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Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)

Titel: Die Borgia: Geschichte einer unheimlichen Familie (German Edition)
Autoren: Volker Reinhardt
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den Schlägen, die ihnen die Borgia zugefügt hatten. Mit Innozenz X. (1644–1655) wurde ein Nachfahre der Gerolama Matuzzi, Rodrigo Borgias weitgehend unbekannter Tochter, sogar selbst Papst; seiner Karriere an der Kurie scheint diese Abstammung weder genützt noch geschadet zu haben. Knapp anderthalb Jahrhunderte nach Alexander war die Erinnerung an seine Tabubrüche also folgenlos geworden.
    Dasselbe gilt für die Linie Jofrés, des unbekanntesten unter den Söhnen Alexanders VI., dessen Nachkommen als Herzöge von Squillace fortlebten. In Spanien stiegen die Borja sogar zu vorher nie erreichtem Ruhm auf. Dort hatte Giovanni Borgia 1494 – zwei Jahre vor seiner Übersiedlung nach Rom und drei Jahre vor seinem frühen Tod durch den Dolch des unbekannten Mörders – mit seiner Gattin Maria Enriquez einen Sohn gezeugt, der das Geschlecht der Herzöge von Gandía fortpflanzte. Dessen Sohn Francisco (1510–1572), seit 1543 dritter Herzog von Gandía, verzichtete nach dem Tod seiner Gemahlin Leonora de Castro im Jahre 1546 auf alle seine Würden und trat in den sechs Jahre zuvor von Papst Paul III. bestätigten Jesuitenorden ein. Schon als Herzog wegen seiner Sittenstrenge und seiner Gerechtigkeit hoch respektiert, gewann er für die Societas Jesu in Spanien wichtige Protektion, nicht zuletzt durch seine Nähe zum Ordensgründer Ignatius von Loyola und zu Kaiser Karl V., mit dem er auch nach dessen Abdankung im Kloster von San Yuste engen Kontakt pflegte. 1565 zum dritten General des Ordens gewählt, unterstützte er Papst Pius V. bei dessen Bestrebungen, eine Koalition der katholischen Mächte gegen das vordringende Osmanische Reich zusammenzubringen, und erlebte noch den Sieg der spanisch-venezianisch-römischen Flotte bei Lepanto im Oktober 1571. Der Jesuitenorden verdankte ihm die Gründung zahlreicher Niederlassungen und Kollegien auf der spanischen Halbinsel. In Anerkennung dieser Verdienste wurde Francisco Borja 1671 von Papst Clemens X. heilig gesprochen.
    Die Herzöge von Gandía gehörten auch in der Folgezeit zu den angesehensten Familien des spanischen Hochadels und machten in der Kirche Karrieren. Als spanischer Kronkardinal erhob Gaspar Borja (1580–1645) 1632, auf dem Höhepunkt des Dreißigjährigen Krieges, Einspruch gegen die Politik Urbans VIII., dem er die einseitige Begünstigung Frankreichs und damit ein indirektes Bündnis mit den «Ketzern» vorwarf. Schließlich hatte Kardinal Richelieu, der Erste Minister Ludwigs XIII., im Dezember 1630 einen Subsidienvertrag mit dem protestantischen König von Schweden geschlossen, der daraufhin seinen Siegeszug durch Deutschland antrat und selbst Italien zu bedrohen schien. So vertauschten sich mehr als ein Jahrhundert nach dem Tod Alexanders VI. die Rollen: Ein Borja-Kardinal mahnte den regierenden Papst, von einer allzu eng an den finanziellen Interessen seiner Familie ausgerichteten Politik Abstand zu nehmen und als Haupt der katholischen Christenheit deren Interessen zu wahren.
    1740 starb die Familie der Herzöge von Gandía im Mannesstamm, acht Jahre später auch in der weiblichen Linie aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich jedoch längst der Mythos der Familie bemächtigt und ihr auf diese Weise eine besondere Form der Unsterblichkeit gesichert.

Zeittafel

1378
Beginn des Schismas: zwei rivalisierende Päpste in Rom und in Avignon, Spaltung der Christenheit in zwei Gefolgschaften (Obödienzen).
    31. Dez . Alonso de Borja wird in Játiva bei Valencia als Abkömmling einer Landadelsfamilie geboren.
1409
Auf dem Konzil von Pisa wird ein dritter Papst gewählt, der das Schisma nicht beizulegen vermag; von jetzt an existieren drei Obödienzen.
1411
Alonso de Borja wird Kanoniker der Kathedrale von Lérida.
1414–1418
Das vom späteren Kaiser Sigismund zustande gebrachte Konzil von Konstanz verkündet seine Oberhoheit über das Papsttum, legt das Schisma bei und wählt 1417 mit Martin V. einen neuen, schnell allgemein anerkannten Papst.
1429
Als erfolgreicher Jurist in Diensten König Alfonsos V. von Aragón (1396–1458) wird Alonso de Borja Bischof von Valencia.
1431
1. Jan . Alonso de Borjas Neffe Rodrigo wird in Játiva geboren.
1437
Alonso de Borja siedelt nach Süditalien über, wo König Alfonso um die neapolitanische Krone kämpft.
1443
König Alfonso von Aragón wird König von Neapel.
1444
Alonso de Borja wird als Kandidat seines Königs zum Kardinal von Santi Quattro Coronati ernannt.
1455
8. April Alonso de Borja wird als
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