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Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)

Titel: Die Asozialen: Wie Ober- und Unterschicht unser Land ruinieren - und wer davon profitiert (German Edition)
Autoren: Walter Wüllenweber
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sie aktives Nichtwissenwollen.
    Der Informationsmangel hat Folgen: Über Unbekanntes kann man schlecht streiten. Weil über die Vermögen, den wahren Reichtum, so wenig bekannt ist, beschäftigt sich die Gesellschaft mit ihrem Lieblingsfeindbild: den Besserverdienern. Die sind nicht so weit weg. Die kennt man noch. Dabei bleibt Reichtum auch für sie fast immer ein unerfüllter Traum.
    Besserverdiener, wie naiv! Das sind oft die tüchtigen Angestellten. Die Vorstellung jedoch, abhängig Beschäftigte könnten es zu echtem Reichtum bringen, ist eine Illusion. Die Besserverdienenden sind das falsche Feindbild. Die Endlosdebatte über hohe Arbeitseinkommen sind Ersatzdiskussionen, die nur einer Gruppe dienen: der Geldelite. Ihr kommt die Konzentration auf eine gerechte Verteilung der Einkommen sehr gelegen. Besser könnte es für sie gar nicht laufen. Die Aufmerksamkeit ist abgelenkt von einem Nebenaspekt des Reichtums. Solange sich die Gesellschaft an Boni und Vorstandsbezügen festbeißt, achtet niemand auf das Wesentliche: Die wahre Dimension des Reichtums ist nicht das Einkommen, sondern das Vermögen.
    Die Ungleichheit beim Einkommen wirkt wie der Mond in der Sonnenfinsternis. Ein kleiner Planet verdeckt einen größeren und viel bedeutenderen: die Verteilung der Vermögen.
    Was ist schon Einkommen? Die Habenden wissen: Für das Einkommen muss man zuerst etwas leisten, bevor man es bekommt. Die Vermögenden hingegen haben schon. Für sie ist die Substanz ihres Reichtums entscheidend, weniger der Zugewinn. Einkommen ist allenfalls der Weg zum Wohlstand. Die Vermögenden sind längst am Ziel. Der Graben zwischen den 99 Prozent und denen ganz oben folgt nicht den Einkommens-, sondern den Vermögensgrenzen.
    Die Umverteilung nach oben
    Vermögen ist ungleicher verteilt als Einkommen. Genau genommen ist die Ungleichheit um das Dreifache höher. 22 »Und die Vermögenskonzentration hat in den letzten Jahren noch weiter zugenommen«, hat Markus Grabka vom SOEP nachgewiesen. Der Elitenforscher Michael Hartmann kommt zu demselben Ergebnis: »Einen wirklich deutlichen Zugewinn an Vermögen hatte in den letzten Jahren nur das reichste eine Prozent der Gesellschaft, am meisten das reichste Promille.«
    1970 besaßen die reichsten zehn Prozent der Gesellschaft 44 Prozent des gesamten Vermögens. 23 Ihr Anteil ist auf inzwischen 66,6 Prozent angewachsen. 24 Wäre das Vermögen ein Kuchen, hätten die Wenigen heute zwei Stück mehr, die Vielen zwei Stück weniger. Bei der Umverteilung nach oben geht es nicht um Cent-Beträge: Das Gesamtvermögen der Deutschen beträgt 6,6 Billionen Euro. 25 Würde der Vermögenskuchen heute nach demselben Verteilungsschlüssel aufgeteilt wie 1970, dann müssten die reicheren zehn Prozent 1,5 Billionen Euro abgeben. An die ärmeren 90 Prozent. Die wären mit einem Schlag um 20000 Euro reicher. Pro Person! Zu anderen Zeiten wäre eine Umverteilung in einem solchen Ausmaß Grund genug für eine blutige Revolution gewesen.
    Das obere Zehntel verfügt also inzwischen über zwei Drittel des Vermögens. »Die Schere geht jedoch auch zwischen oben und ganz oben auseinander«, sagt Elitenforscher Hartmann. Arbeiten wir uns in der Reichtumspyramide nach oben, zu dem berühmten einen Prozent. Ihm gehört mehr als ein Drittel des gesamten Reichtums. Damit besitzt das reichste Prozent mehr als die ärmeren 90 Prozent. Die großen Gewinner der Umverteilung des jüngsten Jahrzehnts sind die oberen 80000, das reichste Promille. Sie sind Privateigentümer fast eines Viertels des Vermögens aller Deutschen.
    Die Vermögensverteilung noch einmal in Kurzform: 26
    –die ärmeren 90 Prozent besitzen 33,4 Prozent
    –das reichste Zehntel besitzt 66,6 Prozent
    –das reichste Prozent besitzt 35,8 Prozent
    –das reichste Promille besitzt 22,5 Prozent
    Wem diese Ungleichheit den Atem raubt, dem droht bei der nächsten Zahl ein Erstickungsanfall. Die genannten Daten über die Vermögensverteilung beziehen sich auf das gesamte Eigentum. Zieht man davon die selbst bewohnten Immobilien ab, bleibt im Wesentlichen das Finanzkapital übrig. 27 Vom Finanzkapital besitzen die reichsten fünf Prozent insgesamt drei Viertel.
    Früher glaubten viele Wissenschaftler an den »Trickle-down-Effekt«. Der Reichtum tröpfelt von oben durch die Gesellschaft nach unten. So haben alle etwas davon. Geht es den Reichen gut, geht es allen gut. Der »Trickle-down-Effekt« war eine wichtige Legitimation der Ungleichheit. Doch die besitzende
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