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Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise

Titel: Die Chroniken von Amarid 05 - Der Adlerweise
Autoren: David B. Coe
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sie hatte schon bald nach Fylimars Tod wieder einen Vogel gefunden.
    Und was für eine Bindung das gewesen war! Alayna war früh am Tag ausgegangen und hatte es Jaryd überlassen, sich um ihre Tochter Myn zu kümmern, und als sie am späten Nachmittag zurückkehrte, hatte eine große, gelbäugige Eule mit großen Ohrbüscheln auf ihrer Schulter gesessen. Die Eule war von der gleichen Art wie der letzte Vogel von Sartol, Alaynas ehemaligem Mentor, und sowohl Jaryd als auch Alayna kam es so vor, als hätten die Götter der Magierin eine Gelegenheit gegeben, etwas von dem Schaden, den Sartol angerichtet hatte, wieder gutzumachen. Es war, als hätten sie mit dieser Geste gesagt: »Sartol hat das Land verraten. Nun versuche du, die Wunden zu heilen, die er geschlagen hat.«
    Auch die anderen hatten sich wieder gebunden. Trahns Bindung an eine Eule war tatsächlich nur wenige Tage nach dem Tod seines Falken erfolgt, was Orris dazu veranlasst hatte zu behaupten, es hätten schon mehrere Eulen Schlange gestanden, um endlich Trahns Vertraute werden zu können. Auch Orris hatte schnell wieder einen neuen Vogel gefunden. Er war nun wieder an einen Falken gebunden, einen schneeweißen Vogel, der größer war als sein letzter.
    Keiner seiner Freunde hatte mehr als eine Jahreszeit ungebunden verbracht, aber Jaryd war seit beinahe einem halben Jahr ohne Vogel. Alayna versicherte ihm, dass im Gegensatz zu ihrer oder Trahns Erfahrung auch längere Zeiten des Ungebundenseins für einen Magier normal waren. Und Baden, der sich hin und wieder mittels des Ceryll- Var mit ihm in Verbindung setzte, erinnerte ihn bei einer dieser Gelegenheiten daran, dass Eulenweise Jessamyn - Myns Namenspatronin -, die Oberhaupt des Ordens gewesen war, als Jaryd seinen Umhang erhielt, einmal länger als ein Jahr ungebunden gewesen war.
    Das half, aber nur ein wenig. Sicher missgönnte er den anderen ihre Bindungen nicht. Er war ungeheuer stolz auf Alayna, die die jüngste Eulenmeisterin seit Menschengedenken war. Aber er fragte sich immer wieder, ob er sich überhaupt je wieder binden oder ob es sein Schicksal sein würde, ungebunden zu sterben und ein weiteres Opfer von Therons Fluch zu werden.
    Er hatte mit Phelan, dem Wolfsmeister, gesprochen. Er hatte die Schrecken von Therons Hain ertragen, und nun war Therons Stab sein eigener. Er hatte eine Vorstellung davon erhalten, was es bedeutete, unbehaust zu sein, und schon der Gedanke daran erfüllte ihn mit kaltem, lähmendem Schrecken. Aber nach all dieser Zeit ohne einen neuen Vogel sah sich Jaryd gezwungen zu akzeptieren, dass dies vielleicht sein Schicksal war, dass dieses schlechte Vorgefühl, das den ganzen Tag über ihm hing und ihm auch abends ins Bett folgte, tatsächlich eine Prophezeiung sein mochte.
    Nachdem er längere Zeit allein mit seinen Ängsten gekämpft hatte, erwähnte er diese Möglichkeit gegenüber Alayna, die selbstverständlich genau so reagierte, wie zu erwarten gewesen war.
    »Das ist doch lächerlich«, sagte sie. »Wir haben alle Angst vor Therons Fluch. Das gehört zum Leben eines jeden Magiers. Es bedeutet ganz bestimmt nicht, dass du vom Schicksal ausersehen bist, ein Unbehauster zu werden.« Er nickte schweigend und akzeptierte ihre Worte. Aber später bemerkte er, wie sie ihn beobachtete und welche Sorge sich auf ihren Zügen abzeichnete. Und er wusste, was sie dachte. Er ist jetzt schon so lange ungebunden ... Seltsamerweise fand Jaryd zwar kaum Trost in dem, was Alayna oder Baden ihm sagten, aber stattdessen in einer Lektion, die er vor langer Zeit von seinem Vater gelernt hatte. Jaryd hatte seinem Vater nie sonderlich nahe gestanden, und die Distanz zwischen ihnen hatte sich noch vergrößert, nachdem Jaryd Magier geworden war. Aber so barsch und schweigsam Bernel sein konnte, er hatte auch über eine pragmatische Weisheit verfugt, die sich spät in seinem Leben in knappen, zugespitzten Maximen manifestiert hatte, die er seinem Gegenüber ganz plötzlich entgegenschleudern konnte.
    Eine davon hörte Jaryd zum ersten Mal, als er Alayna und Myn nach Accalia brachte, damit seine Mutter und sein Vater ihre Enkelin kennen lernen konnten. Bei dieser Gelegenheit hatte Myn nur schlecht geschlafen und sich oft geweigert, sich stillen zu lassen, Jaryd und Alayna hatten sich Sorgen gemacht, dass etwas mit ihr nicht in Ordnung sein könnte.
    »Sich Sorgen zu machen ist eine angenehme Zeitverschwendung«, hatte Bernel schließlich gesagt, nachdem er ihnen wieder einmal einen ganzen
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