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Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)

Titel: Die Chroniken der Schattenwelt: Angelos (German Edition)
Autoren: Gesa Schwartz
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mit dem Zeichen des Falken auf seiner Brust. Glühend flammten die Umrisse des Raubvogels über die Klinge, sein Schrei zerriss das Tosen des Sturms und die Schleier aus giftigem Regen, und Nando fühlte schon die Welle des Triumphs, als eine Stimme an sein Ohr drang, sanft und warm.
    Er ist gefallen , raunte der Teufel, und er sprach nicht nur in Gedanken zu ihm. Seine Worte brachen aus der Kraft des Erzengels, die er verdorben hatte, aus der Finsternis der eigenen Flüche und der Einsamkeit, in die Hadros durch Bhalvris’ Macht verbannt worden war. Doch du bist kein Engel wie er. Du bist mein Sohn. Es lag keine Drohung in seiner Stimme, sondern dieselbe zärtliche und lockende Wärme, die Nando noch immer anzog und die ihn über den Abgrund treiben wollte, mitten hinein in die Dunkelheit. Er schwankte, als der Teufel vor ihm durch die Flammen trat, abwehrend hob er das Schwert, doch er wusste, dass keine Klinge der Welt die Worte zerschneiden konnte, die nun in seine Gedanken drangen.
    Du sehnst dich nach mir , raunte Luzifer. Ich kann es fühlen wie meinen eigenen Atem. Schon jetzt hast du sie nur knapp bezwungen: die Stimme in dir, die dich zu deinem wahren Kern führen will. Doch wie, mein Sohn, willst du ihr begegnen, wenn du dich erst in meiner Welt befindest? Mit jedem Schritt in meine Richtung wird die Sehnsucht größer werden, mit jedem Schritt wirst du stärker begreifen, wer du bist. Du wirst dich hineinstürzen wollen, mitten hinein in die Nacht, die dich ruft – schon jetzt will ein Teil von dir nichts anderes als das.
    Nando sah dem Teufel in die Augen, das Schwert zitterte in seiner Hand, und er spürte sie wieder: die Sehnsucht danach, im Gold dieses gefallenen Engels aufzugehen, endlich anzukommen in einer Welt, die er nie für möglich gehalten hatte und die doch da war, nah, so nah, dass er nur die Hand auszustrecken brauchte, um in ihre Schatten zu treten.
    Luzifer rührte sich nicht, doch er lächelte. Die Schatten sind da, Nando, sie warten nur auf dich. Hör auf zu kämpfen. Selbst wenn du dein ganzes Herz in diesen Flammen verbrennen würdest, könntest du mein Schwert nicht erlangen. Es gehorcht niemandem außer mir. Welcher Splitter soll dich retten, verlorener Sohn?
    Die Erschöpfung pulste durch Nandos Schläfen wie schwarzes Gift, und als Luzifer seine Wange berührte, flog ein Schauer über seinen Rücken. Sanft war er wie … Nando fuhr zusammen, so heftig traf ihn die Erinnerung, und er trat vor dem Teufel zurück.
    Wie eine kühle, regennasse Hand.
    Der Duft des Feuers wich dem sterilen Geruch eines leeren Aufenthaltsraumes im Krankenhaus, gleich darauf fühlte Nando statt Funken weichen Regen auf seiner Haut, und noch während Maras Gesicht vor ihm auftauchte, hob er die linke Hand. Etwas glühte darin in gleißendem Feuer, es hatte sich zwischen den metallenen Streben in sein Fleisch gebohrt, doch er hielt es noch immer so fest, dass seine Finger schmerzten. Carmenyas Stimme war laut und durchdringend in seinem Kopf.
    Gib dem Feuer einen Splitter deines Herzens.
    Langsam öffnete er die Faust. Die Asche der zerbrochenen Kohle zerstob im Wind, sein Blut tropfte in die Flammen, aber er merkte es kaum. Alles, was er wahrnahm, war der Schmerz, der durch seine Finger lief, und der Blick des Teufels, der nun den roten Stein betrachtete, den Nando in der Hand hielt. An den Seiten war er messerscharf, herausgebrochen aus einem kostbaren Schwert. Es war ein funkelnder Rubin.
    Ein Splitter aus Asche , sagte er und kümmerte sich nicht darum, dass seine Stimme ein wenig zitterte. Ein Splitter aus dem Blut eines Kriegers, der für mich gestorben ist – für mich, den Menschensohn. Ein Splitter aus Tränen, Verzweiflung und einer Hoffnung, die niemals stirbt, sondern die wächst, je tiefer die Dunkelheit wird, die sie durchwandern muss. Ich kenne die Schatten. Und ich sehne mich nach ihnen, das leugne ich nicht. Doch ich brauche deine Heimat nicht. Ich errichte sie mir selbst! Er umfasste Bhalvris’ Klinge, die Scherbe in seiner Hand wurde glühend heiß. Ich werde gegen dich kämpfen, Vater, mit allem, was ich bin. Ich fürchte deine Schatten nicht!
    Mit diesen Worten umschloss er die Klinge mit aller Kraft. Die Scherbe zerbrach in seiner Hand, und im nächsten Moment schoss die Macht des Schwertes durch seine Glieder. Er hörte das Schwert singen, in den Sprachen derer, die es getötet und gerettet hatte. Die Töne verbanden sich zu einer gewaltigen Melodie, und sie erschuf Bilder um ihn
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