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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung
Autoren: Danielle Steel
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einmal, und er hoffte, sie würde es wirklich tun. Plötzlich fühlte er sich wie ein verlassenes Kind.
    »Alles Gute«, sagte er leise, und sie bedankte sich.
    »Liebe Grüße an Sarah.«
    Die hätte er gern ausgerichtet. Auch in dieser Nacht lauschte er angespannt, aber er hörte nichts.
    Langsam schleppte sich die Woche dahin. Charlie versuchte zu arbeiten, begann zu malen, las Sarahs Tagebücher und blätterte in Architekturjournalen. Hin und wieder telefonierte er mit Monique. Von Francesca hörte er nichts. Erst am Donnerstag rief sie ihn an.
    »Wie war's?«, fragte er.
    »Großartig! Er ist immer noch ein Idiot. Und ich habe wahnsinnig viel Geld gekriegt.« Ihr Gelächter klang hinreißend. »Und die kleine Olympiasiegerin wird immer fetter. Pierre hasst dicke Frauen.«
    »Geschieht ihm recht. Hoffentlich wiegt sie bei der nächsten Olympiade dreihundert Pfund.« Da lachte sie wieder, und er hörte noch etwas anderes aus ihrer Stimme heraus, das er nicht definieren konnte. Für ihn hatte der Tag erst begonnen, in Paris war es schon Nachmittag. In einigen Stunden würde ihre Maschine nach Boston starten. »Kann ich Sie am Flughafen abholen, Francesca?«
    »Ist die Fahrt nicht zu lang?«
    »Das schaffe ich schon. Ich miete eine Kutsche und engagiere ein paar indianische Führer. Am Sonntag bin ich sicher da.«
    »Okay, okay«, erwiderte sie belustigt. »Jetzt muss ich packen. Bis morgen.« Am Freitag gegen Mittag würde sie ankommen.
    »Bis morgen.«
    Auf dem Weg nach Boston gingen ihm so viele Gedanken durch den Kopf. Was, wenn sie ewig nur seine Freundin bleiben wollte? Würde sie sich bis an ihr Lebensende vor einer neuen Beziehung fürchten? War Sarah wirklich jemals über die qualvolle Ehe mit Edward hinweggekommen? Vielleicht sollte er Francesca in Lederkleidung gegenübertreten, mit Adlerfedern im Haar. Was für eine alberne Idee …
    Als er den Flughafen erreichte, war sie bereits durch den Zoll gegangen. Sobald sie die Sperre passierte, entdeckte sie ihn. Sie trug einen hellroten Mantel von Dior, hatte ihr Haar schneiden lassen und sah sehr pariserisch aus. Und geradezu umwerfend.
    »Wie schön, dass Sie wieder da sind!« Er eilte ihr entgegen, nahm ihr das Gepäck ab und führte sie zu seinem Wagen.
    Während der Fahrt nach Deerfield überlegte er, wie lange Sarah vor über zweihundert Jahren für diese Reise gebraucht hatte. Vier Tage. Jetzt dauerte die Strecke nur eine Stunde und zehn Minuten, und noch einmal zehn Minuten nach Shelburne Falls. Francesca erklärte, inzwischen habe sie das erste Tagebuch zu Ende gelesen. »Wie weit sind Sie inzwischen gekommen, Charlie?«
    »Nicht allzu weit«, gab er zu. »Ich war zu nervös.«
    »Warum?«, fragte sie überrascht, und er entschloss sich zu einer ehrlichen Antwort.
    »Weil ich unentwegt an Sie denken musste. Ich hatte Angst, er würde Ihnen wehtun.«
    »Das kann er nicht mehr«, erwiderte sie und schaute blicklos durch die Windschutzscheibe. »Komisch - nun habe ich ihn so lange nicht gesehen. Aber irgendwie glaubte ich, er würde die dämonische Macht besitzen, mein Leben zu zerstören. Beinahe wär's ihm gelungen. Was seit unserer letzten Begegnung im Vorjahr geschah, weiß ich nicht genau. Jedenfalls sehe ich ihn jetzt in ganz anderem Licht. Er ist ein unverbesserlicher Egoist - und nicht mehr ganz so attraktiv wie der tolle Franzose, den ich mal geliebt habe. Und - ja, er hat mir sehr wehgetan. Aber es ist vorbei. Erstaunlich …«
    »Endlich sind Sie frei. So wie ich mich von Carole befreit habe. Es wäre doch verrückt, immer noch eine Frau zu lieben, die einen anderen heiratet, ein Kind von ihm erwartet -und niemals eins von mir wollte. Da stünde ich zwangsläufig auf der Verliererseite.«
    Jetzt wollte er siegen, so wie Sarah, die den Mut aufgebracht hatte, Edward zu verlassen, um mit François ein neues Glück zu finden. Francesca nickte verständnisvoll. Schweigend fuhren sie bis zu ihrem Haus, er trug ihr das Gepäck bis zur Tür, und sie bedankte sich für seine Mühe.
    »Wann sehen wir uns?«, fragte er. Lächelnd schaute sie ihn an und sagte nichts. »Morgen Abend zum Dinner? Mit Ihrer Tochter?«, schlug er vor. Obwohl seine Ungeduld wuchs, wollte er nichts überstürzen.
    »Da ist sie zu einer Geburtstagsparty eingeladen - und sie übernachtet bei ihrer Freundin«, erklärte Francesca etwas unsicher.
    »Darf ich Sie zu mir einladen?«, fragte er, und sie nickte. Es war eine heikle Situation. Für beide. Aber Sarah würde ihnen im
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