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Die Bibel Verstehen

Die Bibel Verstehen

Titel: Die Bibel Verstehen
Autoren: Anselm Gruen
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sei, dass er auf Gott, seinen Schöpfer, angewiesen sei. Er wollte sein wie Gott. Darin besteht die Ursünde des Menschen, sich über seine Menschlichkeit zu erheben und sich wie Gott zu gebärden.
    Wohin das führt, wenn der Mensch wie Gott sein will, das zeigen die drei Geschichten von Kain und Abel (Gen 4,1–16), von Noach und der Flut und vom Turmbau zu Babel. Wer immer wie Gott sein will, wer immer der Größte sein will, der kann sich nicht an seinem Bruder freuen. Er muss jeden, der ihn an Größe übertrifft, töten. Doch das Morden macht ihn nicht glücklich. Es erzeugt in ihm Schuldgefühle. Und die Schuld treibt ihn ruhelos in dieser Welt umher. Wer schuldig geworden ist, der kann es nicht mehr bei sich aushalten. Die Schuld treibt ihn wieder hin zu Gott, in dessen vergebender Liebe der Mensch allein zur Ruhe kommen kann.
    Die Erzählung von der Arche Noach (Gen 6,9–9,17) finden wir ähnlich bei vielen Völkern. In ihrdrückt sich die Erfahrung aus, dass der Mensch diese Welt durch seine Bosheit in ein Chaos zu stürzen vermag. Doch selbst die größte Flut kann die Welt nicht vernichten. Gott schließt seinen Bund mit den Menschen. Der Regenbogen wird zum Zeichen dafür, dass Gott zu dieser Welt steht und die Bosheit der Menschen umgreift, so dass sie die Schöpfung nicht verderben kann.
    Der Turmbau zu Babel (Gen 11,1–9) erinnert an das Streben des Menschen, immer höher hinaus zu wollen. Das gilt nicht nur für seine Bauten, die umso gefährdeter sind, je höher sie in den Himmel ragen. Das gilt für alles Tun. Wer wie Gott sein will, der verdirbt die Welt. Sein Götzenwerk stürzt in sich zusammen. Und wer wie Gott sein will, der isoliert sich. Er wird unfähig zu wahrer Kommunikation. Er sieht in allen Menschen nur den Feind. Daher weigert er sich, mit ihnen zu kommunizieren, sich und das Seine in der Sprache miteinander zu teilen: Die babylonische Sprachverwirrung beschreibt nicht etwas Vergangenes, sondern unseren heutigen Zustand. Sprachwissenschaftler haben unsere heutige Sprache «Wörterbuch eines Unmenschen» genannt. Da geht es nicht um Teilen, um gemeinsame Erfahrung von Liebe und Freude, sondern um Beherrschen, Bestimmen, Beeinflussen.
    Die ersten Kapitel im Buch Genesis wollen uns immer wieder an den eigenen Ursprung erinnern. Gott hat die Welt gut geschaffen. Und auch der Mensch ist gut. Aber zugleich werden wir erinnert an die Gefährdung durch das Böse. Indem wir die biblischen Geschichten meditieren, werden wir eingeladen, dankbar für die gute Schöpfung zu sein, mit Gott und im Geiste Gottes diese Welt zu gestalten und mit Gott immer wieder auszuruhen von den Werken, um Gottes Schöpfung zu genießen. Aber zugleich zeigen uns die Geschichten unsere Gefährdung auf. Wenn wir uns über unser Menschsein erheben, dann rächt sich das in unserem Leben. So zeigt uns die Bibel unsere Spannung zwischen dem Guten und dem Bösen, zwischen dem gelingenden Leben und dem Scheitern. Über allem aber steht Gott, der das Gute, das er geschaffen hat, auch in uns vollenden möchte.
     
     

I
     
m Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war wüst und leer. Finsternis lag über dem Abgrund und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.
    Da sprach Gott: Es werde Licht! Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis. Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag.
    Nun sprach Gott: Es werde ein Gewölbe inmitten der Wasser und scheide zwischen Wasser und Wasser! Und es geschah so. Gott machte das Gewölbe und es schied zwischen den Wassern unterhalb des Gewölbes und den Wassern oberhalb des Gewölbes. Gott nannte das Gewölbe Himmel. Es wurde Abend und es wurde Morgen: zweiter Tag.
    Nun sprach Gott: Es sammle sich das Wasser, das unter dem Himmel ist, zu einer Ansammlung und es erscheine das trockene Land! Und es geschah so. Gott nannte das trockene Land Erde und die Ansammlung des Wassers nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Dann sprach Gott: Es lasse die Erde Grünes her vorsprießen, Pflanzen, die Samen bringen, und Bäume, die Früchte auf der Erde tragen, in denen ihr Same ist! Und es geschah so. Die Erde brachte Grünes her vor, Pflanzen, die Samen bringen nach ihrer Art, und Bäume, die Früchte tragen nach ihrer Art, in denen ihr Same ist. Und Gott sah, dass es gut war. Es wurde Abend und es wurde Morgen: dritter Tag.
    Nun sprach Gott: Es
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