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Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Titel: Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
Autoren: Erica Spindler
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dieser schniefende kleine Jammerlappen. Er wollte zu seiner Mommy, er wollte zu Harlow. Er konnte nichts ertragen. Deshalb habe ich seinen Platz eingenommen. Ich bin der Starke.“ Er schlug sich mit dem Revolverkolben gegen die Brust. „Ich konnte alles ertragen, was Kurt austeilte.“
    Anna konnte nur mühsam begreifen, was da vorging. Doch plötzlich erinnerte sie sich an ein Gespräch mit Ben im Café du Monde. Er hatte von seiner Arbeit berichtet und die Auswirkungen von Kindheitstraumata auf die Psyche Erwachsener erläutert, deren extremste Ausprägung die Aufspaltung der Psyche in verschiedene Persönlichkeiten darstellte.
    Sie versuchte sich zu erinnern, was er genau gesagt hatte. Dass diese Aufspaltung in multiple Persönlichkeiten ein Schutzmechanismus der Psyche sei und bei Menschen vorkomme, die in früher Kindheit wiederholtem sadistischen Missbrauch ausgesetzt waren. Die verschiedenen Persönlichkeiten erfüllen bestimmte Funktionen für die Gastpersönlichkeit.
    Adam hat Kurts Misshandlungen ertragen.
    „Du hast Kurt ertragen“, sagte sie leise mit bebender Stimme. „Aber was ist mit Ben? Was war seine … Aufgabe, wenn du dich um Kurt gekümmert hast?“
    „Ben erntete den Ruhm, der Arsch. Er war immer Mommys guter Junge. Er bekam die tolle Ausbildung und erntete die Lorbeeren.“ Er verzog verächtlich den Mund. „Der Bedauernswerte erkannte nicht mal, dass ich ihm den Weg geebnet und ihm alles ermöglicht habe. Ich habe alles Unangenehme für ihn eingesteckt, damit er nicht leiden musste. Und er bildete sich ein, er sei der Einzige.“
    Ben wusste nicht, dass er eine multiple Persönlichkeit ist. Er wusste nichts von Adam und seinen Plänen.
    Die Erkenntnis tröstete sie ein wenig.
    Er schwenkte die Waffe in ihre Richtung. „Ich habe Kurt schließlich erledigt. Ich! All die Jahre, in denen du Angst vor ihm hattest, war er schon Madenfutter. Heute habe ich die alte Hexe abserviert. Und jetzt ist die kleine Harlow dran.“
    „Damit wir quitt sind?“
    „Verdammt richtig“, sagte er stolz. „Die große Savannah Grail war leicht auszutricksen. Ich nutzte ihre Eitelkeit und ihre Schuldgefühle, und sie lieferte mir ihre Tochter ohne nachzudenken aus. Bens Mutter, diese verwirrte alte Schachtel, tat immer, was ich wollte. Ich zog mit ihr nach New Orleans und wusste, Ben würde nachkommen und denken, sie versinke tiefer in ihre Verwirrtheit. Ben spielte mit und reagierte in jeder Phase so, wie ich es vorausgeplant hatte. Genau wie Minnie. Ich hatte sie alle unter Kontrolle.“
    „Wirklich?“ Anna zog skeptisch eine Braue hoch. „Mir scheint, Minnie hat dich einige Male ausmanövriert.“
    „Diese Minnie ist eine echte Nervensäge. Hat mich manchmal richtig überrascht, die Kleine, als sie Ben einschaltete oder diesen Detective anrief. Aber ich kann ihr nicht böse sein, sie hat mir über die Jahre immer wieder ausgeholfen. Besonders, wenn Kurt seine Freunde mitbrachte. Das war ein wirklich feiner Haufen, wenn du verstehst, was ich meine. Sie half mir aus, indem sie …“
    „Sprich nicht so über sie!“ schimpfte Jaye plötzlich mit schriller, zitternder Stimme. „Du verdienst nicht, sie zu kennen!“
    Er richtete seinen leeren Blick auf sie. „Du bist ein verdammtes Ärgernis, weißt du das? Ich möchte, dass du dein freches Maul hältst.“
    Er sagte das im Plauderton, als rede er übers Wetter. Aus Angst um ihre Freundin lenkte Anna seine Aufmerksamkeit wieder auf sich. „Also wusste Ben nichts von dir … oder Minnie … oder mir.“
    Er drosselte den Motor, als sie in flacheres Wasser kamen. „Die Lady bekommt hundert Punkte.“
    Es grauste Anna bei der Vorstellung, wie furchtbar Timmys Misshandlungen gewesen sein mussten, wenn sich seine Psyche aus Selbstschutz gespalten hatte. „Was ist mit Timmy?“ fragte sie. „Wo ist er jetzt?“
    Adam verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln. „Weg.“
    „Weg? Das verstehe ich nicht.“
    Er entgegnete ungeduldig: „Wir sind fast da, ich will nicht mehr darüber reden.“
    Anna ignorierte das. „Er kann nicht weg sein, weil du ein Teil von ihm bist.“
    „Halt die Klappe.“
    „Timmy“, sagte sie. „Ich bin es, Harlow. Bist du da?“
    „Halt die Klappe“, wiederholte er.
    „Es tut mir so Leid. Ich wusste nicht, dass du noch lebst. Sie sagten mir, du seist tot“, beteuerte sie mit tränenerstickter Stimme. „Wir hätten dich geholt, wir hätten dich alle geholt. Ich habe dich lieb gehabt.“ Tränen verschleierten ihren
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