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Die Erfolgsmasche

Titel: Die Erfolgsmasche
Autoren: Hera Lind
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Schwierigkeiten? Habe ich nicht schon genug Schwierigkeiten? Habe ich nicht einen beleidigten, sich betrogen und hintergangen fühlenden Richard im Schlepptau, der kein Wort mehr mit mir spricht, seit ich ihm eröffnet habe, dass ich nichts für ihn empfinde - was absolut nicht der Wahrheit entspricht? Stattdessen bin ich dermaßen in ihn verknallt, dass es bis in die Haarspitzen wehtut.
    »Bitte, hier entlang.« Herr Gern hält uns eine schwere Eisentür auf. Er schiebt mich mit sanftem Griff hindurch und lässt seine Hand eine Spur zu lange auf meinem Rücken liegen. Ich sehe mich nach Richard um. Der Blick, der mich mitten zwischen die Augen trifft, brennt wie Feuer.
    Ich stolpere wie in Trance über mehrere Treppen, und als ich schnaufend und schweißüberströmt oben ankomme, stehen
wir auf der Dachterrasse des Musical-Palasts. Ich sehe einige weiß gedeckte Stehtische, auf denen Erfrischungen aufgebaut sind. Eine Maskenbildnerin fuhrwerkt sofort mit Pinsel und Puderquaste in Richards Gesicht herum. Unten auf dem Vorplatz hat sich eine Menschentraube versammelt. Fotografen richten ihre riesigen Objektive auf ihn, Fans stehen aufgeregt hinter den Absperrungen und halten schreiend ihre Handys hoch.
    »Haben Sie die Rede?« Eine junge nervöse PR-Dame im schwarzen Kostüm schüttelt erst Richard, dann mir die Hand.
    »Wir müssen sie noch mal kurz durchgehen«, murmle ich, als ich einen panischen Blick von Richard auffange, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht. »Er soll nichts über das Musical sagen. Was bleibt denn da noch übrig?«, frage ich erbost. Er könnte sich auf eine Regentonne stellen und »Ich bin ein schöner Mann!« rufen. Hahaha.
    Die junge PR-Dame im schwarzen Hosenanzug versucht vergeblich, ihre wenigen blonden Haare, die im Wind wehen, zu bändigen. Sie dreht sich um ihre eigene Achse, woraufhin sie die Haare im Mund hat. »Es genügt, wenn er etwas über sein Leben als alleinerziehender Vater sagt. Und dass er über dieses Thema wöchentlich eine Kolumne schreibt. Für die Frauenliebe und Leben . Danach überlassen Sie bitte Herrn Konrad die Bühne.«
    »Kommt gar nicht infrage!«, höre ich mich gegen den Lärm und den Nordwind auf der zugigen Terrasse anrufen. »Das Musical ist Sebastian Richters Werk! Der hat sich dafür fast totgeschuftet!«, füge ich noch leise brummend hinzu. Richard schenkt mir einen Blick, der plötzlich einen Funken Anerkennung enthält. Verständnis, ja, Zärtlichkeit.
    Meine Knie werden weich.
    Die PR-Dame lauscht in ihr Funkgerät und streicht sich
nervös eine Strähne zurück. »Es tut mir leid, Herr Richter. Wir können da gar nichts machen. Herr Konrad wirft sonst alles hin!«
    »Ich weiß gar nicht, was ich hier soll!« Richard schüttelt die Maskenbildnerin ab wie ein lästiges Insekt.
    Mein Kopf fährt herum. Oh Gott. Wenn er jetzt abhaut!
    Richard starrt fassungslos auf die Menge. Jemand steckt ihm ein Mikro an den Kragen und bittet ihn um eine kurze Sprechprobe. Richard schaut sich Hilfe suchend nach mir um. Er ist offensichtlich sehr nervös.
    Die PR-Dame nickt, hält das Funkgerät ans Ohr, sagt »Alles klar« und dann verlegen zu Richard: »Wie Sie wissen, ist Herr Konrad leider ein wenig eigen, was die PR für das Musical betrifft. Er möchte Sie bitten, sich sehr kurz zu fassen und sich im Grunde … ähm … im Hintergrund zu halten. Wir hatten bereits im Vorfeld einige unschöne Diskussionen mit seinem Management. Unser Produzent Werner Gern versucht gerade, mit ihm zu telefonieren. Tom Konrad ist noch im Hubschrauber und landet gleich hier auf dem Dach. Aber sein Management besteht darauf …« Ihr scheinen die Worte zu fehlen.
    Ich blähe mich auf wie ein Schwan, der sich und seine Brut gegen einen Hund verteidigt. Plötzlich habe ich dreimal so viele Federn wie sonst. Ich bin HELLA KOPF!!!
    »Und Herrn Richters Management besteht darauf, dass hier die Arbeit von Herrn Richter gewürdigt wird!«, höre ich mich gegen den Wind anschreien. »Sonst wird dieser arrogante C-Dur-Heini mich mal kennenlernen!«
    Die PR-Dame spricht wieder aufgeregt in ihr Funkgerät, und da höre ich schon ein Knattern in der Luft.
    Richard stellt sich auf einmal neben mich. Oje. Jetzt gibt es Ärger. Er wird die Sache hinschmeißen, sagen, dass er sich
nicht länger zum Affen machen lässt. Mein Herz rast wie verrückt, und ich wage es nicht, ihn anzusehen. Doch dann spüre ich, wie er plötzlich meine Hand nimmt, und mir wird ganz heiß. Meine Beine zittern, und mein
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