Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme

Titel: Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Autoren: Arthur Ténor
Vom Netzwerk:
üblich.
    Sollte heißen: »Du wirst schon sehen.« Fürs Erste sah ich nur ein braunes Bauwerk von pharaonischen Ausmaßen, das eher einem Mausoleum als einer Burg glich. Wie der Leuchtturm von Alexandria war der achteckige Turm mit unzähligen schmalen Schießscharten versehen, erhob sich etwa hundert Meter hoch und mündete oben in einer Plattform mit zinnenbewehrter Brüstung. Ich dachte mir, dass es ziemlich anstrengend sein musste, ohne Aufzug da raufzusteigen, aber auch äußerst interessant, um sich eine ungefähre Vorstellung der Gegend oder sogar des ganzen Königreichs zu machen. Als wir vor dem Bauwerk stehen blieben, musste ich mir den Hals verrenken, um die Turmspitze in schwindelerregender Höhe zu betrachten. Sie zeichnete sich gegen die vorbeiziehenden Wolken ab, sodass man den Eindruck hatte, der Turm würde kippen.
    »Sitzen wir ab«, sagte Ergonthe. »Wenn wir vom Herrenbruder empfangen werden, lässt du dich vor ihm auf ein Knie nieder, neigst den Kopf, legst die Hand aufs Herz und bleibst so, bis er uns willkommen heißt.«
    »Und wenn er das nicht macht?«, fragte ich ein wenig herausfordernd.
    »Dann werden wir wie Halunken zum Fenster rausgeworfen.«
    »Verstehe«, murmelte ich und war kein bisschen beunruhigt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass unser Gastgeber einen litithischen Ritter für einen Halunken halten würde.
    Dann beschlichen mich Zweifel. Mich dagegen … Seit meinem Bad im Styx hatten meine Sachen nämlich schwärzliche Flecken und meine Haare waren geteert wie die des Falschspielers bei Lucky Luke . Fehlten nur noch die Federn.
    »Aber Ergonthe, in diesem Zustand kann ich mich doch keinem Herrenbruder vorstellen!«, rief ich besorgt.
    »Nein, aber wir haben keine Zeit für Eitelkeiten.«
    Bestürzt ließ ich den Blick über die Umgebung schweifen und hoffte vergeblich, irgendwo einen Brunnen, ein Wasserloch oder auch nur eine Pfütze zu entdecken. Aber nein! Nichts als trockene Erde und Brombeersträucher. In diesem Moment öffnete sich langsam die große Flügeltür (eine glatte mattschwarze Metallplatte ohne Schloss, ohne Klopfer und ohne die geringste Unebenheit), vor der wir warteten, und knarrte dabei unheilvoll in den rostigen Angeln. Unwill - kürlich verzog ich das Gesicht. Ergonthe deutete es falsch und warnte mich: »Auf keinen Fall lächeln!«
    Ein etwa zwei Meter großer, spindeldürrer Typ in einem Überwurf und einer dunkelroten Wollhose erschien vor uns. Sein längliches Gesicht war von tiefen Furchen durchzogen und hatte die graue Farbe und den irren Ausdruck eines Zombies. Willkommen im Schloss der lebenden Toten, dachte ich und achtete darauf, genauso finster dreinzublicken wie er. Ich ging davon aus, dass uns Ergonthe vorstellen oder wenigstens Guten Tag sagen würde. Doch der Fremde machte den Mund als Erster auf und gab nur einen einzigen Ton von sich, der entfernt an das Wort »Herein« erinnerte. Dann wandte er sich ab und wir folgten ihm.
    »Das ist wohl nicht der Herrenbruder, nehme ich an«, flüsterte ich Ergonthe zu.
    »Einer seiner Dienstboten«, bestätigte er.
    »Wir haben gar nicht angeklopft«, bemerkte ich. »Woher wusste er, dass wir da sind?«

    »Der Herrenbruder hat uns bestimmt kommen sehen.«
    »Stimmt, ist ja ganz normal für einen großen Späher.«
    »Er ist nicht der Große Späher.«
    »Ich weiß … Da fällt mir ein, dass du mir noch gar nicht gesagt hast, wie unser Gastgeber heißt.«
    »ΨΔΣΘΓΠΛ.«
    »Aha … Kann ich mir gut merken.«
    Ich konnte diesen Namen nicht mal aussprechen, geschweige denn ihn mir merken. Glücklicherweise war der Litith so gütig hinzuzufügen: »Du kannst ihn Akys III nennen.«

    Wir hielten unsere Equineds an den Zügeln und durchquerten zuerst eine lange Eingangsgalerie. Sie wurde nur schwach von rot glühenden Kohlenbecken erleuchtet, die an schmiedeeisernen Streben hingen. Am Fuß einer breiten, spiralförmig nach oben führenden Treppe bat uns der Dienstbote, unsere Reittiere zurückzulassen - »man« werde sich um sie kümmern - und ihm zu den herrschaftlichen Gemächern zu folgen. Dann erklommen wir im Tempo eines Leichenzugs Stufe für Stufe den Turm. Ich dachte schon, wir würden nie ankommen. Etwa auf Höhe der zwanzigsten Etage (es gab keine Treppenabsätze, nur Türen in regelmäßigen Abständen, und die sahen alle gleich aus) fragte ich Ergonthe: »Glaubst du, wir sind bald da?«
    »Wer weiß?«, antwortete er trübsinnig.
    Ich schaute ihn an und stellte fest, dass er lächelte.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher