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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
Autoren: Jonas Jonasson
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zwei Stunden. Und jetzt auch noch ein dreigängiges Mittagessen für alle, ausgenommen die kleine Celestine. Die war ja immer noch nicht hier. Ob Nombeko wohl wusste, wo sie sich aufhielt?
    Das wusste die soeben aufgewachte Nombeko nicht. Aber dass irgendetwas vorgefallen sein musste, war offensichtlich.
    »Ist sie mit der Bombe verschwunden?«, sagte Holger 2 und fühlte, wie allein der Gedanke seine Fieberkurve schon wieder steigen ließ.
    »Nein, die Bombe sind wir ein für alle Mal los, mein Lieber«, sagte Nombeko. »Heute ist der erste Tag vom Rest unseres Lebens. Ich erklär es dir später, aber jetzt essen wir erst mal was, und dann will ich zum ersten Mal seit ein paar Tagen duschen und mich umziehen, bevor wir Celestine suchen gehen. Übrigens – das war ein toller Einfall, uns Kleidung zu bestellen, Gräfin!«
    Das Mittagessen hätte wunderbar geschmeckt, wenn Holger 1 nicht die ganze Zeit gejammert hätte, weil seine Freundin verschwunden war. Wenn sie nun die Bombe gezündet hatte, ohne dass er es miterleben durfte?
    Nombeko sagte zwischen zwei Bissen, dass Holger es zwangsläufig miterlebt hätte, wenn Celestine das getan hätte, aber das sei ja nicht der Fall, denn sonst säßen sie jetzt nicht hier und äßen Trüffelpastete, statt tot zu sein. Außerdem befände sich das, was sie seit ein paar Jahrzehnten gequält hatte, inzwischen auf einem anderen Kontinent.
    »Ist Celestine auf einem anderen Kontinent?«, fragte Holger 1.
    »Komm, iss jetzt«, sagte Nombeko.
    Nach dem Mittagessen duschte sie, zog sich neue Kleider an und ging an die Rezeption, um gewisse Obergrenzen bei den zukünftigen Bestellungen der Gräfin Virtanen zu besprechen. Sie schien ein bisschen zu sehr auf den Geschmack gekommen zu sein, was ihren neuen adligen Lebensstil anging, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie sich einen Privatjet und ein Privatkonzert von Harry Belafonte bestellte.
    Unten an der Rezeption sprangen ihr jedoch die Abendzeitungen ins Auge. Die Schlagzeile des Expressen – über einem Bild von Celestine im Clinch mit zwei Polizisten – lautete:
    HIER WIRD DIE
    SINGENDE FRAU
    FESTGENOMMEN
    Eine jüngere Frau mittleren Alters war tags zuvor auf der E4 nördlich von Stockholm wegen eines Verkehrsdelikts von der Polizei angehalten worden. Statt sich auszuweisen, hatte sie behauptet, Édith Piaf zu sein, und von da an nur noch Non, je ne regrette rien gesungen. Und das so lange, bis sie in ihrer Zelle einschlief.
    Die Polizei wollte kein Bild veröffentlichen, aber der Expressen wollte sehr wohl und hatte zu diesem Zweck auch eine Reihe vorzüglicher Fotos von Privatpersonen gekauft. Erkannte jemand diese Frau wieder? Sie war offensichtlich Schwedin, denn mehrere fotografierende Zeugen hatten ausgesagt, dass sie die Polizisten auf Schwedisch beleidigt hatte, bevor sie sich aufs Singen verlegte.
    »Ich glaube, ich weiß, was für Beleidigungen das waren«, murmelte Nombeko, vergaß darüber völlig, mit der Rezeption über die Obergrenzen beim Roomservice zu sprechen, und kehrte mit einem Exemplar der Zeitung in die Suite zurück.
    Die Nachbarn der schwer geprüften Eltern Gunnar und Kristina Hedlund in Gnesta entdeckten das Bild auf der ersten Seite des Expressen . Zwei Stunden später war Celestine in der Zelle des Polizeireviers im Zentrum von Stockholm mit ihrer Mutter und ihrem Vater wiedervereint. Celestine merkte, dass sie gar nicht mehr wütend auf die beiden war, und sagte, sie wolle einfach nur raus aus der verdammten Zelle und ihnen ihren Freund vorstellen.
    Die Polizei wünschte sich nichts mehr, als die lästige Frau endlich loszuwerden, aber erst gab es da noch so einiges zu klären. Der Kartoffellaster hatte falsche Kennzeichen gehabt, aber wie sich herausstellte, war das Fahrzeug nicht gestohlen. Eigentümerin war Celestine Hedlunds Großmutter, eine verrückte alte Dame von achtzig Jahren. Sie nannte sich Gräfin und meinte, als solche über jeden Verdacht erhaben zu sein. Wie die falschen Nummernschilder an ihren Wagen gelangt waren, konnte sie sich auch nicht erklären, aber sie konnte sich gut vorstellen, dass das irgendwann in den Neunzigern passiert sei, als sie ihn mehrfach an jugendliche Kartoffelpflücker aus Norrtälje ausgeliehen hatte. Dass man den jungen Burschen aus Norrtälje nicht trauen konnte, wusste die Gräfin ja schon seit dem Sommer 1945.
    Nachdem Celestine Hedlund identifiziert war, gab es keinen Grund mehr, sie länger festzuhalten oder Untersuchungshaft zu
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