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Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Camilla Läckberg
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aber nun war er so aufgebracht, dass er am ganzen Körper zitterte. Er ging zu Claes und baute sich vor ihm auf. In den Händen hielt er einen Stapel Fotos und einen Revolver.
    »Was ist das?«, wiederholte er.
    Claes starrte schweigend vor sich hin. Die Jungen betraten zögernd den Raum. Inez suchte Leons Blick, aber er wich ihr aus und sah stattdessen Claes und Rune an. Eine Weile war es vollkommen still. Man bekam kaum noch Luft in dem stickigen Zimmer. Inez hielt sich an der Tischkante fest. Etwas Schreckliches spielte sich vor ihren Augen ab. Sie ahnte, dass es nicht gut ausgehen würde.
    Langsam breitete sich ein Grinsen auf Claes’ Gesicht aus. Bevor sein Vater reagieren konnte, riss er ihm den Revolver aus der Hand und drückte ab. Rune brach leblos zusammen. Aus einem pechschwarzen Loch in seiner Stirn strömte Blut, und Inez hörte sich schreien. Der Schrei schien von einer fremden Person zu stammen, aber sie wusste, dass es ihre eigene Stimme war, die von den Wänden widerhallte und sich mit der von Annelie zu einem makabren Duett vereinte.
    »Schnauze!«, schrie Claes, der den Revolver immer noch auf Rune gerichtet hielt. »Schnauze!«
    Doch sie konnte nicht aufhören zu schreien. Schrie wie besessen vor Entsetzen. Unverwandt starrte sie ihren toten Mann an. Ebba weinte herzzerreißend.
    »Schnauze, habe ich gesagt.« Claes schoss noch einmal auf seinen Vater, und der leblose Körper zuckte zusammen. Langsam färbte sich das weiße Hemd rot.
    Der Schock ließ Inez schlagartig verstummen. Auch Annelie hörte abrupt auf zu schreien. Nur Ebba weinte weiter.
    Claes strich sich mit der einen Hand übers Gesicht, in der anderen hielt er den erhobenen Revolver. Er sah aus wie ein kleiner Junge, der Cowboy spielt, dachte Inez, verbot sich den Gedanken jedoch sofort. Claes hatte nichts Jungenhaftes an sich. Er sah nicht einmal menschlich aus. Sein Blick war leer, und das unheimliche Grinsen war auf seinem Gesicht erstarrt. Er atmete schnell und stoßweise.
    Mit einer heftigen Bewegung drehte er sich zu Ebba um und zielte auf sie. Sie schrie noch immer und war hochrot im Gesicht. Wie zu Eis erstarrt musste Inez mit ansehen, wie sich Claes’ Finger um den Abzug legte und Johan sich auf Ebba warf, aber ganz plötzlich innehielt. Erstaunt betrachtete er sein Hemd, auf dem sich ein roter Fleck ausbreitete. Dann sackte er zusammen.
    Im Raum wurde es wieder still. Unnatürlich still. Sogar Ebba verstummte und steckte sich den Daumen in den Mund. Neben ihrem Kinderstuhl lag Johan auf dem Rücken. Das blonde Haar war ihm ins Gesicht gefallen, und seine blauen Augen blickten blind an die Decke. Inez unterdrückte ein Schluchzen.
    Claes ging rückwärts, bis er mit dem Rücken an der Wand stand. »Tut jetzt, was ich sage. Und seid leise. Das ist am wichtigsten.« Seine Stimme war furchterregend ruhig, als fände er Gefallen an der Situation.
    Aus dem Augenwinkel sah Inez undeutlich, dass sich an der Tür etwas bewegte. Claes schien es auch bemerkt zu haben, denn er richtete den Revolver blitzschnell auf die Jungen.
    »Ihr bleibt hier. Niemand verlässt den Raum.«
    »Was hast du mit uns vor?«, fragte Leon.
    »Das weiß ich nicht. Ich habe mich noch nicht entschieden.«
    »Mein Vater hat viel Geld«, sagte Percy. »Er bezahlt dich, wenn du uns laufen lässt.«
    »Wir versprechen, nichts zu sagen.« Johns Flehen traf auf taube Ohren.
    Inez wusste, dass es sinnlos war. Sie hatte Claes richtig eingeschätzt. Irgendetwas fehlte ihm. Was immer er den Jungen angetan hatte, wollte er um jeden Preis verbergen. Er hatte bereits zwei Menschen getötet und würde niemanden von hier fortlassen. Sie würden alle hier sterben.
    Auf einmal suchte Leon ihren Blick, und sie verstand, dass er das Gleiche dachte wie sie. Sie hatten nur wenige Momente gehabt, erschlichene Momente. Mehr nicht. Sie hatten Pläne gemacht und oft überlegt, wie sie zusammenleben könnten. Wenn sie Geduld gehabt hätten, wäre ihre Zeit irgendwann gekommen. Damit war es nun vorbei.
    »Ich wusste doch, dass diese Hure etwas angestellt hat«, sagte Claes plötzlich. »Dieser Blick ist eindeutig. Wie lange fickst du meine Stiefmutter schon, Leon?«
    Inez schwieg. Annelie blickte von ihr zu Leon.
    »Ist das wahr?« Annelie schien für einen Moment ihre Angst zu vergessen. »Du miese Schlampe! Gab es niemanden in deinem Alt…«
    Das Wort brach in der Mitte ab. Ungerührt hatte Claes den Revolver gehoben und ihr eine Kugel in den Kopf gejagt.
    »Ich habe doch gesagt,
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