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Die Catilina Verschwörung

Die Catilina Verschwörung

Titel: Die Catilina Verschwörung
Autoren: John Maddox Roberts
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indes Mühe, die Konsuln aufzuspüren. Von einem niederrangigen Beamten wurde erwartet, dass er sie in jeder Menschenmenge, egal wie groß, entdeckte. Die Konsuln jenes berühmten Jahres waren, wie sich jedermann bis heute erinnern wird, Marcus Tullius Cicero und Gaius Antonius Hybrida. Ich traf sie und Lucullus mit der Begrüßung einer Schar ausländischer Botschafter beschäftigt an, die bei derartigen Anlässen stets als Ehrengäste eingeladen waren. Man hielt es für eine gute Idee, Ausländern die Vorstellung nahe zubringen, wie überlegen in der Kriegsführung wir Römer waren und wie großzügig wir sein konnten. Einige der Gäste waren ehemalige Feinde, die freundschaftlich kapituliert hatten, anstatt ihren törichten Widerstand aufrecht zu erhalten.
    Cicero hatte den Gipfel der Würde erklommen. Er war ein Mann, der aus dem Nichts aufgetaucht war (will sagen, er stammte nicht aus Rom, sondern aus Arpinum, einer Stadt, die die römischen Bürgerrechte seit etwa hundertfünfundzwanzig Jahren genoss), und war in der Welt der römischen Politik aufgestiegen mit dem Tempo und der Wucht eines von einem Katapult abgeschossenen Steins. Er war das, was wir damals einen »neuen Mann« nannten, der nicht zu einer alteingesessenen Politikerfamilie gehört. Das passte einer ganzen Reihe seiner Zeitgenossen überhaupt nicht, aber es gibt nur wenige, die Konsuln geworden sind, ohne sich auf dem Weg dorthin Feinde zu machen. Sein Kollege Hybrida war der letzte unter den Bewerbern gewesen, hatte aber mit Ciceros Unterstützung gewonnen. Als Antonier verfügte er über die in seiner Familie übliche Mischung aus Leutseligkeit und Heimtücke, aus Scharfsinn und kindischer Launenhaftigkeit. In Gaius Antonius war dieser Widerspruch ausgeprägter als bei den meisten anderen Mitgliedern seiner Familie. Sein seltsamer Beiname, der sich auf den Spross einer Haussau und eines Wildschweins bezog, wurde ihm in Anerkennung seiner halbwilden Natur verliehen.
    An jenem Abend war er gut gelaunt und drückte herzlich meine Hand. Sein Gesicht war gerötet, und er war schon zu dieser frühen Stunde auf dem besten Weg zu einem Vollrausch ein weiterer Wesenszug der Antonier.
    »Gut, dich zu sehen, Decius, mein Junge. Großartiger Triumphzug heute, was?«
    Ich erkannte, dass der Anblick all des Goldes ihm gut getan haben musste. Die Antonier waren auch wegen ihrer Gier berühmt, obwohl sie wie zum Ausgleich alles, was sie stahlen, mit vollen Händen wieder ausgaben. Sie waren als Gewalttäter und Frauenschänder gefürchtet, aber niemand hat je behauptet, dass sie nicht großzügig waren.
    »Ein ruhmvoller Anlass«, stimmte ich ihm zu, »den sich der Triumphator wohl verdient hat.« Ich nickte in die Richtung, wo Lucullus jetzt in einer weißen Toga, die Farbe von Gesicht und Händen abgewaschen, im Kreise der Gratulanten stand.
    »Es spornt mich an, selbst Ähnliches zu vollbringen«, gestand Hybrida.
    Das lässt nichts Gutes ahnen für Makedonien, dachte ich, die Provinz, die er im Jahr nach seinem Konsulat als Prokonsul regieren würde.
    Cicero begrüßte mich ebenso herzlich, wenngleich deutlich förmlicher. Wir hatten uns immer gut verstanden, aber zum damaligen Zeitpunkt hatte er den Zenit seiner öffentlichen Karriere erreicht, während ich ganz unten stand. Inzwischen hatte er sich eine Eitelkeit und Selbstgefälligkeit zugelegt, die einen Schatten auf seinen ansonsten bewundernswerten Charakter warfen. Als er noch jünger war, hatte er mir besser gefallen.
    Die Gerüche des in Vorbereitung befindlichen Festmahls ließen meinen Magen knurren, und ich kämpfte gegen den Drang an, einen der Becher zu ergreifen, die herumgereicht wurden. Muskulöse Sklaven schlenderten mit schweren Amphoren auf den Schultern zwischen den Gästen umher und achteten darauf, dass die Becher gefüllt blieben. Wenn ich zu schnell trank, konnte ich mich hinterher vielleicht an keine Einzelheit des Banketts mehr erinnern.
    Unter einer anmutigen Zypresse stand ein alles andere als anmutiger Mann. Eine große Narbe lief quer über sein Gesicht und hatte seine Nase praktisch halbiert. Das war mein Vater, Decius Caecilius Metellus der Ältere, aus naheliegenden Gründen allgemein als »Stumpfnase« bekannt. Er war erst kürzlich aus seiner prokonsularischen Provinz, dem transalpinischen Gallien, zurückgekehrt und hatte sich von seinem gottgleichen Amt noch nicht ganz erholt. Ich trat auf ihn zu, und er begrüßte mich in gewohnter Manier.
    »Noch immer nüchtern,
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