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Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)

Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)

Titel: Die Entdeckung des Higgs-Teilchens: Oder wie das Universum seine Masse bekam (German Edition)
Autoren: Unbekannt
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Raum-Zeit-Geometrie und dadurch wiederum die Lichtwege ändern. Kurzum, die zahlreichen Gravitationslinsen im Universum dienen den Astrophysikern als Instrument, die räumliche Verteilung und Masse der unsichtbaren Dunklen Materie anhand der durch die verbogenen Lichtwege verzerrten Bilder von Galaxien und Galaxienhaufen nachzuweisen. Wir wissen also, dass es im Universum noch Materieanteile geben muss, die vom Standardmodell der Teilchenphysik nicht beschrieben, erklärt und vorhergesagt werden.
    Allerdings kann man diese bis heute noch unbekannten Teilchen hier auf der Erde kaum finden, denn die Dunkle Materie macht sich erst in sehr großen räumlichen Ausdehnungen bemerkbar. So hat sie praktisch überhaupt keinen Einfluss auf die Bewegungen der Planeten im Sonnensystem oder der Sterne in der Milchstraße innerhalb einer Entfernung vom Zentrum unserer Milchstraße von rund 50000 Lichtjahren. Erst bei größeren Abständen vom Zentrum einer Galaxie dominiert die Dunkle Materie die Bewegungen der leuchtenden Materie. Deshalb muss man schon extrem empfindliche Messungen in unseren Laboren vornehmen, um überhaupt auf die hiesige Existenz von Dunkler Materie schließen zu können. Der LHC in der Schweiz könnte hierfür der richtige Platz sein, denn möglicherweise könnten die Teilchen der Dunklen Materie bei Experimenten mit noch höheren Energien entstehen.
    Theorien, die für die Existenz von bisher noch verborgenen Teilchenfamilien sprechen, gibt es zur Genüge. Vor allem die Entwicklung des Standardmodells selbst liefert hier wichtige Hinweise, dass eine Vereinigung aller vier fundamentalen Kräfte zu einer »Urkraft« der richtige Weg ist. Auf dem Weg zum Standardmodell hat sich nämlich die Vereinigung der elektromagnetischen Kraft und der sogenannten schwachen Kernkraft als Meilenstein der Teilchenphysik herausgestellt. Die Verschmelzung beider Kräfte zur elektroschwachen Wechselwirkung stellt eine der größten und tiefsten Erkenntnisse der Physik überhaupt dar. Schließlich wirkt die elektromagnetische Kraft überall, ihre Reichweite ist unendlich, sie erklärt die Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit der leuchtenden Materie, den Aufbau von Atomen und Molekülen und die Energiequelle von Sternen. Die schwache Kernkraft hingegen wirkt nur innerhalb von Kernbausteinen wie Neutronen. Ihre Reichweite beträgt gerade mal 10 –18 Meter. Und doch, oberhalb sehr hoher Energien von 100 GeV sind diese beiden Kräfte nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Diese Vereinigung hat den Weg geebnet zu Experimenten, die die Vorhersagen überprüfen, denn die neue Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung hat neue Kraftteilchen prognostiziert (die alle entdeckt wurden). Damit stellt diese vereinigte Kraft den Eckpfeiler des Standardmodells der Teilchenphysik dar. Als deren Konsequenz ließ sich übrigens auch die Existenz des Higgs-Feldes ableiten.
    Wichtig für uns hier ist aber vielmehr die Perspektive, die sich aus der Entwicklung der Theorie der elektroschwachen Wechselwirkung ergibt. Denn nachdem es ganz offenbar ja schon einmal gelungen ist, zwei völlig unterschiedliche Grundkräfte zu vereinigen, könnte man als nächsten Schritt ja die starke Kernkraft mit der elektroschwachen Wechselwirkung zusammenführen und zu guter Letzt auch noch die Gravitation »mit ins Boot holen«.
    Darüber hinaus eröffnen Entwicklungen in der Theoretischen Physik auch noch ganz andere Möglichkeiten. Denn über die experimentellen und theoretischen Fortschritte in der Teilchenphysik hinaus haben Theoretische Physiker seit Langem einen »großen Traum«. Er hat den schönen Namen SUSY und steht als Abkürzung für Supersymmetrie. SUSY ist die vielversprechendste Heldin der Theoretischen Physik auf der Suche nach der ganz großen Vereinheitlichung von allem: den Teilchen der Dunklen und der leuchtenden Materie mit wenigstens drei der vier fundamentalen Kräfte. SUSY stellt die konsequente Fortsetzung der bis heute so erfolgreichen Suche nach den Grundbausteinen der Materie und den physikalischen Prozessen im ganz frühen Universum dar. Und SUSY kann im Experiment getestet werden – sie sagt nämlich verschiedene Teilchenfamilien voraus, die als exzellente Kandidaten auch für Dunkle Materie gelten. Damit wären mehrere Fliegen mit einer »theoretischen Klappe« geschlagen. Die Theorie kann weiter ihrer Suche nach der großen Urkraft nachgehen, die Experimentalphysik hat Anlass, neue Experimente aufzubauen, und die
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