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»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen

Titel: »Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen
Autoren: Thilo Bode
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ungesättigten Fettsäuren. 90 Prozent der enthaltenen Fettsäuren sind gesättigte Fettsäuren, die Unilever in Broschüren selbst oft als »schlechtes Fett« bezeichnet. Gekennzeichnet ist das »schlechte Fett« auf der Schlagcreme-Verpackung nicht. Und somit einfach nur Etikettenschwindel, den wohl nur Unilever für innovativ hält. Damit noch nicht genug: Um die künstliche Sahne ihrem Vorbild optisch und geschmacklich anzupassen, hat Unilever nicht an Zusatzstoffen gespart. Für Stabilität sorgt unter anderem der gesundheitlich umstrittene Zusatzstoff Carrageen, das aus Rotalgen hergestellt wird. Auf der Zutatenliste stehen außerdem die Stabilisatoren Guarkernmehl und Johannesbrotkernmehl, Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren als Emulgatoren und der Farbstoff Carotin. Schließlich hat Unilever die Sahne-Kopie auch noch mit Aroma aufgepeppt, will aber nicht preisgeben, woraus das besteht. So lässt sich sagen, dass das als »innovativ« beworbene Produkt weder besser noch gesünder ist als das Original, dafür aber fast doppelt so teuer wie Schlagsahne. Das Produkt lässt sich deshalb getrost unter dem Motto »Innovationen, die die Welt nicht braucht« abhaken.
    Ein anderer Brüller im Wachstums- und Innovationswahn, wieder von Unilever, ist die Pasta Sauce »Gegrilltes Gemüse Classico« der Konzern-Marke Bertolli. Das Verkaufsargument für die Pasta Sauce ist diesmal nicht die »Innovation«, sondern die »verbesserte Rezeptur«. Was aber auch nichts an der Tatsache ändert, dass die Qualität des Lebensmittels schlechter wurde. Ein Blick auf die Zutatenliste ist erhellend: Die neue Rezeptur beinhaltet im Gegensatz zu vorher nun den Zusatzstoff Zitronensäure (E 330), ein nicht näher definiertes Aroma und den Geschmacksverstärker Hefeextrakt. Unilever hat außerdem Sardellenpaste hinzugefügt, womit die Sauce nun ungeeignet für Vegetarier ist. Andere Geschmacksvarianten der Produktlinie wie »Basilico« oder »Sonnengetrocknete Tomaten« enthalten nach der »Verbesserung« weniger Basilikum und weniger getrocknete Tomaten. Was aus Verbrauchersicht eine glasklare Mogelpackung ist, ergibt für die Lebensmittelindustrie Sinn: Aromen und Zusatzstoffe anstelle oder als Ergänzung zu echtem Gemüse machen die Produktion der Lebensmittel kontrollierbarer, planbarer, günstiger. Anstatt ein gänzlich neues Produkt entwickeln zu müssen, wird die Rezeptur eines bestehenden Produktes geringfügig verändert und dann als »besser« verkauft.
    Und noch eine Luftnummer, diesmal mit pseudo-wissenschaftlichem Anstrich aus dem Haus Adelholzener Alpenquellen, das einem Nonnenorden gehört und einen Teil des Gewinns in soziale und medizinische Einrichtungen investiert. Schön wäre es, das Unternehmen würde ebenso in eine vertrauensvolle Beziehung zu seinen Kunden investieren. Die ist allerdings gefährdet, weil es mit windigen Versprechen Verbraucher blufft. Das Getränk »Active O2« sei mit der »15fachen Menge an Sauerstoff« angereichert und deshalb ein wahrer »Powerstoff« für die Gesundheit oder die sportliche Leistung, behauptet Adelholzener. Die wissenschaftliche Basis für die angeblich leistungssteigernde Wirkung von »Sauerstoff-Getränken« ist freilich mehr als dünn. Adelholzener nennt eine Studie von 2002, die zwar einen minimalen Effekt auf bestimmte Messwerte »im Höchstleistungsbereich«, also bei Extremsportlern, feststellt, jedoch keine »direkte Erhöhung der Leistungsfähigkeit«. In einer neueren Studie von 2005 konnten dieselben Forscher dann nicht einmal mehr diese Minimaleffekte vollständig bestätigen und kamen zu dem Schluss, dass Sauerstoffwasser die Leistungsfähigkeit nicht verbessert. Bei gesunden Menschen hat die Sauerstoffzufuhr via »Active O2« also so gut wie keinen Effekt – außer den, dass der Konsument für das Wunderwässerchen etwa 300-mal mehr zahlt als für Leitungswasser und drei- bis viermal so viel wie für normales Mineralwasser.
    Mit solchen Produkten und Versprechen mögen die Hersteller neuen Umsatz generieren, neue Wachstumsnischen besetzen und sich einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz sichern. Am Bedürfnis der Verbraucher nach Glaubwürdigkeit gehen sie jedoch glatt vorbei. Sie tun das schon lange und immer konsequenter. 2009 kam die großangelegte Nestlé-Studie »So is(s)t Deutschland« auf der Grundlage von Interviews mit 4000 Verbrauchern zu dem Schluss, dass 85 Prozent der Befragten unzufrieden mit ihrer eigenen Ernährung sind, sich gerne
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