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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau
Autoren: Katrin Mackowski
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Wiener Drogendezernat hatte in letzter Zeit ziemliche Probleme. Die Polizei …«
    François driftete ab. Es war sein Bruder, der sich da in Rage redete, und es war seine Pflicht, diesen Bruder im Auge zu behalten.
    »Was interessiert mich die Polizei?«, fragte François. »Sag nicht, du willst Bulle werden!«
    Katzan wehrte ab. »Blödsinn! Hör zu. Die Bullen brauchen ORTIS«, erklärte er. »Vor ein paar Monaten haben sie den wichtigsten Macher der Truppe ins Kittchen gebracht. Es handelt sich um den Kapitän der MS Jiri. Ein gewisser Zlatko. Sie wollten ihm zehn Jahre aufbrummen, und jetzt?«
    »Jetzt lassen sie Zlatko für sich arbeiten«, antwortete François. »Das alte Spiel.«
    »Bingo, Bruder.«
    Katzan zog ein zerknittertes Foto aus seiner Hosentasche.
    »Hier, das ist er.«
    François war feinen flüchtigen Blick auf das Foto, das einen rundlichen Mann mittleren Alters zeigte.
    »Und weiter?«
    »Das Ganze läuft so«, fuhr Katzan fort. »Du gehst zu Zlatko an Bord, sagst, dass du von den Bullen kommst, und wartest, bis dir die Taucher die Ware an Deck hieven. Dann steckst du das Zeug ein, ich hol dich mit dem Wagen ab, und du lieferst an Dimitri.«
    »Was?« François war baff.
    Katzan hatte einfach behauptet, dass er für die Wiener Kriminalpolizei arbeiten würde? Eine Weile stritten sie. François drohte damit, zur Polizei zu gehen und wollte den Kontaktmann selbst kennen lernen, aber Katzan blieb hart.
    »Geht nicht. Mein Kontaktmann kennt den Mafiaboss persönlich und pflegt seine Kontakte zum Milieu. Je weniger offiziell, desto weniger Informationen sickern durch. Dasselbe gilt für die Polizei. Die Wiener Bullen rechnen mit Maulwürfen in den eigenen Reihen. Keine Komplikationen, ist das klar?«
    François rührte sich nicht vom Fleck.
    Er sollte sich für einen Mann von ORTIS ausgeben und so tun, als ob er ein ganz normales Geschäft mit der Mafia abwickelte?
    »Mach das doch selber«, sagte François. »Wieso sollte mir ORTIS trauen?«
    »Weil ich es sage«, schrie Katzan.
    »Verdammt, ich muss damit rechnen, erkannt zu werden. Du weißt doch, wie das ist. Die Russen merken sich mein Gesicht, und schon bin ich verbrannt. Ich muss im Hintergrund bleiben. ORTIS und Zlatko sind nicht das Problem, Dimitri ist der springende Punkt, der kennt mich!«
    »Wenn du mitmachst, kriegst du ‘n Haufen Geld. Doppelte Gage! ORTIS und die Polizei werden dich auszahlen. Die machen gemeinsame Sache. Denk an das Geld, Mann! Zehntausend für mich, zehntausend für dich.«
    »Geld. Geld. Geld«, sagte François, aber Katzan machte weiter.
    Er redete von Stoff in irgendwelchen Behältern, die unter den Schiffsrumpf geschweißt wären, und dass das Zeug zunächst in kleinen Rationen auf den Markt käme.
    »Zwei Kilo«, sagte er. »Ist nur ‘n Test, damit die Mafiatypen sehen, ob die Ware auch geht.«
    François war weggedriftet. All das, wovon sein Bruder gesprochen hatte, zog wie eine große Seifenblase an ihm vorbei.
    Er dachte an früher.
     
    Immer schon waren sie wie zwei wilde, ineinander verbissene Hunde, die sich abwechselnd mit dem Arsch ins Gesicht sprangen und bald danach auf dem Rücken liegend, alle Viere von sich gestreckt, auf das Schwanzwedeln des anderen warteten. Auf einen nasskalten Zungenschlag, der wieder Frieden stiftete. Dann ging die Rauferei wieder von vorn los. Aber das hier war keine Rauferei.
    Das war mehr.
     
    Katzan grinste.
    François grinste zurück.
    Lunte gerochen?
    Das war keines dieser kleinen Geschäfte. Das war ein echt großes Ding, dachte er, vielleicht eine Spur zu groß für Katzan, und noch bevor er weiter grübeln konnte, bombardierte ihn sein Bruder mit Fakten.
    »Wenn das Schiff einläuft, befinden sich Dutzende von Polizisten im Hafen, als Docker oder Taxifahrer getarnt. He, hörst du?«
    François hörte nicht.
    Das Wohnzimmer seiner Eltern war ein Verhandlungsraum, ein Zwischenraum, der ihm entglitt und der sich in die eine oder andere Richtung zu einem Zerrbild verzog. Sie hätten jetzt irgendwo sein können. In einem dieser Lager, auf einer dieser Pritschen. Und immer wollte er weg. Immer wollte er Geld, Glück, einmal Glück haben.
    Endlich sah er klar.
    Er sollte also einen Dealer spielen, sein Leben riskieren und mit den Balkanleuten kungeln, in Wahrheit aber im Auftrag der Polizei handeln? Katzan, der Superbulle, dachte er.
    »Spinner!«
    »Ich wusste, dass dich das nicht kalt lässt«, sagte Katzan, schob den Teller beiseite und trank das letzte Glas Rotwein
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