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Die Dämonen ruhen nicht

Die Dämonen ruhen nicht

Titel: Die Dämonen ruhen nicht
Autoren: Patricia Cornwell
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Sie, wenn Sie sich die Hand in einer Schublade einklemmen oder sich mit einem Messer schneiden, spüren Sie zunächst doch auch nichts. Ic h g laube, so ist es immer, wenn es nicht, wie zum Beispiel bei der Folter, extra langsam geht.«
    Nics Herz scheint zu flattern, als wäre etwas damit nicht in Ordnung.
    »Sie wurde nicht gefoltert«, meint Scarpetta und sieht Nic an. »Eindeutig nicht.«
    »Was ist mit den Stichwunden?«, fragt Nic.
    »Schnitte an Fingern und Handflächen. Abwehrverletzungen.« Wieder sieht sie Nic an. »Punktierung des rechten und linken Lungenflügels mit zweihundert Millilitern Hämothorax auf beiden Seiten ... Es tut mir Leid, ich weiß, wie schwer es ist, sich das anzuhören.«
    »Wäre sie daran gestorben? An den Lungenverletzungen?«
    »Wahrscheinlich. Aber in Verbindung mit den Kopfverletzungen war der Tod unvermeidlich. Außerdem hatte sie links und rechts abgebrochene Fingernägel. Nicht zu identifizierendes Material wurde dort sichergestellt.«
    »Glaubst du, dass es aufbewahrt wurde?«, will Lucy wissen.
    »Damals war die Gentechnik noch nicht so weit wie heute.«
    »Ich frage mich, was zum Teufel mit nicht zu identifizieren gemeint ist«, merkt Marino an. »Welche Art Messer?«, erkundigt sich Nic. »Eines mit kurzer Klinge. Aber wie kurz genau, kann ich nicht sagen.«
    »Vielleicht ein Taschenmesser«, schlägt Marino vor.
    »Vielleicht«, erwidert Scarpetta.
    »Meine Mutter hatte kein Taschenmesser. Sie hatte überhaupt keine ...« Nics Stimme beginnt zu zittern, aber sie reißt sich zusammen. »Ich meine, sie mochte keine Waffen.«
    »Möglicherweise hat der Täter das Messer mitgebracht«, meint Lucy mitleidig. »Aber meiner Vermutung nach glaubte er, keine Waffe nötig zu haben, wenn die Tat mit einem Taschenmesser begangen wurde. Es kann sein, dass er, wie so viele Männer, eben zufällig eins dabeihatte.«
    »Unterscheiden sich die Stichwunden von denen, die wir heute gesehen haben?«, wendet sich Nic an Scarpetta.
    »Eindeutig«, entgegnet sie.

118
    Nic fängt an, vom Antiquitätengeschäft ihrer Mutter zu erzählen.
    Sie sagt, ihre Mutter sei zwar die Besitzerin gewesen, habe aber nur in Teilzeit dort gearbeitet, um für ihre Familie da sein zu können. Außerdem habe sie Charlotte Dard gekannt.
    Nic starrt auf den inzwischen kalten Kaffee in ihrer Tasse. »Glauben Sie, ich kriege morgen Koffein-Entzugserscheinungen, wenn ich ihn kurz in die Mikrowelle schiebe?«
    »Waren Ihre Mutter und Charlotte Dard befreundet?«, erkundigt sich Marino. »Mist ... Darf ich Sie fragen, warum Sie das nicht schon früher erwähnt haben?«
    »Es ist mir gerade erst eingefallen«, erwidert Nic. »Wahrscheinlich, weil ich alles, was mit meiner Mutter zusammenhängt, verdrängt habe. Ich denke fast nie an sie oder habe es zumindest vor dem Verschwinden der Frauen nicht getan. Dann heute ... der Tatort. Was er Rebecca Milton angetan hat... Und unser Gespräch jetzt...«
    Sie steht auf, um ihren Kaffee aufzuwärmen. Eine Minute lang läuft lautstark die Mikrowelle. Als sie zum Sofa zurückkehrt, ist das dampfende Getränk wohl kaum noch genießbar. Es riecht angebrannt.
    »Nic«, sagt Scarpetta. »Ist Robillard der Name Ihres Exmannes?«
    Sie nickt.
    »Wie lautet Ihr Geburtsname?«
    »Mayeux. Meine Mutter hieß Annie Mayeux. Deshalb ahnt fast niemand, dass ich ihre Tochter bin, oder die Leute haben es nach der langen Zeit vergessen. Kollegen, die sich noch an ihren Tod erinnern, wissen nicht, was ich mit ihr zu tun habe. Und ich spreche nie darüber.« Sie trinkt einen Schluck Kaffee und scheint sich am verbrannten Geschmack nicht zu stören. »Ihr Antiquitätengeschäft war auf Buntglasfenster, Türen, Fensterläden und andere aus alten Gebäuden gerettete Gegenstände spezialisiert. Manches davon war wirklich hübsch, wenn man etwas Bestimmtes suchte. Viele Möbel waren handgearbeitet und aus Zypressenholz. Charlotte Dard war eine ihrer Kundinnen. Sie gestaltete gerade ihr Haus um und hat häufig in Mutters Laden eingekauft. So haben sich die beiden angefreundet. Es war allerdings keine enge Freundschaft.« Nic hält inne und kramt in ihrem Gedächtnis. »Meine Mutter hat von einer reichen Kundin mit einem Sportwagen erzählt, wenn sie von ihr sprach, und davon, wie schön ihr Haus sein würde, wenn erst mal alles fertig wäre. Bestimmt hat Mrs. Dard eine Menge Umsatz gebracht. Papa hatte ja als Lehrer nie ein hohes Gehalt.« Nic lächelt wehmütig. »Mama war sehr erfolgreich und außerdem
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