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Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Die Bogenschützin: Roman (German Edition)

Titel: Die Bogenschützin: Roman (German Edition)
Autoren: Martha Sophie Marcus
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ihr Gleichgewicht wiederzufinden, sodass es ihr vorerst nicht gelang, den Hengst zu zügeln. Zielstrebig trabte er durch das offene Burgtor auf den Hof und kam dort von allein zum Stehen. Aufatmend ließ Hedwig sich von seinem Rücken gleiten, noch bevor der Knecht bei ihr war, der offenbar den Hof überwachte.
    Auch dieser Mann betrachtete sie staunend, half ihr aber höflich, indem er ihr den Weg zum Grafen von Friesack wies, das Pferd vor dem Stall anband und es tränkte.
    Vor dem breiten Eingang des grauen Steinhauses, das einmal das Herz der Burg und ihr Heim gewesen war, hielt Hedwig inne. Die schwere Tür stand halb offen, und ihr Holz wies auf beiden Seiten Kerben und Löcher auf, als wäre sie mit Schwert und Axt misshandelt worden. Beschläge und Riegel waren rostig. Der neue Herr schien wahrhaftig nicht viel Wert auf die Wirkung seines Anwesens zu legen.
    Mit einer Geste rief Hedwig Tristan zu sich und befahl ihm, auf das Bündel aus Bögen und Schwert achtzugeben, das sie vom Rücken genommen hatte und nun hinter der Tür an die Wand lehnte. Den gespannten Bogen stellte sie mit Köcher und Pfeilen griffbereit daneben.

    Der Burgherr saß in Gesellschaft von vier Männern zu Tisch, einer von ihnen war ein Geistlicher. Der Geruch von gekochtem Fleisch, Zwiebeln und Soße erinnerte Hedwig bei aller Aufregung daran, wie hungrig sie war. An der Wand hinter der Tafel hatte früher ein von ihrer Mutter mit einer Jagdszene bestickter Wandteppich gehangen, erinnerte sie sich. Nur die eisernen Haken, an denen er befestigt gewesen war, steckten noch im rohen Stein.
    Die Männer bemerkten sie sofort. Sie ließen ihre Hände mit den Messern oder ihrem Brot darin auf die Tafel sinken und starrten Hedwig an. Ihre Blicke wirkten weniger neugierig als missbilligend. Hedwig überlief es heiß und kalt, als sie ihren Knicks andeutete. Als Erste zu sprechen, wagte sie nicht.
    » Noch mehr Gäste?«, fragte der Burgherr in kühlem Tonfall.
    Er sah sie an, als wäre sie ein Bettelweib. Hedwig fühlte Ärger in sich aufsteigen. Ihre Abstammung war gewiss nicht schlechter als seine. Stolz richtete sie sich auf und streifte ihre Kapuze ab. » Hedwig von Quitzow. Ich möchte eine Auskunft erbitten.«
    Im Durchgang zur Küche fiel etwas scheppernd zu Boden, als wolle jemand ihre unerwarteten Worte unterstreichen. Sie konnte beobachten, wie sich die Mienen der Männer veränderten. Nun staunten sie, und das sollten sie ruhig. » Ich bin auf der Suche nach meiner Mutter, Elisabeth von Quitzow.«
    Der Burgherr nahm einen Schluck Wein aus seinem Glas und lehnte sich in seinem hölzernen Sessel zurück. » Was für ein merkwürdiger Einfall, sie hier zu suchen. Und was für ein merkwürdiger Zeitpunkt. Elisabeth von Quitzow ist seit Jahren tot, ob sie nun deine Mutter war oder nicht. Man spinnt, sie sei ihrem irrsinnigen Gatten aus gebrochenem Herzen gefolgt. In welchem Kloster warst du begraben, dass du das nicht weißt? Mich deucht, es ging ein Freudengesang durch die Mark, als der alte Räuber endlich sein Leben ausgehaucht hatte. Drei Jahre muss das nun schon her sein.«
    Die anderen lachten spöttisch. Nur einer von ihnen, ein langhaariger Blonder mit auffallend glatter Haut, musterte sie weiterhin scharf. » Bredow, warte. Das ist bemerkenswert. Die Maid mag klüger sein, als du denkst. Hat Kurfürst Friedrich sich doch mit Johann von Quitzow im letzten Jahr öffentlich versöhnt. Er hat ihn freigelassen und ihm einen guten Teil seiner Besitzungen zurückgegeben. Hofft die verlorene Nichte vielleicht auf ein Erbteil ihres kinderlosen Onkelchens?«
    Hedwig war zu erschüttert, um seinen Worten viel Aufmerksamkeit zu schenken. Die Möglichkeit, dass ihre Eltern beide tot sein könnten, hatte sie nicht in Betracht ziehen wollen. Nun konnte sie sich noch weniger vorstellen, wie es sein würde, zu ihrer Familie zurückzukehren. An ihren Onkel Johann konnte sie sich kaum erinnern, nur daran, dass ihm ein Auge fehlte. Da fühlte sie sich noch eher zu ihrem Bruder und ihrer Schwester hingezogen. » Wisst Ihr vielleicht, wohin es meinen Bruder verschlagen hat, Köne von Quitzow? Oder meine Schwester Margarete?«
    » Nein. Und ich will es auch nicht wissen«, sagte der Burgherr. » Die von Quitzows waren Ungeziefer. Je weniger von ihnen überlebt haben, desto besser. Und nun geh mir aus den Augen, du langweilst mich. Wenn du ein Stück Brot brauchst, sollst du es haben, trotz deines lächerlichen Ansinnens. Mit etwas mehr Geschick hättest
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