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Die Aussortierten (German Edition)

Die Aussortierten (German Edition)

Titel: Die Aussortierten (German Edition)
Autoren: Udo Brandes
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Kaffee ein. Sie saßen schweigend da, genossen den Espresso und zündeten sich anschließend eine Marlboro an. Als er ihr zusah, wie sie sich die Zigarette anzündete, musste er unwillkürlich denken „Meinte sie also ‚nach dem Essen’?“ Es wollte kein Gespräch aufkommen. De Wall schaltete schließlich, nachdem er Tessa gefragt hatte, ob es ihr Recht sei, NDR Info ein, weil er wusste, dass dort um diese Zeit der Nachtclub lief, und er hatte dunkel in Erinnerung, dass es heute Swing Jazz geben sollte, den er mochte. Er setzte sich wieder in den Sessel, und als ob die Musik bei Tessa etwas in Gang gesetzt hätte, nahm sie plötzlich seine Hand und sagte “Ulli, ich muss dir etwas sagen.“ De Wall schwieg. „Ich, ich, also neulich. Du weißt schon. Ich hatte gehofft, dass es möglich gewesen wäre. Ich hatte so eine Sehnsucht danach. Aber es ging einfach nicht. Als ob etwas in mir gelähmt ist. Weißt du, ich hatte natürlich schon Beziehungen zu Männern. Aber immer nur kurze. Irgendwie hat immer etwas gefehlt. ‚Hast eben nicht den Richtigen gefunden’, dachte ich immer. Und bei dir dachte ich, weil ich dich von ganzem Herzen mag, du bist endlich der Richtige. Aber dann war ich plötzlich wie gelähmt, obwohl ich es doch wollte. Es tut mir so leid. Ich wollte dir nicht weh tun.“
     
    „Ist schon gut,“ meinte de Wall.
     
    „Ja, aber ich möchte, dass du mich verstehst.“
     
    „Ach, Tessa, vielleicht sind wir in unserer Art gar nicht soweit voneinander weg. Es sei denn, dass du...“
     
    „Ja?“
     
    „Das geht mich nichts an.“
     
    „Du wolltest fragen, ob es sein könnte, dass ich lesbisch bin?“
     
    „Na ja, also...“
     
    „Ich bin’s nicht. Ganz bestimmt nicht. Eine Weile habe ich das natürlich auch erwogen, nicht weil ich so etwas in der Richtung gespürt hätte, sondern weil ich vom Kopf her darüber nachgedacht habe, warum mir die intime Nähe zu Männern so schwer fällt. Aber du kannst mir glauben, ich bin durch und durch hetero. Ich steh nicht auf Frauen.“
     
    „Dann weiß ich auch nicht weiter“, meinte de Wall.
     
    „Ich auch nicht,“ meinte Tessa. Und kaum hatte sie diese Worte gesagt, fing sie an zu weinen. Als de Wall sie so herzerweichend weinen sah, da kamen ihm selbst die Tränen. Er setzte sich zu ihr auf das Sofa und nahm sie in den Arm. Sie umarmte ihn und weinte sich an seiner Schulter aus.

 
    22. Kapitel
     
    OLDENBURGER TAGESZEITUNG
     
    Interview des Tages
     
    Unser Gesprächspartner heute: Erster Kriminalhauptkommissar Dr. Ulrich de Wall, Leiter des 1. Fachkommissariats bei der Polizeiinspektion Region Oldenburg
     
    Thema: Überfallserie auf Restaurants in Oldenburg und Wiefelstede
     
    „Wenn nicht heute, dann morgen“
     
    OTZ: Herr Dr. de Wall, seit dem letzten brutalen Überfall auf ein Restaurant in Wiefelstede, bei dem ein zufällig anwesender Polizist, der eingreifen wollte, schwer verletzt wurde, hat man von den „Aussortierten“ nichts mehr gehört. Glauben Sie, dass die Täter es selbst mit der Angst zu tun bekommen haben und aufhören mit den Überfällen?
     
    De Wall: Das kann schon sein. Darüber können wir aber letztlich nur spekulieren. Übrigens: Es handelt sich bei der Tätergruppe mit großer Wahrscheinlichkeit eben nicht um die politische Gruppe, die sich selbst „Die Aussortierten“ nennen, sondern um Trittbrettfahrer.
     
    OTZ: Der zuständige Oberstaatsanwalt Peter Bunjes soll nach einem Bericht des Hamburger „Wochenspiegels“ aber genau dieser Auffassung sein.
     
    De Wall: Ich kann dazu nur sagen, dass wir einvernehmlich und reibungslos mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten.
     
    OTZ: Die Darstellung des Wochenspiegels ist also falsch?
     
    De Wall: Ich weiß jedenfalls nicht, wie das Blatt auf solche Ideen gekommen ist. Staatsanwaltschaft und Polizei arbeiten hervorragend zusammen.
     
    OTZ: Wie ist der Stand er Ermittlungen? Haben Sie schon eine heiße Spur?
     
    De Wall: Wir verfolgen verschiedene Ansätze. Konkrete Details kann ich aus ermittlungstaktischen Gründen nicht nennen.
     
    OTZ: Wenn die Täter jetzt aufhören und es deshalb keine neuen Spuren mehr gibt – ist es dann überhaupt noch realistisch anzunehmen, dass die Täter jemals gefasst werden können?
     
    De Wall: Ich habe in meiner Zeit als Ermittler in Berlin viele alte Fälle neu bearbeitet. Davon konnte ich viele wegen der heute möglichen DNA-Analyse aufklären. Ich konnte aber auch alte Fälle lösen, bei denen es keine
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