Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die drei Schmiede ihres Schicksals

Die drei Schmiede ihres Schicksals

Titel: Die drei Schmiede ihres Schicksals
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
Schuhe befanden sich in der Seitentasche seines Mantels. In seiner Begeisterung hatte er dieselben zu übergeben vergessen. Er antwortete sogleich, es werde ihm Vergnügen bereiten, sie der Eigentümerin persönlich zu überbringen. So brachte er als dem schönen Fräulein Amalie die Schuhe, plauderte eine Weile mit ihr und empfahl sich wieder. Beim Weggehen aber schien es ihm, als wäre er zum Wiederkommen eingeladen worden, was zur Folge hatte, daß er zuerst in drei Wochen und dann in immer kürzeren Zwischenräumen seinen Besuch wiederholte, bis er endlich jeden Tag als verloren betrachtete, an dem er Amalie nicht gesehen hatte.

"Der Kondor"
    An einem heiteren Frühlingsmorgen 1840 wandelte Stifter in den stillen Gängen des Schwarzenberggartens auf und ab, in eifriges Sinnen und Schreiben vertieft. Es mochten wohl einige Stunden vergangen sein, da beendete er seine Tätigkeit und steckte das Manuskript in seine Rocktasche, aber die Rolle war zu lang und lugte daraus hervor. Anschließend machte er Besuch bei der Baronin Josephine von Münck, einer mit befreundeten schriftstellernden Dame. Da war nur auch deren Tochter, die junge Baronesse Die von Münck, anwesend. Diese entdeckte die Papierrolle und zog sie, jugendlich schelmischer Neugier folgend, unvermerkt heraus. Nachdem sie nun heimlich darin gelesen hatte, hielt sie das entdeckte Manuskript ihrer Mutter hin und rief erstaunt aus: "Mama, der Stifter ist ein heimlicher Dichter, hier fliegt ein Mädchen durch die Luft!" - Stifter protestierte, aber trotz seines Sträubens wurde er gezwungen, das Fragment vorzulesen. Die Baronin, die großen Gefallen daran fand, forderte energisch, zu der Geschichte müsse ein Anfang und ein Schluß gemacht werden und Witthauer, der Herausgeber der "Wiener Zeitschrift", müsse es drucken. - Und so geschah es denn wirklich. Damit begann Stifter - schon fünfunddreißigjährig - seine literarische Laufbahn.

Wie der Titel "Feldblumen" entstand
    Mit dem Erscheinen des "Kondor" zog unser bis dahin unbekannter Dichter die Aufmerksamkeit literarischer Kreise auf sich. Eines Tages besuchte ihn Graf Mailath, der zusammen mit Dr. Saphir das Taschenbuch "Iris" periodisch herausgab. - "Ich hätte gerne von Ihnen, Herr Stifter ,einen Beitrag für unser nächstjähriges Taschenbuch gehabt", sagte Mailath. - "Sehr gerne, Herr Graf, aber ich habe ja nichts Fertiges. Nur ein loses Fragment, das ich während meiner letzten Krankheit im Winter mit Bleistift hingeworfen, habe ich da", erwiderte er, beschriebene Bogen der Schublade seines Schreibtisches entnehmend, "aber das Ding besteht nur aus lose aneinander gereihten Tagebuchblättern; ich hab noch nicht einmal einen Titel für sie, nur jedes Kapitel trägt den Namen einer Feldblume als Überschrift." - "Nun, so sind es " F e l d b l u m e n " , sagte Mailath, nahm das Manuskript, verabschiedete sich dankend und rückte es unter diesem Namen in die "Iris", Taschenbuch für das Jahr 1841, ein, das bei Heckenast in Pest erschien.

Besuch bei Simony
    Stifter, der Friedrich Simony 1844 im Hause Metternichs kennen lernte, besuchte den bekannten Naturforscher vier Jahre später in Hallstatt. Simony bewohnte dort im Stadlerschen Gasthof einen saalähnlichen vielfenstrigen Raum, in dem das bunteste Durcheinander herrschte. Zur Rechten der Türe stand ein riesiger Kasten, zur Linken ein Bett, das aber stets mit den verschiedensten Gegenständen belegt war, vorne ein Flügel, der ebenfalls zur Ablage von Kleidern, Bögen, Rollen und Büchern diente, an einem Fenster ein viereckiger Tisch, auf den ein Schreibpult gesetzt war, an dem der Forscher zu arbeiten pflegte. Zwei Tische waren ebenfalls mit Ppieren, gesammelten Mineralien und Versteinerungen, einem geologischen Hammer, getrockneten Pflanzen, Landschaftsskizzen, Zeichenrequisiten und Büchern bedeckt. Was aber auf den Tischen nicht mehr Platz fand, lag und stand auf dem riesigen Fußboden umher.
    Simony lud den befreundeten Dichter ein, sich niederzulassen. "Das nenn ich mir eine Arbeitsstube, wo es unsereinen naturwüchsig anheimelt," rief Stifter, sich vergnügt die Hände reibend, als er das Durcheinander erblickte, "da herrscht noch nicht die Tyrannei der ewig aufräumenden Hausfrau." An wen wird der Dichter anders gedacht haben als an seine Frau Amalie.

"Bergkristall"
    Während Stifters Besuch in Hallstatt stieg Simony mit seinem Freunde das hochromantische Echerntal zum Waldbachstrub hinauf. Der Naturforscher sprach vom Waldbach, der das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher