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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras
Autoren: Ulrike Schweikert
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stumpfsinnigen Untoten ohne eigenen Willen werden.
    Hatte Malcolm diese Entscheidung freiwillig getroffen?
    Hinter den Erben aus England erhoben sich ihre Begleiter: die beiden Servientinnen Tamaris und Abigail und der kindliche Vincent, der wieder einmal mit schwerem Gepäck unterwegs war. Ohne seine Sammlung düsterer Literatur ging er nicht auf Reisen!
    Die Vampire begrüßten sich höflich, doch ohne Überschwang. Das Jahr in Irland hatte nicht gerade dazu beigetragen, die Ressentiments zwischen den irischen und englischen Vampiren aus dem Weg zu räumen. Nur Malcolm schenkte Ivy ein Lächeln. Sie erwiderte es, obwohl Seymour an ihrer Seite missmutig mit dem Schwanz schlug.
    »Wie geht es jetzt weiter?«, wollte Malcolm wissen, der neben Ivy an die Tür trat. »Werden wir abgeholt?«
    »Ich nehme es an - nein, ich bin mir sicher!«
    Nun vernahmen auch die anderen die leichten Schritte auf dem Gang draußen, die nicht von Menschen stammen konnten. Und schon wurde die Tür aufgerissen. Ein strahlendes Gesicht leuchtete ihnen entgegen. Die Vampirin hatte eine offene, freundliche Ausstrahlung, war groß und schlank, die Figur allerdings eher burschikos
als weiblich zu nennen. Das lange blonde Haar mit dem Kupferschimmer hatte sie nachlässig zu einem Zopf geflochten. So wie Ivy sie in ihrer Erinnerung stets gesehen hatte, stand Alisa nun vor ihr. Ihr Blick huschte zu Malcolm, verharrte dort einen Augenblick, kehrte dann jedoch zu der irischen Freundin zurück.
    »Ivy, wie schön. Ich habe dich vermisst.« Sie umarmte die Lycana stürmisch, der in diesem Moment wieder einmal bewusst wurde, dass sie nun einen ganzen Kopf kleiner als Alisa war und mit ihrer zierlichen Figur fast zerbrechlich und jünger als die anderen wirken musste. Ivy erwiderte die Begrüßung.
    »Alisa, ich freue mich auch, endlich deine Heimat kennenzulernen.«
    »Ich hoffe, es gefällt euch hier. So viel Aufregendes wie in Irland haben wir in Hamburg allerdings nicht zu bieten«, sagte sie mit einem leichten Lächeln.
    »Das hoffe ich sehr!«, gab Ivy zurück. »Wie wäre es mit einem ruhigen, lehrreichen Jahr ohne Kämpfe und Verfolgungsjagden?«
    »Wie langweilig!«, stöhnte Tammo, der hinter Alisa eingetreten war.
    Alisa ließ den Blick wieder zu Malcolm schweifen, wandte ihn dann aber dem weißen Wolf zu.
    »Seymour, wie schön, dich wiederzusehen«, sagte sie und verzichtete dieses Mal darauf, ihm zur Begrüßung das Fell zu zausen. Die menschlich wilde und sehr männliche Gestalt des Werwolfes stand ihr deutlich vor Augen und verbot solche Zärtlichkeiten. Er war viel mehr als nur ein Haustier an Ivys Seite!
    Alisa richtete das Wort an Mervyn und die beiden jüngeren Vyrad, dann an die Servienten, die mit angereist waren. Schließlich stand sie wieder vor Malcolm, den Blick gesenkt. Es wäre sehr unhöflich gewesen, ihn nicht willkommen zu heißen, ja, vermutlich betrachtete er es bereits als Affront, dass sie die Servienten vor ihm begrüßt hatte. Was aber sollte sie ihm sagen? Jedes Wort fühlte sich falsch an.
    Es ist doch gar nichts zwischen uns vorgefallen, sagte sie sich, das Gefühl der Befangenheit schien jedoch nur noch stärker zu werden. Wieder einmal erlöste Malcolm sie und rettete die Situation. Er verbeugte
sich galant, ergriff ihre Rechte und hauchte einen Kuss auf ihren Handrücken.
    »Ihr Diener, Miss«, sagte er mit einem warmen, ein wenig spöttischen Klang in der Stimme. »Sei gegrüßt, Alisa.«
    »Ich grüße dich auch, Malcolm, und heiße dich in Hamburg willkommen.«
    Inzwischen hatten auch die anderen Vamalia den Frachtraum erreicht. Hindrik, Reint und Anneke halfen ihnen, ihre Särge und Vincents Bücherkisten von Bord zu bringen. Die Kisten verluden sie auf einem Karren, der sich sofort auf den Weg machte.
    »Es ist nicht weit«, sagte Alisa, als sie die suchenden Blicke der Vyrad bemerkte. »Wir können zu Fuß gehen.«
    Sie schlenderten am Hafenbecken entlang, an dem sich ein Schiff ans nächste reihte: Schoner, Briggs und Barken, eine Fregatte mit zahlreichen Kanonen und eine Kuff, eine Schnigge und einige Huker mit ihren langen Schleppnetzen. Tagsüber musste hier ein reges Gewimmel von Menschen, Karren und Lasttieren herrschen, das Stimmengewirr von Matrosen und Schauerleuten und ein endloser Reigen von Kränen, die nach einem nur für Eingeweihte erkennbaren Rhythmus Kisten, Säcke, Fässer und Vieh aus- und wieder einluden. Selbst in der Ruhe der Nacht bot der Hafen ein beeindruckendes Bild. Staunend sah
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