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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras
Autoren: Ulrike Schweikert
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schrecklich langweilig.«
    »Ach, haben dir die neusten Errungenschaften der Menschheit nicht genügt?«, neckte Luciano. Alisa schüttelte den Kopf.
    »Nein, es ist nichts passiert, das der Rede wert wäre.«
    »Was? Hamburg hat nichts Aufregendes zu bieten? Ich bin entsetzt! Nach unseren Verfolgungsjagden in Rom und den Kämpfen in Irland müsst ihr euch anstrengen, uns etwas Spannendes vorzusetzen!«
    »Das fürchte ich auch«, sagte sie in kläglichem Ton, und beide mussten lachen.
    »Nun, vielleicht ist ein ruhiges Jahr an der Akademie, in dem wir uns auf das konzentrieren, wozu wir eigentlich zusammenkommen, gar nicht schlecht«, sagte Luciano und erntete von Tammo einen Blick des Abscheus.
    Alisa wollte etwas dazu sagen, doch ein Kribbeln in ihrem Nacken ließ sie herumfahren. Sie öffnete und schloss tonlos den Mund, als ihr Blick dem des wunderschönen, jungen Vampirs begegnete, der sie mit gleichgültiger Miene musterte. Wie machte er das nur? Er war noch schöner geworden, als sie ihn in Erinnerung hatte. Ein Strahlen ging von seinem anmutigen Körper und dem ebenmäßigen Antlitz aus. Nur der jetzt spöttisch gekräuselte Mund trübte das Bild ein wenig.
    Alisa holte zweimal Luft, dann sagte sie kühl und mit leicht erhobenen Augenbrauen, ganz im Stil von Dame Elina: »Ach, die Dracas sind auch angekommen.«
    Ein Lächeln teilte seine Lippen und ließ ihn noch schöner erscheinen, wenn das überhaupt möglich war. »Du hast viel von mir gelernt, Alisa de Vamalia.«
    »Hatte ich das nötig, Franz Leopold de Dracas?«, gab sie zurück.
»Aber sicher doch!«
    Die keifende Stimme seiner Cousine unterbrach das Geplänkel. »Wo ist der Gepäckträger? Ich verlange, dass meine Kisten ausgeladen werden. Aber vorsichtig, wenn ich bitten darf! Und dass mir keiner meine Hutschachteln beschädigt.«
    Das Lächeln auf den Gesichtern von Alisa und Franz Leopold erlosch.
    »Was will denn die hier?«, sagte Luciano missmutig. »Ich denke, Anna Christina ist jetzt achtzehn und hat das Ritual hinter sich? Was will sie dann noch in der Akademie?«
    »Halte den Mund, Dicker, und geh mir aus dem Weg«, herrschte die schöne Vampirin den Nosferas an und rauschte an ihm vorbei, ihre Cousine Marie Luise wie gewöhnlich in ihrem Schlepptau. Luciano sah ihr nach.
    »Puh, die ist ja noch zickiger geworden, wenn das überhaupt möglich ist.«
    Franz Leopold wiegte den Kopf hin und her. »Möglicherweise liegt es daran, dass du - wie wir es nicht anders von dir kennen - direkt den wunden Punkt getroffen hast. Der Baron hat ihr das Ritual verweigert, solange die Baronesse auf Reisen weilte, und die kam erst so kurz vor unserer Abreise zurück, dass es ihr zu viel erschien, sogleich ein Ritual zu feiern. Sie beschlossen also, dass es Anna Christina nicht schaden würde, uns noch ein weiteres Jahr auf die Akademie zu begleiten.« Er konnte seine Schadenfreude nur ungenügend unterdrücken.
    »Das heißt, sie darf noch immer kein Menschenblut trinken wie wir anderen auch?«, wollte Tammo mit einem breiten Grinsen wissen. Franz Leopold nickte.
    »Und wir haben sie ein weiteres Jahr am Hals«, murrte Luciano. »Ich hatte gehofft, ihr Gekeife ein für alle Mal los zu sein.«
    »Mach dir nichts draus«, riet Franz Leopold. »Marie Luise übt schon kräftig, sie voll und ganz zu ersetzen, wenn sie nicht mehr ist. Und sie ist gerade erst vierzehn geworden!«
    Die jungen Vampire schlenderten den Bahnsteig entlang und stiegen in die wartenden Kutschen. Inzwischen waren auch die Särge
und das Gepäck der Neuankömmlinge verstaut und so gab Hindrik das Zeichen zur Abfahrt. Gemächlich fuhren sie zum Hafen zurück.

    Am Morgen legte eine englische Bark am Kai längs des Kaiserspeichers an. Kräne schwenkten über die Ladeluken, griffen in die Maschen der Netze, die Säcke und Kisten mit Waren zusammenhielten, und hievten sie an Land oder ließen sie in die längsseits festgemachten Schuten hinab, die sich sogleich auf den Weg machten, die Waren zu ihrem Bestimmungsort zu bringen: die Speicher im Dachgeschoss der Kaufmannshäuser längs der Fleete. Nur einer der Laderäume wurde - nach Weisung des Kapitäns - nicht gelöscht. Längliche Kisten reihten sich im Dunkeln des kleinen Raumes und warteten auf den Abend. Dann würde der Empfänger persönlich dafür sorgen, dass sie von Bord gebracht wurden, spät am Abend, wenn die Heuer ausgezahlt worden war und die Matrosen sich bereits im Vergnügungsviertel am Hamburger Berg den Freuden des
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