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Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Engelmacherin: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Camilla Läckberg
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Witz im Vergleich zu dem Skandal, der ihn erwartete. Er, John, würde im Mittelpunkt stehen, aber nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. Das Projekt Gimle würde seinen Sturz besiegeln, nicht seinen Triumph.
    Ebba betrachtete die Fotos, die sie auf dem Fußboden ausgebreitet hatte. Die nackten Jungen blickten mit leeren Augen in die Kamera.
    »Sie sehen so hilflos aus.« Sie wandte sich ab.
    »Das hat nichts mit dir zu tun.« Anna strich ihr über den Arm.
    »Es wäre besser gewesen, wenn ich niemals etwas über meine Familie erfahren hätte. Das einzige Bild, das ich von ihnen habe, falls wir hier jemals …«
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Anna wusste, dass sie den Gedanken nicht laut aussprechen wollte: falls wir hier jemals rauskommen.
    Erneut betrachtete Ebba die Bilder. »Das müssen Schüler von meinem Vater sein. Wenn er ihnen das angetan hat, kann ich verstehen, dass sie ihn umgebracht haben.«
    Anna nickte. Es war erkennbar, dass die Jungen ihre Blöße bedecken wollten, der Fotograf es aber nicht zuließ. Die Qual war ihnen deutlich anzusehen, und sie konnte sich den rasenden Zorn vorstellen, den diese Erniedrigung auslöste.
    »Allerdings verstehe ich nicht, warum alle sterben mussten«, sagte Ebba.
    Plötzlich hörten sie Schritte. Sie standen auf und drehten sich zur Tür um. Irgendjemand fummelte an dem Schloss herum.
    »Das muss Mårten sein«, sagte Ebba erschrocken.
    Instinktiv sahen sie sich nach einem Fluchtweg um, aber sie saßen wie Ratten in der Falle. Langsam ging die Tür auf, und Mårten kam mit einem Revolver in der Hand auf sie zu.
    »Du lebst?«, fragte er Ebba. Anna war entsetzt, weil es ihm offensichtlich gleichgültig war, ob seine Frau lebte oder nicht.
    »Warum tust du das?« Ebba ging weinend auf ihn zu.
    »Bleib stehen.« Als er mit der Waffe auf sie zielte, blieb sie augenblicklich stehen.
    »Lass uns hier raus.« Anna versuchte, ihn auf sich aufmerksam zu machen. »Wir sagen auch nichts, versprochen.«
    »Und das soll ich glauben? Es spielt sowieso keine Rolle. Ich habe nicht den Wunsch …« Er verstummte mitten im Satz und betrachtete die Kisten, aus denen die Knochen ragten. »Was ist das?«
    »Das ist Ebbas Familie«, sagte Anna.
    Mårten konnte den Blick nicht von den Skeletten abwenden. »Waren sie die ganze Zeit hier?«
    »Es sieht so aus.«
    Sie hatte die vage Hoffnung, Mårten so zu erschüttern, dass sie an ihn herankam. Als sie sich hinunterbeugte, richtete er vor Schreck den Revolver auf sie.
    »Ich will dir nur etwas zeigen.« Anna hob die Fotos auf und reichte sie Mårten, der sie misstrauisch in die Hand nahm.
    »Wer ist das?« Zum ersten Mal klang seine Stimme fast normal.
    Annas Herz pochte wie wild. Irgendwo in seinem Innern war noch der vernünftige, stabile Mårten verborgen. Er hielt sich die Bilder vors Gesicht.
    »Mein Vater muss ihnen das angetan haben«, sagte Ebba. Die Haare hingen ihr ins Gesicht, und an ihrer Körperhaltung war zu sehen, dass sie sich aufgegeben hatte.
    »Rune?«, fragte Mårten, zuckte jedoch erschrocken zusammen, als er von draußen ein Geräusch hörte. Hastig schlug er die Tür zu.
    »Wer war das?«, fragte Anna.
    »Sie wollen alles kaputtmachen«, sagte Mårten. Sein Blick wirkte wieder so abwesend wie vorher, und Anna begriff, dass es keine Hoffnung mehr gab. »Aber hier kommen sie nicht rein. Ich habe den Schlüssel. Er lag auf dem Türrahmen hier unten im Keller, verrostet und vergessen. Ich habe jedes Schloss ausprobiert, aber er passte nirgendwo. Vor etwa einer Woche habe ich zufällig diesen Eingang entdeckt. Eine geniale Konstruktion. Es ist fast unmöglich, die Tür zu sehen.«
    »Warum hast du mir nicht davon erzählt?«, fragte Ebba.
    »Mir wurde allmählich klar, wie alles zusammenhängt. Du wolltest nicht zugeben, dass du schuld an Vincents Tod bist. Du wolltest mir die Schuld zuschieben. Und in der offenen Kiste habe ich das hier gefunden.« Er schwenkte den Revolver. »Ich wusste, dass ich ihn brauchen würde.«
    »Sie schaffen es, hier reinzukommen. Das weißt du«, sagte Anna. »Mach lieber gleich die Tür auf.«
    »Ich kann jetzt nicht aufmachen. Früher scheint es innen einen Knauf gegeben zu haben, aber der ist nicht mehr da. Die Tür fällt von allein ins Schloss, und die da oben haben keinen Schlüssel. Also kommen sie selbst dann nicht rein, wenn sie die Geheimtür wider Erwarten entdecken. Diese Konstruktion hat sich ein vollkommen paranoider Mensch ausgedacht. Sie ist kaum zu überwinden.«
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