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Die Atom-Lüge

Die Atom-Lüge

Titel: Die Atom-Lüge
Autoren: Sascha Adamek
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Schicksale: kranke Kinder, sterbende Kinder, nie geborene Kinder, und noch immer werden Kinder mit Fehlbildungen geboren – als Folge der Verstrahlung ihrer Eltern. Diese Schreckenszahlen werden in Zukunft weiter nach oben korrigiert werden müssen, denn noch immer leben weit mehr als fünf Millionen Menschen in radioaktiv kontaminierten Gebieten. Aber diese Hunderttausende von Opfern waren nicht gegen Atomunfälle versichert – auch die staatlichen Kernkraftwerke nicht.
    Auch die 17 deutschen Atomkraftwerke sind übrigens alle
zusammen nur bis zu maximal 2,5 Milliarden Euro durch die Konzerne selbst versichert – alles, was im Fall eines GAUs über diese Schadensgrenze hinausgeht, trägt der Staat, also wir Steuerzahler. Die Kosten eines Super-GAUs in unserem dicht besiedelten Mitteleuropa werden auf fünf Billionen Euro geschätzt – so errechnete es die Prognos AG im Auftrag des damals FDP-geführten Bundeswirtschaftsministeriums 1992. Die Versicherungsgrenze von 2,5 Milliarden für alle Atomkraftwerke hat da eher einen symbolischen Charakter. Den leider 2010 verstorbenen SPD-Energie-Experten und Träger des Alternativen Nobelpreises Hermann Scheer hat das zu einem anschaulichen Vergleich animiert: »Das ist so, als ob 17 Autofahrer Vollkasko bekommen, obwohl nur einer bezahlt.« 6 Ob Hunderttausende von Menschen im Fall einer Katastrophe die notwendige Hilfe oder – wenn man dieses Wort überhaupt verwenden sollte – Schadensregulierung erhalten oder nicht, hängt dann vom Gutdünken und den vorhandenen Haushaltsmitteln des Staates ab, in dem die Katastrophe stattfindet. Ein Vierteljahrhundert nach der Tschernobyl-Katastrophe verschlingen die Nachfolgekosten noch immer rund 5 Prozent des gesamten Bruttoinlandprodukts in der Ukraine.
    Die Risiken der Atomwirtschaft trägt nicht die Atomwirtschaft, denn sie fände genauso wenig eine Versicherung auf dem freien Markt wie ein Autofreak, der seinen alten zerbeulten Golf 1 – ohne Türen und funktionierendes Licht zu versichern suchte. Insofern braucht die milliardenschwere Versicherungswirtschaft auch durch Fukushima keinen Super-GAU für ihre Bilanzen zu befürchten. Die weltweit operierende deutsche Rückversicherung Munich Re jedenfalls verkündete kurz nach dem Einsetzen der Fukushima-Katastrophe, ihr drohten keine größeren Verluste. Denn erstens sei
die Versicherungsdichte in den Erdbebengebieten geringer als anderswo in Japan, und zweitens biete man gegen die Folgen atomarer Unfälle ohnehin keinen Versicherungsschutz. Nikolaus von Bomhard sagte dazu der Welt am Sonntag: »Für die Versicherungsbranche wäre eine weitergehende Risikoübertragung wegen der Addition möglicher Schäden nicht verantwortbar. « Der Grund dafür liegt auf der Hand: Versicherungen gleichen das eigene Verlustrisiko mit den statistischen Eintrittswahrscheinlichkeiten von Schadensfällen ab. Skiunfälle, Haushalts- oder Autounfälle, Zugunglücke oder Seilbahnabstürze werden von Versicherungen reguliert – und sogar Extrembergsteiger, Autorennfahrer und Paraglider finden eine Versicherung. Anders verhält es sich bei den rund um den Globus verteilten 443 Atomreaktoren (Stand April 2011). Statistiker und Ingenieure quälten im Auftrag der Atomlobby jahrzehntelang ihre Zahlen so lange, bis sie der Öffentlichkeit von verschwindend geringen Unfallwahrscheinlichkeiten künden konnten. So hieß es noch 1979, eine Kernschmelze mit massenhaftem Austritt von Radioaktivität könne in deutschen (!) Reaktoren nur alle zwei Milliarden Jahre vorkommen – obwohl einige deutsche Reaktoren nur wenige Jahre jünger sind als die in Fukushima-Daiichi. Das sogenannte Restrisiko – eine empörende Verharmlosung – eines Super-GAUs hat keine wirklich vorstellbare Größenordnung, darum lässt sich dieses Spiel mit dem atomaren Höllenfeuer auch nicht versichern. Und selbst bei den mittelbaren Katastrophenfolgen – etwa im Fall Japans den Produktionsstopps von Autofirmen – hält sich Munich Re lieber zurück. Es komme auf jede einzelne Police an.
    Letztlich tragen wir als Steuerzahler und Verbraucher die Folgen solcher Unfälle, während Banken und Kreditversicherer an den teuren Investitionen der Atombranche kräftig mitverdienen.
Wie diese Geldströme in Form von Milliardengewinnen und versteckten Subventionen verlaufen und welche Politiker sie ermöglichten, versucht dieses Buch offenzulegen. Wer aber zum Taschenrechner greifen möchte, um auszurechnen, wie die tödliche Bilanz der
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