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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)
Autoren: Walter Wüllenweber
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Klasse scheint eine Plastikfolie zwischen die Schichten gezogen zu haben. »Alle Studien zeigen: Unten kommt nichts an«, sagt Markus Grabka. Womöglich ist die Veränderung bei der Verteilung des Reichtums einer der Gründe für die Zurückhaltung der Wohlhabenden in der Öffentlichkeit. Man will den Verlierern im Verteilungsspiel ihre Niederlage nicht auch noch unter die Nase reiben. Man will sie nicht aufwecken.
    Der versteckte Hedonismus
    Jeanette Fiedler ist ständiger Gast in der Welt hinter dem verwitterten Gartenzaun. Sie ist vereidigte Sachverständige für Edelsteine und Schmuck. Zudem ist sie Geschäftsführerin des Uhren Schmuck Edelsteine Bildungszentrums in Pforzheim. »Ich kenne den Inhalt von so manchem Tresor«, sagt Frau Fiedler. Der Schmuckmarkt wächst solide. Vor allem besonders teure Stücke sind gefragt wie nie. Doch in der Öffentlichkeit sieht man den Schmuck nur selten. »Noch in den 80er Jahren haben die Ehefrauen der Vermögenden zu den kleinsten Anlässen den größten Schmuck getragen und hergezeigt«, sagt Frau Fiedler. »Heute trägt man höchstens mal einen Zweikaräter. Aber im Tresor stapeln sich die Fünfkaräter.« Nur, wenn die deutsche Öffentlichkeit nicht zuschaut, wird der Schmuck tatsächlich auch angelegt. »Auf Auslandsreisen, in den USA, da trauen die Frauen sich. Oder wenn man unter sich ist. Da zeigt natürlich jede, was sie hat.«
    Wie lebt man Reichtum aus, wenn man ihn nicht zeigen mag? Das Sammeln alter Bugattis, Mercedes, Bentleys oder Jaguars ist eine akzeptierte Form, seinen Besitz zu zeigen. »Nachhaltiger Hedonismus«, die sympathische Wortschöpfung stammt von Martin Halder. Die Folge des Trends: »Die Oldtimerbranche ist in den letzten 15 Jahren schneller gewachsen als die IT -Branche«, sagt Halder. Der frühere Dozent an der European Business School ( EBS ) fährt selbst mit einem alten Porsche durch Berlin. Er kennt viele Gleichgesinnte, deren Oldtimersammlung die Kapazität selbst der größten Tiefgarage unter der heimischen Villa sprengt. Das brachte ihn auf die Idee der » Meilenwerke«. In stillgelegten und luxussanierten Industrieanlagen stellen Autosammler ihre wertvollsten Schätze aus. Im Meilenwerk finden alle Gewerke Platz, die der Oldtimerfreund zu seinem Glück braucht: Sattlereien und Restauratoren. Die Werkstätten haben sich auf Fabrikate aus jeweils einem Land spezialisiert. Es riecht nach Öl, Gummi und rußigen Abgasen. Aber auch Versicherungsvertreter und ein Clubraum der Rotarier haben unter dem Dach der finanzstarken Kundschaft eine Heimat gefunden. Die Exponate selbst stehen in Glasvitrinen, in denen das Klima vom Computer gesteuert wird.
    Die Meilenwerke sind für jedermann geöffnet, der Eintritt ist kostenlos. Am Wochenende drücken sich Autoliebhaber aller sozialen Schichten die Nasen an den Glaskästen platt. Hier also führen die Reichen einen Teil ihres Millionenvermögens vor. Hier zeigen sie, was sie haben. Hier outen sie sich.
    Nicht ganz. An den Glaskästen stehen keine Namen der Eigentümer. Als ich ihn nach den Autobesitzern frage, macht Martin Halder ein Gesicht wie der Chef einer Schweizer Privatbank, der nach dem Inhaber eines Nummernkontos gefragt wird. Das Meilenwerk-Geheimnis ist ihm heilig wie das Bankgeheimnis. Einen Unterschied gibt es indes: Wer selbst im Meilenwerk ausstellt, darf wissen, wem welches Stück gehört. »Der richtige Luxus erschließt sich nur einer Gruppe von Wissenden«, erklärt Halder. »Das ist echte Exklusivität.«
    Halder versichert, dass viele seiner exklusiven Kunden im Alltag Golf fahren, um ja nicht aufzufallen. Meilenwerke gibt es in Stuttgart, Zürich und in Berlin. In der Hauptstadt plant Halder gerade einen spektakulären Umzug. Auf die Insel. Eiswerder ist ein vergessenes Idyll mitten in der Havel. Gestrüpp wuchert zwischen hundert Jahre alten Werkhallen aus Backstein. Im Schilf schnattern die Enten. An warmen Sommertagen kann man zur Spandauer Zitadelle schwimmen. Auf dem Wasser will Halder eine kleine Marina bauen. Hier sollen anonyme Sammler von Luxusyachten ihre Lieblinge ausstellen. Am Ufer lassen sich Bootsbauer nieder. Die Oldtimer ziehen mitsamt der Glaskästen in die alten Werkhallen auf der Insel. Die ehemaligen Verwaltungsgebäude bieten Platz für Uhrmacher, Instrumentenbauer, Modedesigner und natürlich für Künstler. Eiswerden soll eine Freizeit- und Shopping-Insel für superreiche Hedonisten werden. Was ist schon die Friedrichstraße in Mitte? Da drängen sich
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