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Die Astronauten

Die Astronauten

Titel: Die Astronauten
Autoren: Stanislaw Lem
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Sauerstoffapparates.
    »Sauerstoff?!«
    »Ja, flüssigen Sauerstoff.«
    Ich sprang auf, sank aber gleich wieder in mich zusammen.
    »Das nützt ja alles nichts. Ich habe auch schon daran gedacht.Sauerstoff allein explodiert doch nicht. Er muß doch mit einem brennbaren Stoff vermengt werden.«
    »Richtig.«
    »Wir haben aber nichts Brennbares.«
    »Doch, wir haben etwas.«
    »Was?«
    Er zog zwei kleine, flache Päckchen aus der Tasche. Es war der gepreßte Zucker. In meinem Kopf dämmerte es.
    »Pjotr!«
    »Du weißt doch, daß man Sprengstoff herstellen kann, indem man flüssigen Sauerstoff mit Kohlenstaub oder Ruß mischt. Bei der Entzündung verbindet sich der Sauerstoff explosionsartig mit dem Kohlenstoff. Zucker ist eine Kohlenwasserstoffverbindung und ist mithin brennbar. Unser Zucker hier ist fein wie Staub und zerbröckelt leicht.«
    »Deshalb hast du also vorhin gefragt?«
    »Ja.«
    »Und hast mir nichts gesagt?«
    »Ich habe erst einmal berechnet, welche Energie die Ladung entwickeln kann, über die wir verfügen. Ich weiß nicht, auf welche Länge die Decke des Stollens niedergebrochen ist. Wenn es nur an dieser Verengung der Fall ist, dann schaffen wir es vielleicht. Brennstoff, Zucker besitzen wir am wenigsten. Sauerstoff haben wir reichlich, weil wir glücklicherweise den doppelten Vorrat mitgenommen haben. Sollte uns die Sprengung gelingen, so reicht er auch noch für später, wenn wir draußen sind. Es besteht aber eine andere Schwierigkeit. So eine Ladung muß auf elektrischem Wege zur Explosion gebracht werden.«
    Ich nickte eifrig. »Wir haben doch die Batterien.«
    »Ja, wir haben die Batterien, und deshalb spare ich auch mit dem Licht. Aber es fehlt uns ein Kabel. Hier, das ist unser ganzer Reichtum.« Er zeigte mir ein ungefähr drei Meter langes Stück isolierten Draht. »Ich habe ihn aus dem Elektrometer herausgenommen. Aus dem Skaphandern können wir keinen herausziehen; denn wir dürfen ja die Helme nicht absetzen, und deshalb ...«, er stockte, »... und deshalb muß jemand die Ladung an Ort und Stelle anzünden.«
    »Deshalb hast du also nicht mit mir darüber gesprochen?«
    »Ja.«
    Plötzlich kam mir ein Gedanke. »Da hast du wohl gar nicht geschlafen, Pjotr?«
    »Nein.«
    »Die ganze Nacht hindurch nicht?«
    »Nein. Ich suchte nach einer anderen Möglichkeit.«
    »Und hast du eine gefunden?«
    »Nein. Wir dürfen ja die Helme nicht abnehmen«, wiederholte er. »Wir würden uns doch sofort vergiften.«
    »Vielleicht können wir mit dem Pulver aus den Revolverpatronen eine Lunte machen«, schlug ich vor.
    »Das geht nicht. Die Explosion würde entweder überhaupt nicht eintreten oder zu schwach sein. Gewiß, das Pulver brauchen wir auch noch, wir müssen es ans Ende der Drähte schütten, damit es die Detonation verursacht. Die Zündung aber muß durch Elektrizität erfolgen.«
    »Warte ... könnte man nicht mit dem Revolver in die Ladung schießen?«
    »Auch daran habe ich gedacht. Meine Berechnungen haben jedoch ergeben, daß wir genau fünf Sprengladungen brauchen, und die müssen gleichzeitig zur Entzündung gebracht werden. Sonst bahnen wir uns keinen Weg ins Freie, sondern vergrößern nur noch den Einbruch.«
    »Ja ...«, antwortete er nach einem Zögern. »Du hast recht. Einer von uns muß es tun ... Wollen wir losen?«
    »Ich mag dies nicht dem Zufall überlassen. Es wäre erniedrigend.«
    »Was soll also geschehen?«
    Er schwieg.
    »Vielleicht gibt es doch noch einen Ausweg?«
    »Den gibt es. Erstens weiß ich als Physiker genau, unter welchen Bedingungen sich die Explosion am stärksten auswirkt und zweitens ... als Leiter der Expedition ...«
    »Ich verstehe. Sprich nicht zu Ende. Es kommt überhaupt nicht in Frage.«
    »Ich bin aber sicher, daß es mir gelingen würde. Freilich, ich will dir nicht befehlen, es mir zu überlassen.«
    »Dazu hast du auch kein Recht!«
    »Ich habe kein Recht dazu?«
    »Nein, aus zwei Gründen ... nach dem, was ich tun wollte. Ich gehe!«
    Arsenjew zog die Streichholzschachtel aus der Tasche und reichte sie mir. »Gerade Zahl – dann gehst du, ungerade – ich.«
    Ich zählte die Hölzchen auf den Stein. Es sah wie ein Spiel aus. Ich legte ein weißes Streichholz neben das andere, meine Lippen bewegten sich: »Dreizehn, vierzehn, fünfzehn, sechzehn, siebzehn ...«
    »Leer«, sagte Arsenjew.
    Ich schüttelte die Schachtel. Es fiel noch ein Streichholz heraus.
    Arsenjew wandte sich um und begann den Zucker mit der abgebrochenen Picke zu
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