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Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bruderschaft der Nacht: Thriller (German Edition)
Autoren: John Connolly
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Gesicht wettergegerbt und zerfurcht, und hinter einer überraschend modischen Stahlgestellbrille funkelten hellbraune Augen. Er begrüßte Kyle namentlich, nahm dann seine Mütze ab und verbeugte sich kurz vor Tara, Kyles Tochter, die hinter dem Tresen saubermachte, ihn anlächelte und ebenfalls grüßte.
    »Schön, Sie zu sehen, Mr Patchett«, sagte sie. »Ist eine Weile her.« Ihre Augen leuchteten auf, und ein zärtlicher Unterton schwang in ihrer Stimme mit, der alles über das Leid besagte, das der Neuankömmling in letzter Zeit durchmachen musste.
    Kyle beugte sich durch die Durchreiche zwischen Küche und Tresen. »Willst du ’nen richtigen Diners ausprobieren, Bennett?«, sagte er. »Du siehst aus, als müsstest du ein bisschen aufgepäppelt werden.«
    Bennett Patchett lachte und schlug mit der rechten Hand in die Luft, als wären Kyles Worte Insekten, die um seinen Kopf surrten, dann setzte er sich neben mich. Patchett gehörte seit über vierzig Jahren der Downs Diner in der Nähe der Scarborough-Downs-Rennbahn an der Route 1. Vor ihm hatte ihn sein Vater bewirtschaftet, der ihn kurz nach seiner Rückkehr vom Militärdienst in Europa eröffnet hatte. An den Wänden des Diners hingen noch immer Fotos von Patchett senior, darunter auch einige aus seiner Militärzeit, auf denen er von jüngeren Männern umgeben war, die zu ihm, ihrem Sergeant, aufblickten. Er war in seinen Vierzigern gestorben, und sein Sohn hatte das Geschäft übernommen. Bennett hatte jetzt schon länger gelebt als sein Vater, so wie auch ich allem Anschein nach länger leben sollte als meiner.
    Er ließ sich die ihm von Tara angebotene Tasse Kaffee bringen, streifte seine Jacke ab und hängte sie neben den alten Gasofen. Dann verzog sich Tara diskret in die Küche, um ihrem Vater zu helfen, so dass Bennett und ich allein waren.
    »Charlie«, sagte er und schüttelte mir die Hand.
    »Wie geht es Ihnen, Mr Patchett?«, fragte ich. Ich kam mir komisch vor, als ich ihn mit dem Familiennamen anredete. Ich fühlte mich wie ein Zehnjähriger, aber bei solchen Männern wartete man, bis sie einem einen etwas vertraulicheren Umgangston erlaubten. Ich wusste, dass ihn sein ganzes Personal mit »Mr Patchett« ansprach. Er mochte zwar eine Art Vaterfigur für sie sein, aber er war auch ihr Boss, und sie behandelten ihn mit dem gebührenden Respekt.
    »Du darfst mich Bennett nennen, mein Junge. Je weniger förmlich, desto besser. Ich glaube nicht, dass ich außer mit Ihnen schon mal mit einem Privatdetektiv gesprochen habe, und das auch nur, wenn Sie bei mir gegessen haben. Ansonsten habe ich nur im Fernsehen und im Kino welche gesehen. Und Ihr Ruf macht mich ehrlich gesagt ein bisschen nervös.«
    Er schaute mich an, und ich sah, wie sein Blick kurz an der Narbe an meinem Hals verharrte. Vergangenes Jahr hatte mich dort eine Kugel gestreift und ein bleibendes Andenken hinterlassen. In letzter Zeit hatte ich mir allerhand Kratzer und Schrammen eingehandelt. Wenn ich sterben sollte, konnte man mich in einer Vitrine als abschreckendes Beispiel für all jene ausstellen, die einen ähnlichen Weg einschlagen und sich verprügeln, beschießen und Elektroschocks verpassen lassen wollten. Andererseits hatte ich vielleicht nur Pech gehabt. Oder Glück. Je nachdem, wie man es betrachtete.
    »Glauben Sie nicht alles, was Sie hören«, sagte ich.
    »Das mach ich nicht, trotzdem habe ich meine Bedenken, was Sie angeht.«
    Ich zuckte die Achseln. Er lächelte verschmitzt.
    »Aber Schluss mit der Rumdruckserei«, fuhr er fort. »Ich möchte Ihnen danken, dass Sie sich die Zeit nehmen und sich mit mir treffen. Mir ist klar, dass Sie vermutlich ziemlich beschäftigt sind.«
    Das war ich nicht, aber es war nett von ihm, dass er es annahm. Seit ich nach ein paar Missverständnissen mit der Staatspolizei von Maine vor ein paar Monaten meine Lizenz zurückerhalten hatte, war nicht viel los gewesen. Ich hatte ein paar Aufträge für Versicherungen übernommen, lauter ödes Zeug, bei dem es um nichts Anstrengenderes ging, als in einem Auto zu sitzen und in einem Buch zu blättern, während ich darauf wartete, dass irgendein Blödmann, der sich angeblich an seinem Arbeitsplatz verletzt hatte, in seinem Garten schwere Steine hochhob. Aber Versicherungsaufträge waren angesichts der Wirtschaftslage dünn gesät. Die meisten Privatdetektive im Staat kämpften ums Überleben, und ich hatte jede Arbeit annehmen müssen, die des Wegs kam, darunter Sachen, bei denen ich am liebsten
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