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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals
Autoren: Marie Bostwick
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Zügen genießt. Und, na ja, ich will damit nicht sagen, dass sie eingebildet ist, aber sie ist einfach schrecklich gern sie selbst. Wenn sie sich nicht so sehr für andere Menschen interessieren würde, könnte man sie wahrscheinlich für arrogant halten, aber das ist sie nicht. Sie ist nur außerordentlich selbstbewusst, und das, glaube ich, finden die meisten Leute attraktiv. Und außerdem ist sie natürlich sehr gebildet. Sie kann über fast jedes Thema eine angeregte Unterhaltung führen …«
    Nun ja, das ist nicht allzu schwierig. Wenn die Leute mehr lesen würden, anstatt ihre Zeit vor dem Fernseher zu verplempern, ginge es interessanter auf der Welt zu. Ich finde, wir sind es den anderen schuldig, anregend oder zumindest nicht langweilig zu sein.
    »… Aus diesem Grund ist sie auch ein so gern gesehener Gast auf Partys. Kannst du dir vorstellen, dass es in New Bern tatsächlich Leute gibt, die ihre Feiern abgesagt oder verschoben haben, als sie hörten, dass Abigail nicht kommen konnte?«
    »Tatsächlich? Du machst wohl Witze?«
    Margot musste lachen, was ich vollkommen verstehen konnte. Es ist wirklich zu albern, eine Feier einfach so abzublasen, nur weil ein einzelner Gast nicht kommen kann. Aber es ist wirklich schon einmal vorgekommen.
    »Es stimmt«, bestätigte Grace. »Ich weiß, es klingt lächerlich, aber ich kann es den Leuten nicht verdenken. Wo Abigail auftaucht, wird ein Fest ein Erfolg. Wie eine Hummel von einer Blüte zur anderen schwirrt sie zwischen den Gästen umher, lässt hier und dort ein paar Bemerkungen fallen und befruchtet auf diese Art sozusagen die Unterhaltung, bevor sie wieder davonsummt. Plötzlich reden und lachen alle und amüsieren sich prächtig.«
    Als in einer der Kabinen Papier raschelte, zog ich mich ein wenig zurück und legte sicherheitshalber die Hand auf die Türklinke.
    »Sie scheint ja wirklich nett zu sein«, ertönte noch einmal Margots Stimme. »Du hast Glück, sie zur Freundin zu haben.«
    »Freundin? Ich kenne Abigail schon so viele Jahre, doch dass wir Freundinnen sind, würde ich nicht behaupten.«
    »Nein? Mit wem ist sie denn dann befreundet?«
    Grace schwieg einen Augenblick; sie schien zu überlegen. »Ich glaube, sie hat gar keine Freunde. Jedenfalls nicht im landläufigen Sinne. Wie jeder andere kann ich Abigail schrecklich gut leiden, und sie mag uns auch, aber ich glaube nicht, dass sie uns als ihre Freunde betrachtet. So nah lässt sie niemanden an sich heran.«
    Das Geräusch der Wasserspülung verriet mir, dass es Zeit war zu verschwinden, also schlüpfte ich unbemerkt aus dem Raum. Es wäre vielleicht ganz interessant gewesen, noch länger zuzuhören, aber im Grunde war es nicht nötig. Grace’ Worte waren keine Überraschung für mich gewesen. Sie hatte vollkommen recht.
    Ich mag Menschen, und sie mögen mich. Und ich mag mich auch selbst. Aber enge Freunde habe ich nicht, und ich wüsste auch nicht, wozu.
    Ich finde Freunde nämlich außerordentlich lästig. Nur weil sie sich unserer Zuneigung sicher sind, zählen sie auf unsere finanzielle und emotionale Unterstützung, und zwar meistens dann, wenn es uns besonders ungelegen kommt. Vermutlich ist das der Grund, warum ich Freundschaften stets aus dem Weg gegangen bin.
    Der finanzielle Aspekt stört mich dabei weniger. Schließlich kann ich es mir leisten, großzügig zu sein. Aber der zweite – das ist schon etwas anderes. Gefühle sind eine heikle Angelegenheit und sogar noch lästiger als Freundschaften. Ich traue ihnen nicht.
    Offen gestanden vertraue ich im Grunde genommen nur meiner eigenen Fähigkeit, mit allem fertig zu werden, was das Leben mir bringt. Wenn ich auf etwas stolz bin, dann darauf. Ich habe stets bewiesen, dass ich für mich selbst sorgen kann.
    Mein Vater pflegte immer zu sagen: »Kein Gejammer, keine Rechtfertigungen.« Ich habe das so verstanden, dass man sich nur auf sich selbst verlassen kann und sich daran auch halten sollte.
    Diesen guten Rat habe ich beherzigt und bin immer gut damit gefahren – bis zu dem Tag nach meinem Geburtstag, als um Viertel vor zehn das Telefon klingelte.

4
    Abigail Burgess Wynne
    Über E-Mail verfüge ich nicht, ja, noch nicht einmal über einen Computer. Ich traue Maschinen nicht. Wenn ich Bargeld brauche, gehe ich zur Bank und sage dem Kassierer, wie viel ich benötige. Und ich würde den Teufel tun und meine Einkäufe eigenhändig an einer dieser automatischen Kassen einscannen. Aber mit der Anrufererkennung ist das eine andere
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