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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos
Autoren: L. E. Modesitt
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Wärme. Ein leichter Duft vom Feuer erfüllte die Luft. Es war kein Kiefernholz, das dort brannte, sondern eine Sorte mit einem höheren Harzgehalt.
    Leyladin ließ sich auf dem Sofa nieder, Cerryl setzte sich neben sie.
    »Es ist kalt geworden und es wird wohl noch eine Weile kalt bleiben.«
    »Kein Wunder, wir haben Winter«, meinte Cerryl lachend.
    »Es ist kälter als gewöhnlich.«
    »Das ganze Jahr war seltsam.« Cerryl drehte sich zu ihr um. »Wann kommt dein Vater wieder nach Hause?«
    »Vorläufig noch nicht.« Leyladin überlegte. »Du scheinst nicht besonders froh, wie du jetzt neben mir sitzt.«
    »Es hat nichts mit dir zu tun.« Cerryl wich ihrem Blick aus, sah zum Porträt ihrer Mutter. Die blauen Augen auf dem Bild schienen ihn zu durchbohren.
    »Du bist aufgebracht. Gibt es schon wieder Ärger mit Jeslek?«
    »Genau genommen nicht …« Er schürzte die Lippen.
    »Was gibt es denn, das du mir nicht verraten willst?«
    »So ist es nicht.« Er zögerte. »Aber du darfst es niemandem sagen, nicht einmal Lyasa.«
    »Ich werde schweigen.« Sie lächelte. »Nicht einmal Lyasa werde ich etwas verraten.«
    »Fydel hat eine Händlerin festgenommen und hergebracht …« Cerryl berichtete ihr alle Einzelheiten, die er beobachtet hatte, »… und als sie ausgepeitscht wurde, hat Jeslek das Chaos verdreht … ich konnte es spüren, es war so stark, dass ich mit dem Spähglas kaum noch etwas erkennen konnte. Ich wollte nicht noch einmal zu Kinowin gehen und den Erzmagier selbst kann ich natürlich erst recht nicht fragen. Deshalb habe ich Anya zur Rede gestellt. Sie sagte, die Frau werde zum Schmied zurückkehren. Inzwischen ist sie sogar schon auf dem Rückweg, ich habe es überprüft.« Cerryl schüttelte den Kopf. »Ich verstehe es nicht. Ich habe mit Kinowin darüber gesprochen, aber ich kann ihn nicht weiter bedrängen, nachdem ich bei der Stadtwache diesen dummen Fehler gemacht habe.«
    »Und du kannst Jeslek nicht sagen, dass du ihn beim Foltern dieser Frau beobachtet hast.«
    »Ich wüsste nicht, wie ich es ihm sagen sollte. Weißt du einen Weg?«
    »Nicht in der Lage, in der du dich gerade befindest, Cerryl.« Leyladin schüttelte den Kopf.
    Cerryl betrachtete das Bild ihrer Mutter. Die blauen Augen starrten ihn unverwandt an.
    »Wenn Jeslek die Freundin des Schmieds gefoltert hat«, sagte Leyladin nachdenklich, »dann wirft das kein gutes Licht auf ihn.«
    »Nein, wirklich nicht.«
    »Und es bringt dich mit deiner Ordnung des Chaos nicht weiter.«
    Cerryl holte tief Luft. Was sollte er sagen?
    »Du könntest wenigstens sagen, dass er eines Tages dafür bezahlen muss«, drängte sie ihn.
    »Das muss er.«
    »Du könntest sagen, dass du im Augenblick nichts tun kannst.«
    »Im Augenblick habe ich alles getan, was ich tun konnte. Vielleicht habe ich es für sie und für mich sogar noch schlimmer gemacht. Ich habe es erst bemerkt, als die Folter schon fast vorbei war. Ich hätte nicht einmal hinlaufen und abkürzen können, was sie dort getan haben.« Cerryl zuckte mutlos mit den Achseln. »Die Folterung wird diesen Dorrin wütend machen. Er kommt mir vor wie jemand, der eine passende Antwort finden wird, wie viel es ihn auch kosten mag. Ich hoffe, ich bin nicht in der Nähe, wenn er seine Antwort gibt.«
    »Er ist dir demnach sehr ähnlich«, meinte Leyladin lachend und freundlich, aber zugleich auch etwas kühl.
    Cerryl starrte den Boden an.
    »Wie stehst du zu diesen … zu diesen Folterungen?«
    »Ich halte es für falsch.«
    »Nein … ich meine, wie fühlst du dich dabei?«
    »Spielt das eine Rolle? Ich habe doch sowieso nicht die Macht, etwas zu ändern.«
    »Furcht, Wut, Zorn, Verzweiflung … sie toben in dir wie das Chaos. Du behältst deine Gefühle meist für dich. Aber früher oder später, Cerryl, musst du dich jemandem anvertrauen.«
    »Ich vertraue dir doch.«
    »Du vertraust mir an, was passiert ist, aber was du empfindest, muss ich dir einzeln aus der Nase ziehen.«
    »Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen.«
    »Ich weiß.«
    Die rotblonde Heilerin nahm ihn in den Arm und drückte ihn. »Du hast nie jemanden gehabt, dem du dich wirklich anvertrauen konntest, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Du musst lernen, dass es möglich ist.«
    »Wir sind doch schon dabei.«
    Leyladin runzelte die Stirn »Was meinst du damit?«
    »Vor einer Weile habe ich über etwas nachgedacht, ohne es auszusprechen. Du hast auf meine Gedanken geantwortet.«
    »Dann muss sehr offensichtlich gewesen sein, was du gedacht
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