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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Lord
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zu kommen, und hielt gehorsam die Faust geballt. Zumindest so lange, bis Naraldi zurückkam, wollte er die Mahnung des Hospitarius beherzigen: Er würde nicht neugierig sein, würde nichts wissen wollen und sich auch nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie man die einstürzende Welt wieder ins Lot bringen könnte.

2
    DIE BESTE ALLER MÖGLICHEN WELTEN
    Ich erinnere mich noch gut, wie es war, als die Sadiri ankamen. Wir versammelten uns am Hafen, um ihnen zur Begrüßung zuzujubeln und sie, ich will es nicht leugnen, ein wenig zu begaffen. Die Sadiri halten sich für die Krone der menschlichen Zivilisation. Und nun wollten sie sich ausgerechnet auf Cygnus Beta niederlassen, dem galaktischen Hinterhof für Pioniere und Flüchtlinge! Die Neuankömmlinge waren offenbar bereit, mit ihren Traditionen zu brechen – schließlich war schon so vieles irreparabel zerbrochen, und manchmal ist es sinnvoller, etwas Neues zu schaffen.
    Sie sahen fast aus wie Cygnier – Augen, Haare und Haut in allen Brauntönen –, aber ihr Haar schillerte hell, und ihre Haut hatte einen etwas matteren Glanz, den man nur bei vollem Sonnenlicht bemerkte. Und da ihre Ankunft in die trockene Jahreszeit fiel, herrschte daran kein Mangel. Sie schauten in die Sonne und schienen erleichtert, weil es so warm war. Das mag so mancher nun anzweifeln, aber das Klischee vom »unergründlichen Sadiri« ist Unsinn. Sie haben eine Körpersprache. Und sie haben eine Mimik. Es mag nicht ihre Art sein, ihre Gefühle so zur Schau zu tragen wie die meisten anderen Leute, aber das heißt nicht, dass sie keine hätten.
    Nach einer feierlichen, aber kurzen Begrüßung durch Vertreter des Parlaments wurden sie mit allem diplomatischen Pomp zu ihren Siedlungen gebracht. In diesen Anfangszeiten hatten wir alle Mitleid mit den Sadiri und hielten uns vielleicht etwas zu viel darauf zugute, dass wir ihnen eine Zuflucht boten. Cygnus Beta ist keineswegs eine reiche Kolonie, aber wir können nachvollziehen, wie es ist, auf der Flucht vor Katastrophen, Kriegen und Seuchen verzweifelt nach einem Ort zu suchen, wo man willkommen ist. Viele Leute benehmen sich, als wäre Unglück eine ansteckende Krankheit, mit der sie nicht zu lange in Berührung kommen wollen. Sie nehmen einen zwar auf und finden die richtigen Worte und Gesten; wenn dann freilich Monate vergehen und man immer noch in ihrem Haus, ihrer Stadt oder ihrer Welt herumsitzt, lässt die Begeisterung allmählich nach.
    Wir hatten also Verständnis, und vielleicht wollten wir auch ein Zeichen setzen. Es gibt auf Cygnus Beta keine einzige Bevölkerungsgruppe, die ihre Herkunft nicht bis zu irgendeiner grauenhaften Katastrophe zurückverfolgen könnte. Heimatlos, sippenlos, unerwünscht – theoretisch waren die Sadiri bei uns genau am richtigen Platz.
    Mit dergleichen Überlegungen war ich am Tag ihrer Ankunft so beschäftigt, dass ich kaum hinhörte, als meine Freundin Gilda fragte: »Aber wo sind die Frauen?«
    Ich hätte besser aufpassen sollen.
    Es ist ja nicht so, als kämen keine rein männlichen Siedlergruppen nach Cygnus Beta. Oft werden die stärksten und unerschrockensten Vertreter vorausgeschickt, damit sie für einen gewissen Lebensstandard in den Kolonien sorgen, bevor man den Rest der Familie nachkommen lässt – und in manchen Kulturen sind das ausschließlich Männer. Bei uns auf Cygnus Beta läuft es dann oft so, dass diese Männer sich mit einheimischen Frauen zusammentun. Denn eines können Sie mir glauben, es gibt keine radikalere Fernbeziehung als die interstellare, besonders dann, wenn man mehr oder weniger allein auf einem Felsen gestrandet ist, wo sich die Kommunikation mit dem Rest der Galaxis – um Wochen zeitversetzt – auf Übertragungen durch den realen Raum über den nächsten Langstreckensatelliten beschränkt. Aber … sadirische Männer? Der Inbegriff von Moral und Traditionsbewusstsein, Gelehrte, die viel zu sehr in ihren Geistesübungen aufgehen, um sich von niederen Trieben überwältigen zu lassen? Ich konnte mir kaum vorstellen, dass sie sich mit den Einheimischen gemein machten, wie es die meisten Grenzlandburschen früher oder später taten.
    Zum Glück war ich in einer Position, in der ich meine Neugier befriedigen konnte. Ich arbeite als Zweite Assistentin für die Leiterin der Abteilung für Biotechnik der Provinz Tlaxce und komme daher viel herum, denn Tlaxce ist nicht nur die größte Provinz, sondern auch die Provinz mit den meisten neuen Siedlungen. Mit anderen Worten, es
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