Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos
Autoren: L. E. Modesitt
Vom Netzwerk:
aufrichtiger sein?« Cerryl lachte leise.
    »Ich war es doch. Es nützt nichts. Abgesehen von dir, aber du bist eine Schwarze.«
    »Du warst auch mit Myral aufrichtig. Du bist es mit Kinowin.«
    »Ich habe nie gelogen, aber ich habe sie hin und wieder mit Halbwahrheiten in die Irre geführt.« Cerryl verzog den Mund. »In gewisser Weise ist auch Jeslek aufrichtig. Er tut nicht einmal so, als würde er zuhören. Er kann es sich leisten, sich so zu verhalten. Das kann man machen, wenn man der mächtigste Weiße in der geschriebenen Geschichte ist.«
    »Was ist mit den alten Weißen?«
    »Ich traue den Legenden nicht. Jedenfalls ist das alte Wissen zum größten Teil verloren.« Cerryl aß sein Rindfleisch und die Birnäpfel auf und strich die Soße mit etwas Brot vom Teller. »Das war hervorragend. Vielen Dank.«
    »Keine Ursache. Jetzt verstehst du sicher, warum ich so gern hierher komme.«
    »Ja, das verstehe ich.« Er runzelte die Stirn.
    »Was ist los?«
    »Oh, nichts weiter. Du sagtest, dass ich es verstehe, und ich verstehe es. Aber die meisten Leute verstehen überhaupt nichts, obwohl sie so oft das Gegenteil behaupten«, meinte der Magier mit den grauen Augen nachdenklich. »Sie meinen damit, dass du verstehen sollst, was sie wollen oder glauben, so dass du dich veränderst. Das Verstehen selbst ändert aber erst einmal überhaupt nichts.«
    »Du bist zynisch.«
    »Die Wahrheit ist nicht zynisch, Leyladin.«
    »Genug Gerede über Wahrheit oder Zynismus. Wir haben nicht mehr viel Zeit.« Sie winkte den Diener heran, der ins hintere Zimmer gelugt hatte. Er holte seinerseits die Bedienung.
    »Ja, Herrin?«
    »Was gibt es an Nachtisch?«
    »Wir haben Honigkuchen und Eierkuchen mit einer Glasur aus dem seltenen braunen Zucker aus Hamor.«
    »Ich nehme den Eierkuchen«, bestellte Leyladin.
    »Ich auch.« Cerryl schloss sich ihr nickend an.
    Lächelnd wandte sich die Bedienung ab. Cerryl füllte ihre Gläser nach und leerte die Flasche bis auf den letzten Tropfen. »Das Essen war wirklich gut … ganz zu schweigen von der Gesellschaft.«
    »Ich fand es auch schön, mit dir hier zu speisen. Aber kein Wort mehr über die Gilde.«
    »Ja, Herrin.« Er lächelte sie an.
    »Wie war dein Onkel? Du hast mir nicht viel über ihn erzählt. Ich weiß nur, dass er ein Vorarbeiter im Bergwerk war.«
    »Er war Bergmann. Seine Worte waren hart, sein Herz war weich. Er hat geglaubt, er müsse sich vor allem durch seine Arbeit beweisen. Dylert – das war der Müller – sagte einmal, dass er ihn mehr als alle anderen Handwerksmeister bewundert hätte. Ich habe erst, nachdem ich nicht mehr dort lebte, erfahren, dass er ein Meister seiner Zunft war.«
    »Wusste er, dass du ein Magier werden würdest?«
    »Er und Tante Nall wussten, dass ich die Begabung dazu besitze. Sie haben versucht, alle Gläser von mir fern zu halten, als ich noch ein Kind war.«
    »Das war klug von ihnen.«
    »Ich habe damals anders darüber gedacht.« Cerryl lachte, dann hielt er inne, als die Bedienung die Eierspeise mit dem goldbraunen, harten Überzug brachte.
    Leyladin hob die Augenbrauen und wandte sich leise an die Bedienung.
    »Sieben und fünf, Herrin.«
    »Danke.« Die Heilerin wandte sich wieder lächelnd an Cerryl. »Nur zu, probiere es.«
    Der Überzug war unglaublich süß, sogar süßer als Honig, und bildete einen angenehmen Gegensatz zur aromatischen Eierspeise darunter.
    »Köstlich … einfach ein Genuss«, sagte er schließlich, als er vor dem leeren Schälchen saß.
    »Ja, du bist ein Genießer.«
    Cerryl errötete.
    »Das gefällt mir besonders gut.« Sie kicherte.
    »Das freut mich.« Das Glühen wollte nicht von seinen Wangen weichen.
    Sie nahm seine Hand und lächelte ihn an. »Lass es mich auskosten … für den Augenblick.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Ja, ich bin wohl wirklich ein Genießer.«
    Sie kicherte wieder.
    Cerryl wäre beinahe zusammengezuckt, als er sah, wie Leyladin acht Silberstücke auf dem Tisch zurückließ. Das entsprach beinahe seinem Gehalt für einen ganzen Achttag. Nachdem sie ihre Jacken, die der Diener zuvorkommend gebracht hatte, angezogen hatten, bot er ihr den Arm an und sie gingen durch den zur Hälfte besetzten vorderen Speiseraum nach draußen.
    »Herrin Leyladin … er ist Magier … weiß den Namen nicht … Stadtwache sagt, mit ihm wäre nicht zu spaßen …«
    »… wundert mich nicht …«
    »… ihr Vater … fast so reich wie Jiolt …«
    Cerryl fragte sich, ob er sich jemals an das Getuschel und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher