Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bank

Die Bank

Titel: Die Bank
Autoren: Brad Meltzer
Vom Netzwerk:
den kleinen Verschlagen aus beigefarbenem Resopal hockt.
    »Was ist los?« erkundigt er sich, während ich mir die Augen reibe. »Macht das Neonlicht dich krank? Wenn du willst, gehe ich kurz hoch und hole deine Lampe … ich könnte auch deinen Perserteppich mitbringen …«
    »Kannst du bitte eine Sekunde die Klappe halten?«
    »Was ist passiert?« Schlagartig wird er ernst. »Geht es um Mom?«
    Das ist immer die erste Frage, wenn er mich aufgeregt erlebt. Vor allem, seit die Schuldeneintreiber ihr letzte Woche richtig Angst gemacht haben. »Nein, es geht nicht um Mom …«
    »Dann mach so was gefälligst nicht! Mir wäre fast das Kotzen gekommen!«
    »Tut mir leid … Es ist nur … Mir läuft die Zeit weg. Einer unserer Klienten … Lapidus sollte eine Überweisung tätigen, und mir hat eben jemand die Hölle heiß gemacht, weil sie immer noch nicht angekommen ist.«
    Charlie legt seine derben schwarzen Schuhe auf den Schreibtisch, kippt den Stuhl nach hinten und schnappt sich eine gelbe Dose mit Knetgummi von der Ecke des Tisches. Er hält sich die an die Nase, lupft den Deckel von der Knetmasse und schnüffelt den Geruch unserer Kindheit ein. Dann lacht er. Es ist das typische hohe Kleiner-Bruder-Lachen.
    »Wie kommst du darauf, daß das komisch ist?« will ich wissen.
    »Deshalb machst du dir Sorgen? Irgendein Kerl hat sein Spielgeld nicht gekriegt? Sag ihm, er soll bis Montag warten.«
    »Der Kerl heißt Tanner Drew.«
    Charlie läßt den Stuhl abrupt nach vorn sinken. »Ist das dein Ernst?« fragt er. »Wieviel?«
    Ich antworte nicht.
    »Komm schon, Ollie. Ich mach auch keinen Aufstand deswegen.«
    Ich sage immer noch nichts.
    »Hör mal, wenn du nicht damit rausrücken willst, warum bist du dann überhaupt runtergekommen?«
    Meine Antwort ist nur ein Flüstern. »Vierzig Millionen Dollar.«
    »Vierzig Millionen?« schreit er. »Bist du auf Droge?«
    »Du hast doch gesagt, du willst keinen Aufstand machen!«
    »Ollie, hier geht es nicht um ein paar Peanuts. Das ist eine achtstellige Summe! Selbst für einen Tanner ist das kein Kleingeld. Und dem Kerl gehört die halbe City …« Er verstummt schlagartig. Er begreift, daß meine Nerven zum Zerreißen gespannt sind.
    »Ich könnte wirklich deine Hilfe brauchen«, sage ich und beobachte seine Reaktion.
    Für jeden anderen wäre das ein gefundenes Fressen – ein Eingeständnis von Schwäche, das die Waagschale zwischen Walnußschreibtisch und beigefarbenem Resopal für immer neu definieren könnte.
    Mein Bruder sieht mir offen in die Augen. »Sag mir, was ich für dich tun soll.«
     
    Ich sitze auf Charlies Stuhl und tippe Lapidus’ Usernamen und sein Paßwort in die Tastatur. Ich hocke zwar nicht ganz oben auf dem Totempfahl, aber immerhin bin ich ein Juniorpartner. Der jüngste Juniorpartner zudem und der einzige, der direkt Lapidus unterstellt ist. In einer Firma mit nur zwölf Seniorpartnern bringt mich allein das schon weiter nach oben als die meisten anderen. Und wie ich ist auch Lapidus nicht mit einer Kreditkarte in der Tasche aufgewachsen. Aber der richtige Job beim richtigen Boß hat ihn auf die richtige Business School geführt, die ihn dann mit Privataufzügen nach oben katapultiert hat. Und jetzt ist er gewillt, diesen Gefallen zurückzuzahlen. Wie er mir schon vom ersten Tag an eingebleut hat: Der einfachste Plan funktioniert immer am besten. Ich helfe ihm, und er hilft mir. Wie Charlie suchen wir alle unseren eigenen Weg, eine Schuld zurückzuzahlen.
    Während ich mich auf dem Stuhl vorbeuge, warte ich, daß der Computer endlich hochfährt. Charlie sitzt hinter mir auf der Armlehne an meinen Rücken gelehnt und stützt sich auf meiner Schulter ab. Wenn ich meinen Kopf ein wenig neige, sehe ich unsere verzerrten Spiegelbilder auf dem gewölbten Computerschirm. Wenn ich schnell blinzle, sehen wir wie Kinder aus. Aber in dem Moment erscheint Tanner Drews Konto auf dem Bildschirm, und löscht alles andere aus.
    Charlies Blick wird sofort von dem Kontostand angezogen. 126023.164,27 Dollar. »Mein Konto ist so blank, daß ich nicht mal Mineralwasser zu meinen Mahlzeiten bestelle, und der Kerl glaubt, er hätte einen Grund, sich zu beschweren?«
    Was soll ich dagegen sagen? Selbst für unsere Bank ist das eine Menge Kleingeld. Eine Bank wie Greene & Greene allerdings nur eine Bank zu nennen hieße zu behaupten, Einstein wäre ganz gut in Mathe.
    Greene & Greene ist das, was man eine »Privatbank« nennt. Und das beschreibt sehr gut unsere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher