Nur Gordon ritt sein eigenes Tier.

    „Wenn es dir nichts ausmacht, mit einem Nigger auszureiten“, sagte Gordon.

    „Hör mal, mein Vater ist gestorben, damit du und ich wie zwei Männer miteinander reden können. Tritt sein Andenken nicht mit Füßen.“

    Das war übrigens die Wahrheit: Mein alter Herr war in der Schlacht am Gloriettapass gefallen. Dass er für die Südstaaten gekämpft hatte, musste ich Gordon ja nicht unbedingt auf die Nase binden.

    „Schon gut, schon gut“, wehrte Gordon ab, und gemeinsam holten wir unsere Sattel aus den Schuppen. Ich hatte, von meiner Winchester abgesehen, noch fast alle meine Habseligkeiten in den Satteltaschen und an verschiedenen Schlaufen am Sattel hängen. Bratpfanne und Kaffeekanne brachte ich in meinen Spind, spürte aber nicht die geringste Begeisterung bei dem Gedanken, auch noch den Rest auszuräumen. Tyler war an das Gewicht ja ohnehin gewöhnt.

    Grinsend sah ich Gordon zu, wie er seinen schneeweißen Rappen sattelte und aufsaß, verkniff mir aber jede Bemerkung.

    „Ja, ja“, sagte Gordon, „nun mach schon deinen Spruch. Irgendwas mit 'schwarz auf weiß' liegt dir doch auf der Zunge.“

    „Jep. Aber ich kann schweigen. Komm schon, bevor die Gäule Gicht bekommen.“

    Wir galoppierten über eine langgezogene Ebene ein paar Meilen nach Westen. Insgeheim hoffte ich, einen Hinweis auf den möglichen Unterschlupf der Banditen zu finden. Vier Mann können sich leicht irgendwo verstecken, aber sie mussten ja auch ihre Pferde irgendwo unterstellen. Mein Plan war, das Versteck zu finden, zurück nach Alamosa zu reiten und mit zehn Mann und einer geladenen Winchester wieder zu kommen. Noch vor dem Frühstück wären die vier dann am Galgen, und mir wäre die Wahl zum Sheriff so gut wie sicher. Doch vorerst sah nichts danach aus, dass sich hier irgendwo Banditen aufhielten.

    „Weißt du“, sagte Gordon, „ich glaube, Betty hat gelebt, wie es sein soll.“

    „Wie kommst du darauf?“

    „Wenn du gelebt hast, wie es sein soll, dann steht an deinem Grab jemand und weint. Meinst du, jemand weint an unseren Gräbern?“

    Ich musste an Eliza denken. Würde sie weinen? Würde Sanchez, der verfluchte Greaser, der mir auf Rileys Ranch so ziemlich alles beigebracht hatte, was ich weiß, weinen? Und was, verflucht, war so gut daran, wenn jemand um einen weinte?

    „Wenn jemand traurig ist, dass es dich nicht mehr gibt, dann nur, weil er glücklich war, dass es dich gegeben hat“, erzählte Gordon weiter.

    „Gordon“, sagte ich ihm, „an dir ist ein Dichter verloren gegangen. Aber jetzt hör auf mit dem schwermütigen
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