Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grauen im Pentagon

Grauen im Pentagon

Titel: Grauen im Pentagon
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Das dunkle Loch der Revolvermündung glotzte mich an wie ein leeres, kaltes Auge. Ein Zeigefinger umklammerte den Abzug. Der Finger brauchte nur um eine Idee bewegt zu werden, dann war es aus mit mir.
    Und das passierte mir mitten in London. Nur war meine Bewegungsfreiheit eingeschränkt; denn ich saß im Fond eines dunklen Opel Omega, in den man mich auf die nette Art und Weise mit Hilfe eines Revolvers hineinkomplimentiert hatte.
    Dennoch blieb ich relativ gelassen. »Wenn Sie Geld wollen, sind Sie bei mir an der falschen Adresse. Niemand wird für mich zahlen.«
    Der Mann, der den Revolver hielt, schüttelte den Kopf. In seinem blassen Gesicht fielen besonders die kalten Fischaugen auf. Sein hellgelbes T-Shirt zeigte unter den Achseln Schweißflecken. Auf der Ablage hinter uns lag sein dünnes Jackett zusammengerollt. Er trug eine Jeanshose, seine Hände hatten etwas Prankenhaftes an sich. Der Fahrer war eleganter, auch nicht so grobschlächtig, aber ihn konnte ich vergessen. Mein Interesse galt dem Revolvermann.
    »Bitte«, sagte ich. »Geben Sie mir eine Antwort. Wieviel Geld wollen Sie haben?«
    »Kein Geld«, erwiderte Fischauge.
    »Oh wie nett. Dann kann ich ja wieder aussteigen und verschwinden.«
    »Das wirst du bleiben lassen. Es sei denn, du willst ein drittes Auge bekommen.«
    Jetzt meldete sich auch der Mann hinter dem Lenkrad. »Ich an Ihrer Stelle würde nicht so aggressiv werden, Mr. Sinclair.«
    Sie kannten also meinen Namen. Daß die Entführung kein Zufall gewesen war, daran hatte ich sowieso nicht glauben wollen. Sie wollten etwas von mir. Fragte sich nur, was ich ihnen getan hatte. Der Kerl mit dem Revolver sprach ein nicht sehr gutes Englisch. Zudem schien er mir Ausländer zu sein, denn seine direkte Aussprache klang ein wenig hart.
    Der Fahrer gab sich kultivierter, das bezog sich auch auf seine Kleidung. Sommerliches Leinen, modern geschnitten, und unter dem Jackett ein gestreiftes Hemd.
    »Sollen wir hier noch länger warten?« erkundigte ich mich. »Allmählich wird es mir warm.«
    »Nein, Mr. Sinclair, wir werden eine Spazierfahrt unternehmen.«
    »Und wohin, wenn ich fragen darf?«
    »Sie dürfen, aber Sie bekommen keine Antwort. Das Fahrtziel bestimmen allein wir.«
    »Gut.«
    Fischauge verzog die Lippen. »Noch mal«, sagte er, »keine Dummheiten. Es ist in deinem Interesse.«
    »In unser aller Interesse«, erklärte der Fahrer und startete den Omega. Die beiden hatten mich praktisch nahe einer U-Bahn-Station erwischt. Es war Samstag, ich wollte etwas einkaufen und hatte den Wagen in der Garage gelassen. Zum Einkaufen war ich nicht gekommen. Die Kerle tauchten aus dem Gewühl auf, und den übrigen Passanten fiel nicht auf, daß sie mich in ihre Mitte genommen hatten.
    Jetzt konnte ich nur noch abwarten.
    Der Motor summte leise, als das Fahrzeug aus der Parklücke glitt. Bisher hatte ich schräg gesessen, jetzt lehnte ich mich zurück und preßte meinen Hinterkopf gegen die Nackenstütze. Fischauge ließ mich nicht aus dem Blick. Er saß schräg, der Revolver blieb auf mich gerichtet. Für mich wäre die Sitzhaltung des Mannes mehr als unbequem gewesen. Das sagte ich ihm auch.
    »Gib nur acht, daß du nicht verkrampfst, Revolverheld, sonst bleibt die Kanone angewachsen in deiner Pranke.«
    Fischauge gab mir keine Antwort, dafür der Fahrer, denn er mußte bremsen. »Reizen Sie ihn nicht, Mr. Sinclair. Es ist wirklich besser für Sie, wenn Sie gar nichts tun.«
    »Heißt das, daß Sie mich nicht kidnappen oder umbringen wollen?« fragte ich spöttisch und gleichzeitig provokativ.
    »So ähnlich.«
    »Dann bin ich beruhigt.«
    »Dennoch würde ich es nicht darauf ankommen lassen. Auch wir haben unsere Grenzen.«
    »Wie Sie meinen, Mister.«
    Wir rollten der City of London entgegen, blieben einige Male im Verkehr stecken und fuhren schließlich in die nördliche Richtung. In Bioomsbury wurde es mit dem Verkehr etwas besser. Nur nahe des British Museum stauten sich noch die Wagen. An der Schlange glitten wir vorbei und kamen bis zum Torrington Square, einer schmalen, aber langgestreckten Grünfläche. Nördlich davon überragte der Bau des University College eine dichtbelaubte Baumgruppe. Auf dem Dach des Gebäudes wehten Fahnen im leichten Wind.
    Bis dorthin brauchten wir nicht. Der dunkelhaarige Mann hinter dem Lenkrad bog zuvor in eine schmale Seitenstraße ein, in der ich noch nie gewesen war.
    Man hatte hier saniert. Apartmenthäuser standen zwischen alten Bauten. Die neuen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher