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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Sicherheitsfragen.«
    Dengler sagte nichts.
    »Ich komme gleich zur Sache: Wir haben von Ihren Nachforschungen erfahren. Wir möchten Sie bitten, diese alten Geschichten
     ruhen zu lassen. Selbstverständlich nicht unentgeltlich.«
    Er schlug das rechte Knie über das linke und zupfte die Bügelfalte gerade.
    »Haben Sie die drei Killer beauftragt, mich zu ermorden?«
    »Hören Sie mal ..« Der Mann, der ihm als Heinz Merkel vorgestellt worden war, sprang auf.
    Dengler beachtete ihn nicht.
    »Wollten Sie mich umbringen lassen?«, wiederholte er seine Frage.
    »Ich glaube, wir beenden dieses Gespräch«, sagte Dr. Malik und stand auf.
    Vielleicht waren es die Anspannungen der letzten beiden Tage, vielleicht war es die betont sachliche Arroganz dieser Männer
     oder die Kombination aus beidem. Dengler griff mit der Linken Dr. Malik am Kragen und zog ihn zu sich heran. Mit der Rechten
     zauberte er die Smith & Wesson in seine Hand und hielt sie an die Schläfe des Direktors.
    »Ich möchte eine Antwort.«
    Merkel federte aus dem Sessel und griff unter sein Jackett. Ohne sich ihm unmittelbar zuzuwenden, schlug Dengler inseine Richtung kurz und heftig zu und traf ihn mit dem Lauf am Ohr. Merkel schrie auf, krümmte sich, er blutete am Ohr, aber
     die Bewegung seiner Hand war sofort eingefroren.
    »Meine Herren, ich bitte Sie!«
    Dengler fuhr herum.
    Aus einer schwarzen Ledercouch im hinteren Teil des Raumes erhob sich ein Mann. Er klatschte zweimal in die Hände und ging
     auf sie zu.
    Das Licht, das durch das Panoramafenster einfiel, blendete Dengler; er sah den Mann erst, als er knapp vor ihm stand und selbst,
     als er ihn nun erkennen konnte, dauerte es einige Augenblicke, bis er wusste, dass er ihn bereits einmal gesehen hatte.
    Es war der Banker, der im Frühstücksfernsehen die Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialhilfe gefordert hatte. Der Mann sprach
     überraschend leise und trotzdem mit rau klingender Stimme: »Lassen Sie mich doch einen Augenblick mit Herrn Dengler allein.«
    Die drei Männer bewegten sich zögernd, Merkel immer noch ein Taschentuch gegen sein blutendes Ohr drückend. Der Bankier begleitete
     sie bis zur Tür und bat sie, im Vorzimmer auf ihn zu warten. Dann schloss er behutsam die schwere, doppelt gefasste Tür und
     schritt zur Tischgruppe zurück, wo Dengler immer noch mit der Waffe in der Hand stand.
    Der Bankier war kleiner, als es sein Fernsehauftritt vermuten ließ, kaum ein Meter siebzig, schätzte Dengler, dunkelblauer
     Anzug, maßgeschneidert, blütenweißes Hemd mit hellroter Krawatte, die Dengler zu schreiend erschien, schüttere graue Haare,
     sorgfältig nach hinten gekämmt, und eine teuer wirkende goldene Brille. Etwas in der Statur des Mannes schien Dengler nicht
     stimmig, und er nahm seine Kontur noch einmal in sich auf. Der Kopf, dachte er, der Kopf ist zu groß für den kleinen Körper,
     kleine Ärmchen, der Körpererscheint wie ein Anhängsel an einen zu groß geratenen Schädel.
    »Dillmann«, stellte sich der Mann vor, »ich habe in der letzten Zeit einiges von Ihnen gehört, Herr Dengler.«
    Dengler schwieg.
    Dillmann schien nachzudenken. »Ich möchte mit Ihnen über das Geld sprechen.«
    »Über das Geld? Welches Geld?«
    »Das Geld. Ja.« Dillmann trat an das große Panoramafenster und blickte über die Stadt. Dann drehte er sich mit einer erstaunlich
     geschmeidigen Bewegung um.
    »Sehen Sie, das Geld hat ein eigenes Wesen.«
    Er fixierte Dengler mit unbeweglichen blauen Krokodilsaugen.
    »Es hat Bedürfnisse, leidet Hunger und Durst und kennt sogar Emotionen, wie jedes andere Wesen auch.«
    Er ist durchgeknallt, dachte Dengler.
    Dillmann fuhr fort: »Aber das Geld hat ein Problem, das es von Menschen und Tieren unterscheidet. Es hat weder Arme noch Beine
     und vor allem: Es hat keinen Mund, mit dem es sprechen und seine Wünsche äußern kann.«
    Dengler wartete.
    Der Bankier fuhr sich mit einer schnellen Bewegung an die Nase und sagte: »Trotzdem sind diese Bedürfnisse da. Und wie jede
     andere Gattung auch, will das Geld in erster Linie wachsen, größer werden und sich vermehren.«
    In diesem Augenblick verschwand die Sonne hinter der Horizontlinie Stuttgarts und die Panoramascheibe flutete goldrotes Licht
     in den Raum, gegen das sich Dillmann schwarz und schattig abhob. Dengler konnte sein Gesicht kaum mehr erkennen.
    »Wie soll das Geld seinen Willen nun kundtun?«, fuhr der Bankier fort. »Ich versichere Ihnen, es hat einen absoluten Überlebenswillen,
    
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