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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals
Autoren: Marie Bostwick
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lächelte. »Nein, ich fürchte nicht. Ich bin Quilterin. Vor Jahren, als ich jung verheiratet war, träumte ich davon, meinen eigenen Quiltladen in Wisconsin zu eröffnen. Dort sind mein Mann und ich nämlich aufgewachsen. Ich war sogar schon so weit, mich nach einem Darlehen zu erkundigen und einen Unternehmensplan auszuarbeiten. Ich wollte anfangen, sobald mein Sohn in der Schule wäre und ich ein bisschen mehr Zeit hätte. Aber Sie wissen ja, wie es so geht. Meinem Mann wurde eine wesentlich besser bezahlte Stelle in Texas angeboten, die er einfach nicht ablehnen konnte. Damals dachte ich, dann würde ich meinen Laden eben in Texas aufmachen, doch die Stadt, in die wir zogen, förderte keine kleinen Gewerbebetriebe. Während wir dort wohnten, machten zwei Quiltläden auf. Die Inhaberinnen baten mich, Kurse bei ihnen zu geben, was ich auch mit Vergnügen tat. Außerdem half ich stundenweise im Laden aus. Doch letztlich konnten sie sich gegen die großen Stoffgeschäfte nicht behaupten und mussten aufgeben. Und ich hatte genug damit zu tun, meinem Sohn bei den Schulaufgaben zu helfen und arbeitete außerdem ehrenamtlich in der Gemeinde mit«, fügte ich achselzuckend hinzu.
    »Es ist meine eigene Schuld, aber irgendwann gab ich meinen Traum und in gewisser Weise auch mich selbst auf. Wann das geschah, kann ich selbst nicht genau sagen, aber jetzt gehe ich auf die fünfzig zu und bin wieder Single. Und als ich heute dieses leere Ladenlokal sah, da wusste ich … ich wusste einfach, dass …«
    Wendy ließ mich nicht aus den Augen, während ich sprach. Plötzlich kam ich mir blöd vor, dass ich einer Wildfremden meine Lebensgeschichte erzählte.
    »Na, Sie wissen ja, wie es so schön heißt: Besser spät als nie!«, fügte ich lachend hinzu, doch diesmal lachte Wendy nicht mit. Sie beugte sich vor, bis die Federn ihres Schreibtischstuhles quietschten, und legte mir die Hand aufs Knie.
    »Glauben Sie mir, Evelyn, ich würde dieses Geschäft gern machen. Aber Sie scheinen mir eine nette Dame zu sein. Also überlegen Sie es sich lieber noch einmal. Sie haben gerade eine Scheidung hinter sich. Vielleicht ist das nicht ganz der richtige Zeitpunkt, eine so wichtige Entscheidung zu treffen oder in eine Stadt zu ziehen, in der Sie niemanden kennen. In einer solchen Situation brauchen Sie einen Freundeskreis, alte Bekannte, die wissen, was Sie durchgemacht haben. Menschen, die Sie unterstützen.
    Es ist ein bedeutender Schritt, den Sie da vorhaben, und ein kostspieliger obendrein. Ich kenne ja Ihre finanzielle Lage nicht, aber wenn es Ihnen so geht wie den meisten frisch Geschiedenen, dann ist es ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, ein finanzielles Wagnis einzugehen. Ich weiß, wovon ich spreche. Glauben Sie vielleicht, ich würde an einem Donnerstagabend um halb sieben noch im Büro sitzen und versuchen, Häuser zu verkaufen, wenn ich nicht müsste? In meinem Alter sollte ich in Florida am Strand sitzen und per Telefon mit meinen Kindern schimpfen, weil sie mich nie besuchen kommen.« Sie prustete erneut, aber nur halbherzig. Ihre Augen wurden sogleich wieder ernst.
    »Und selbst wenn Sie sich von der Scheidung schon wieder erholt haben, sollten Sie praktisch denken. New Bern ist nicht groß genug für einen Quiltladen. Sie werden sich damit kein halbes Jahr halten.«

3
    Abigail Burgess Wynne
    Die Leute mögen mich.
    Mir ist klar, dass das für manche unbescheiden, ja sogar arrogant klingen mag. Doch Bescheidenheit wird allgemein überschätzt, finden Sie nicht auch? Und außerdem trifft es in meinem Fall nun einmal zu. Die Leute mögen mich wirklich. Das war schon immer so, und wenn ich noch eine Bestätigung dafür gebraucht hätte (was nicht der Fall war), dann hätte ich sie gestern Abend bekommen.
    Gestern, am 14. März, war mein zweiundsechzigster Geburtstag. Franklin Spaulding, seit Jahrzehnten mein Anwalt, gab mir zu Ehren eine Party im Grill am Anger. Absolut jeder, den ich kenne, war da, und obendrein noch ein paar Leute, die ich nicht kannte: Pfarrer und Diakone der Kongregationalistengemeinde (deren neuen Gemeindesaal ich bezahlt habe und deren Gottesdienste ich an hohen Feiertagen besuche), die Leiter der Wynne-Memorial-Bibliothek, Vertreter des örtlichen Frauenhauses, der Denkmalschutzgesellschaft von New Bern, der Naturschutzstiftung, der Konzertvereinigung und einiger anderer lokaler Organisationen, die auf meinen Rat und meine finanzielle Unterstützung bauen. Ganz zu schweigen von den Inhabern zahlreicher
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