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Die Beschenkte

Die Beschenkte

Titel: Die Beschenkte
Autoren: Kristin Cashore
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sobald er mit diesem Striemen am Kopf aufwachte.
    Wenn er König Murgon von dieser Begegnung erzählte und Murgon die Geschichte an König Randa weitergab, konnte es sehr schwierig werden für Lady Katsa. Randa wusste nichts von dem gefangenen Lienid, und noch weniger von Katsas Nebenbeschäftigung als Retterin.
    Katsa schüttelte sich unbehaglich. Diese Gedanken halfen nichts, jetzt war es zu spät. Sie mussten den Alten in Sicherheit und ins Warme bringen, und vor allem zu Raffin. Sie duckte sich tiefer in ihren Sattel und drängte ihr Pferd nach Norden.

Das Land bestand aus sieben Königreichen; sieben Königreichen mit sieben völlig unberechenbaren Königen. Warum um alles in der Welt sollte jemand Prinz Tealiff entführen, den Vater des Königs von Lienid? Er war ein alter Mann. Er hatte keine Macht, er hatte keinen Ehrgeiz, er war noch nicht einmal gesund. Es hieß, er würde die meiste Zeit am Feuer verbringen oder in der Sonne, über das Meer schauen, mit seinen Urenkeln spielen und niemandem zur Last fallen.
    Das Volk der Lienid hatte keine Feinde. Sie verschifften ihr Gold zu allen, die entsprechende Handelsware hatten, sie ernteten ihr eigenes Obst und züchteten ihr eigenes Wild, und sie blieben auf ihrer Insel, durch ein Meer von den anderen sechs Reichen getrennt. Sie waren anders als die anderen. Sie hatten ein charakteristisches dunkles Äußeres, besondere Sitten und liebten ihre Isolation. König Ror von Lienid war der friedlichste der sieben Könige. Er schloss keine Verträge mit den anderen, aber er führte auch keinen Krieg und regierte sein Volk gerecht.
    Es hatte nichts zu sagen, dass die Spione des Rats mit ihrem Netzwerk König Rors Vater in Murgons Kerker in Sundergefunden hatten. Murgon neigte nicht dazu, Unfrieden unter den Königreichen zu stiften, aber häufig war er, wenn gutes Geld floss, als Handlanger an den Verbrechen anderer beteiligt. Zweifellos hatte ihn jemand dafür bezahlt, den Großvater aus Lienid gefangen zu halten. Die Frage war, wer.
    Katsas Onkel Randa, König der Middluns, hatte mit dieser Sache nichts zu tun. Da konnte der Rat sicher sein, denn Oll war Randas Meisterspion und sein Vertrauter. Durch Oll wusste der Rat alles Wissenswerte über Randa.
    Außerdem war Randa gewöhnlich darauf bedacht, sich nicht mit den anderen Königreichen anzulegen. Sein Reich lag zwischen Estill und Wester auf der einen Achse und zwischen Nander und Sunder auf der anderen. Diese Lage war zu heikel, um Bündnisse zu schließen.
    Die meisten Unruhen verursachten die Könige von Wester, Nander und Estill. Sie waren alle drei aus dem gleichen Holz geschnitzt: hitzköpfig, ehrgeizig, neidisch, dazu noch gedankenlos, herzlos und wechselhaft. König Birn von Wester und König Drowden von Nander mochten ein Bündnis schließen und der Armee von Estill an dessen Nordgrenze zusetzen, aber sie konnten nie lange zusammenarbeiten. Plötzlich beleidigte einer den anderen, Wester und Nander wurden wieder Feinde und Estill verbündete sich mit Nander, um Wester zu schlagen.
    Und zu ihrem Volk waren die Könige nicht besser als zueinander. Katsa erinnerte sich an die Bauern von Estill, die sie und Oll vor Wochen heimlich aus ihrem provisorischen Gefängnis in einem Kuhstall befreit hatten. Sie hatten ihrem König Thigpen den Zehnten nicht zahlen können, weil Thigpens Armee ihre Felder zertrampelt hatte, als sie zumÜberfall eines Dorfs in Nander unterwegs gewesen war. Thigpen hätte es sein sollen, der den Bauern eine Entschädigung zahlte; selbst Randa wäre dazu bereit gewesen, wenn seine eigene Armee den Schaden angerichtet hätte. Doch Thigpen hatte die Bauern aufhängen wollen, weil sie den Zehnten nicht bezahlt hatten. Ja, Birn, Drowden und Thigpen gaben dem Rat viel zu tun.
    Das war nicht immer so gewesen. Die fünf Königreiche Wester, Nander, Estill, Sunder und die Middluns hatten es einst verstanden, friedlich nebeneinander zu existieren. Vor Jahrhunderten waren sie alle aus derselben Familie hervorgegangen, drei Brüder und zwei Schwestern hatten regiert und ihre Eifersüchteleien ohne kriegerische Auseinandersetzungen beigelegt. Doch diese alten Familienbande hatten längst ihre Bedeutung verloren. Die Menschen in den Königreichen waren von der Gnade derer abhängig, die zu ihren Herrschern aufstiegen. Es war ein Spiel, und die gegenwärtige Generation hatte keine Aussicht, zu gewinnen.
    Das siebte Königreich war Monsea. Die Berge trennten es von den anderen, so wie das Meer Lienid
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