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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher
Autoren: Anja Krueger
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EIOPA.« Wer wirklich zehn Minuten braucht, hat vielleicht noch einen Abstecher zur Evangelischen Hoffnungsgemeinde gemacht, die auf dem Weg liegt. Die Agentur hat einen ordentlichen Sicherheitszuschlag auf die Zeitangabe gegeben. In so etwas ist sie geübt. Sicherheit ist ihre Aufgabe. Im vierzehnten und fünfundzwanzigsten Stock des grünglasigen Westhafen Towers sitzt die europäische Aufsicht über die Assekuranz in den 27 Ländern der Europäischen Union. Die Agentur ist jung, bald wird sie viel mehr Platz brauchen. Erst 2011 hat sie die Arbeit aufgenommen, 2013 oder 2014 werden die europäischen Politiker prüfen, ob sie sich bewährt hat. Knapp 60 Leute arbeiteten Ende 2011 hier, bis 2014 sollen es 100 bis 120 sein.
    Manchmal wenden sich verärgerte Kunden, die sich von ihrem Versicherer über den Tisch gezogen fühlen, an EIOPA. Sie sind hier falsch. Kommen die Beschwerden aus Deutschland, werden ihre Eingaben an die BaFin weitergeleitet – oder an den europäischen Ombudsmann. Trotzdem ist die Arbeit von EIOPA für Verbraucher ungeheuer wichtig. Die Agentur soll verhindern, dass die Versicherer in Schieflage geraten und untergehen.
    Wegen der stets fließenden Beiträge haben die Versicherer anders als die Banken zwar kein Liquiditätsproblem, sie haben aber langfristige Verpflichtungen, denen sie nachkommen können müssen. Sie müssen die Garantieverzinsung für ihre Kunden erwirtschaften und eine wettbewerbsfähige Überschussbeteiligung bieten können. Das wird immer schwieriger, denn die Zinsen für Wertpapiere sind niedrig. Versicherer stecken viel Geld in die sogenannten festverzinslichen Wertpapiere, denn diese Anlagen sind sicher. Bei einer ganzen Reihe von Gesellschaften läuft es nicht rund, sie verkaufen keine neuen Verträge mehr. Nicht nur die ERGO-Tochter Victoria hat ihr Neugeschäft eingestellt. Auch andere wie die Bayerische Beamten Leben, die Delta Llyod, die Familienschutz Leben und die Plus Leben der Stuttgarter Leben haben den sogenannten Run-off bereits eingeleitet.
    Was in der Frankfurter EIOPA-Zentrale im großen Sitzungssaal mit den blau bezogenen Stühlen und den großen Flachbildschirmen entschieden wird, dürfte so manchem Manager in den Vorstandsetagen der Versicherungsunternehmen zwischen Gibraltar und dem Nordkap den Schweiß auf die Stirn treiben. Dabei hat die Agentur – möglicherweise noch – keinen unmittelbaren Zugriff auf die Gesellschaften, kann ihnen direkt keine Vorschriften machen oder Strafen gegen sie verhängen. Aber hier wird über das Projekt Solvency II verhandelt, das in der gesamten europäischen Versicherungsbranche mit großem Argwohn beobachtet wird. Dahinter verbirgt sich ein ganzes Bündel verschiedenster Maßnahmen. Die Europäische Union wird die Gesellschaften dazu zwingen, genug eigenes Kapital vorzuhalten, um auch große Belastungen zu überstehen. Außerdem gibt es rigidere Vorschriften für die Kapitalanlage, und die Versicherer sollen nicht mehr Risiken von Kunden übernehmen, als sie sich leisten können. Gesellschaften mit wenig Eigenkapital und hochriskanten Investments können nach dieser Logik weniger Geschäfte machen als Unternehmen mit viel Eigenkapital und sehr sicher angelegtem Vermögen. Damit soll verhindert werden, dass ein Versicherer sich an den Börsen verzockt und die Bürger die Zeche zahlen, indem sie zum Beispiel ihre Altersvorsorge abschreiben müssen oder als Geschädigte auf hohen Kosten sitzen bleiben.
    Das klingt einfach, ist aber eine hoch komplizierte Sache. Denn festzulegen, wie viel ein Versicherer in Aktien, Staatsanleihen oder Immobilien investieren kann, bis es kritisch wird, ist eine heikle Entscheidung. Dazu bedarf es genauer Abwägungen, welches Papier, welches Investment wie bewertet wird. Ist die Investition in ein griechisches Einkaufszentrum genauso sicher wie die in ein Mietshaus in der Kölner Innenstadt? Sind Aktien genauso riskant wie Immobilien? Die Versicherer wollen, dass ihre Kapitalanlagen als möglichst sicher gelten. Je riskanter die Anlage, desto mehr Kapital müssen sie dagegenhalten. Griechische Staatsanleihen galten bis zum Ausbruch der Staatsschuldenkrise als absolut sicher, irische, italienische und portugiesische ebenfalls. Auf europäischer Ebene wird auch überSicherungssysteme diskutiert, die fallende Versicherer auffangen können. »Dafür soll es einheitliche Regeln geben«, sagt EIOPA-Beiratsmitglied Gatschke.
    Deutschland hat mit Protektor für Lebensversicherer und mit Medicator
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