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Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)

Titel: Die englische Ketzerin: Roman (German Edition)
Autoren: Brenda Vantrease
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begegneten sich. Ein Glitzern, hart wie Stahl, trat in seine Augen, bevor er ihn strahlend anlächelte und ihm fröhlich zuwinkte.
    »Kapitän, kommt und setzt Euch zu uns. Zu viert spielt es sich einfach besser.«
    Tom hatte es bislang tunlichst vermieden, dieselbe Weihnachtsgans zweimal auszunehmen, aber Phillips war ein allzu leichtes und bereitwilliges Opfer. Außerdem wollte er Charlotte nicht warten lassen. Er schlenderte also lässig zu der Runde hinüber und fragte unschuldig:
    »Primero?«
    Philipps bedeutete ihm, Platz zu nehmen.
    »Wenn ich mich recht erinnere, Kapitän, ist das genau Euer Spiel.«
    »Nach italienischen oder englischen Regeln?«, fragte Tom und setzte sich auf den freien Stuhl.
    »Englisch«, sagte einer der Kaufleute. »Es wird nicht angesagt. Der Einsatz beträgt mindestens zwei Kronen, höchstens vier.«
    »Hier, Kapitän, nur um Euch zu zeigen, dass ich Euch nichts nachtrage«, sagte Phillips, als er ihm das Kartenspiel reichte, damit Tom abheben konnte. Der Kaufmann, der links von Tom saß, zog die niedrigste Karte und gab deshalb aus.
    »Ich bin überrascht, Euch zu sehen, Master Phillips«, sagte Tom und sah stirnrunzelnd seine Karten an. Es war ein durchaus ordentliches Blatt: eine Bildkarte von jeder Farbe und vierzig Punkte wert. Aber der Wert seines Blattes spielte im Augenblick noch keine Rolle. Er würde die ersten beiden Spiele bewusst verlieren, um die Kaufleute mit hineinzuziehen. »Ich hörte, dass Ihr inzwischen auf dem Kontinent lebt«, sagte Tom, als er alle vier Karten demonstrativ ablegte und vier weitere zog.
    »Das ist richtig. Ich bin nur nach London gekommen, um mir meine Bezahlung für einen geschäftlichen Auftrag abzuholen, den ich zur vollen Zufriedenheit aller ausgeführt habe.«
    Und jetzt kannst du es wohl kaum erwarten, das Geld wieder zu verlieren , dachte Tom.
    »Meinen Glückwunsch«, sagte er mit einem Blick auf den Stapel Münzen, die Phillips vor sich aufgereiht hatte. »Ihr scheint einen reichen Auftraggeber gefunden zu haben.«
    »Einen sehr einflussreichen Auftraggeber«, antwortete Phillips und strich den Pott ein, den er mit einem einfachen Primero mit einem Wert von nur zwanzig Punkten gewonnen hatte. Die Kaufleute mussten blutige Anfänger sein, wenn Phillips mit einem so niedrigen Blatt gewann.
    »Der Bischof von London hat mich aufgefordert, die Kirche in ein paar wichtigen Angelegenheiten auf dem Kontinent zu vertreten«, sagte Phillips sichtlich stolz. »Es ist mir gelungen, einige wertvolle Kontakte in Flandern zu knüpfen.«
    »Gratuliere«, sagte Tom, während er sich fragte, warum der Bischof von London einen solchen Blender beauftragt hatte. Aber das war schließlich eine Angelegenheit der Kirche. Und Phillips hatte so viel Charme, dass er sich fast überall einschmeicheln konnte. Er wäre ein perfekter Spion. Er besaß eines jener jungenhaften Gesichter, dem jedermann bereitwillig vertraute – falls er ihm nicht allzu genau in die verschlagenen Augen sah.
    Die Aufmerksamkeit wandte sich wieder dem Spiel zu. Sie tranken auf das vierte Spiel, bei dem jeder ausstieg und das Geld somit im Pott blieb. Beim fünften Spiel nahm Tom seine Karten auf und stellte fest, dass er ein niedriges Blatt hatte. Unglücklicherweise hatte er seit dem ersten Spiel nur schlechte Karten bekommen. Der Nachmittag schritt fort. Charlotte würde schon auf ihn warten. Jetzt also war der Zeitpunkt gekommen. Er legte keine der Karten ab und stieß einen erfreuten Laut aus.
    Zwei weitere Runden. Der Kaufmann neben Phillips legte zwei weitere Kronen in den Pott. Phillips’ Blick umwölkte sich, er legte eine Karte ab und erhöhte. Tom schätzte die Summe, die sich inzwischen in der Mitte des Tisches aufgehäuft hatte. Es war fast genug, um sein Schiff auszulösen.
    »Ich setze alles«, sagte Tom und legte mit einer entschlossenen Geste, bei der seine Spitzenmanschetten raschelten, vier Kronen auf den Haufen. Die beiden Kaufleute passten. Henry Phillips spielte nervös mit seinen Karten herum und warf nach einem schier endlos erscheinenden Schweigen seine Karten mit einem verärgerten Grunzen verdeckt auf den Tisch. Sein linkes Auge zuckte leicht. Phillips war ein Feigling, und ein Feigling war leicht zu bluffen.
    Tom sah ihn mit gespielter Überraschung an und strich achselzuckend den Pott ein.
    »Nun, meine Herren, es sieht so aus, als wäre mir Fortuna heute hold.«
    Henry Phillips nahm seine Karten wieder auf und drehte sie um. Ein Supremus: eine Sechs, eine
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