Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See

Titel: Die Eiserne See - Brook, M: Eiserne See
Autoren: Meljean Brook
Vom Netzwerk:
von seinem Stand vorgestellt worden war, hatte sie gesehen, wie Chefinspektor Hale mit einem Markgrafen zusammengetroffen war, ohne ihm mit einer einzigen Geste zu erkennen zu geben, dass er über ihm stand. Mina folgte diesem Beispiel und nickte kurz, bevor sie sich an ihn wandte.
    »Euer Hoheit, wenn ich richtig verstanden habe, wart Ihr nicht anwesend, als der Mann starb.«
    »Nein.«
    »Und Euer Begleiter?«
    »Hat ebenfalls nichts gesehen«, sagte der andere.
    Sie hatte recht gehabt; sein Akzent verriet, dass er ein Bounder war. Allerdings musste sie ihre Einschätzung von ihm korrigieren. Er war nicht gelangweilt vom Tod – nur zu vertraut damit, um bei einem weiteren aufgeregt zu sein. Sie begriff das nicht. Je mehr Tod sie sah, desto stärker berührte sie die Ungerechtigkeit. »Ihr Name, Sir?«
    Sein Lächeln kam beinahe einem Lachen gleich. »Mr Smith.«
    Ein Scherzbold. Wie witzig.
    Sie meinte, eine leichte Verwirrung im Ausdruck des Herzogs zu erkennen. Doch als er den richtigen Namen seines Begleiters nicht nennen wollte, beließ sie es dabei. Jemand vom Personal würde ihn kennen.
    »Mr St. John hat mir gesagt, dass niemand den Toten kennt und lediglich der Diener seinen Sturz gesehen hat.«
    »Ja.«
    »Hat Euer Diener Euch noch mehr erzählt?«
    »Nur, dass er nicht geschrien habe.«
    Kein Schrei? Entweder war der Mann betrunken, im Schlaf oder bereits tot gewesen. Das würde sie bald herausfinden.
    »Wenn Ihr mich entschuldigen wollt.« Mit einem Nicken wandte sie sich zur Treppe um, wo Newberry den Blitz befestigte. Sie hörte, wie der Eiserne Herzog und sein Begleiter ihr folgten. Solange sie die Leiche nicht anfassten oder ihr bei ihrer Untersuchung helfen wollten, war es ihr egal.
    Mina blickte auf ihre Hände. Sie würde den Leichnam berühren müssen, und Newberry hatte ihre Baumwollhandschuhe nicht mitgebracht, um sie gegen die eleganten weißen Handschuhe einzutauschen. Sie waren nur aus Satin – weder die Basteleien ihrer Mutter noch ihr Lohn reichten für Ziegenleder – , aber sie waren trotzdem zu teuer, um sie zu ruinieren.
    Sie zog an den Fingerspitzen, doch die Verschlüsse an den Handgelenken verhinderten, dass sie sie ausziehen konnte. Vergeblich versuchte sie, kleine Knöpfe durch genauso kleine Satinschlaufen zu schieben. Die Nähte an den Fingerspitzen machten diese zu sperrig, und der Stoff war zu glatt. Sie blickte sich nach Newberry um und sah, dass der schwarze Staub der Ferrotypie-Kamera bereits seine Finger beschmutzte. Verdammt . Sie würde sie durchbeißen, wenn es sein müsste. Selbst die verhasste Tätigkeit, die Knöpfe wieder annähen zu müssen, wäre einfacher als …
    »Geben Sie mir Ihre Hand, Inspektor.«
    Minas Nackenhaare sträubten sich bei dieser Aufforderung. Sie blickte auf in Trahaearns Gesicht und hörte, wie sein Begleiter ein Geräusch machte, ein halb unterdrücktes prustendes Lachen, als wäre Trahaearn bei einem einfachen Test durchgefallen.
    Der Ausdruck des Herzogs wurde nicht weicher, auch wenn seine Worte es waren.
    »Es geht schneller, wenn ich Ihnen helfe. Erlauben Sie?«
    Nein , dachte sie. Fass mich nicht an, komm mir nicht zu nahe. Doch die Leiche auf der Treppe erlaubte eine solche Antwort nicht.
    »Ja. Danke.«
    Sie streckte ihm die Hand entgegen und beobachtete, wie er seine eigenen Handschuhe abstreifte. Ziegenleder, mit Zobel gefüttert. Allein sich die luxuriöse Weichheit vorzustellen, wärmte sie.
    Mina hätte es nicht gewundert, wenn seine bloße Anwesenheit dies ebenfalls getan hätte. Mit seiner beeindruckenden Größe schien Trahaearn sie allein durch seine Nähe mit Wärme zu umgeben. Seine Hände waren groß, seine Finger lang und die Nägel quadratisch. Als er ihr Handgelenk in seine linke Handfläche nahm, kratzten Schwielen hörbar über den Satin. Sein Gesicht verdunkelte sich. Sie konnte nicht sagen, ob es vor Ärger oder Scham war.
    Trotz der rauen Haut waren seine Finger geschickt. Flink öffnete er den ersten Knopf, dann den zweiten. »So hatten Sie sich Ihren Abend nicht vorgestellt.«
    »Nein.«
    Sie sagte nicht, dass dies hier einem Siegesball vorzuziehen war, doch vielleicht verriet es ihre Stimme. Zu ihrer Überraschung blitzten seine Zähne unter einem Lächeln auf – dann wurde sein Gesicht wieder verschlossen, als wäre er selbst von seinem Lächeln überrascht gewesen. Er beugte sich wieder über ihre Hand, und Mina starrte auf seine kurzen Wimpern, die so dicht und dunkel waren, dass seine Augenlider einen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher