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Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)

Titel: Die Analphabetin, die rechnen konnte: Roman (German Edition)
Autoren: Jonas Jonasson
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absuchte. Ingmar hätte das benutzte Kondom eben nicht im Auto vergessen dürfen.
    Tja, aber passiert war passiert, und es war doch immerhin ein Segen, dass er diesen Karton mit amerikanischen Militärkondomen gefunden hatte, denn die Dinge mussten ja in der richtigen Reihenfolge geschehen, damit nichts Falsches dabei herauskam.
    Womit Ingmar nicht meinte, dass er zuerst Karriere machen und ein solides Familieneinkommen sichern wollte. Er arbeitete in der Post von Södertälje, oder bei der Königlich Schwedischen Post, wie er selbst immer sagte. Sein Lohn war durchschnittlich und es sah ganz so aus, als würde das auch so bleiben.
    Henrietta verdiente fast doppelt so viel wie ihr Mann, denn sie war geschickt und flink mit Nadel und Faden und hatte einen großen, treuen Kundenkreis. Die Familie hätte gut leben können, wäre da nicht Ingmar gewesen mit seinem Talent, Henriettas Ersparnisse immer schneller durchzubringen.
    Kinder gern, wie gesagt, aber zuerst musste Ingmar seine Lebensaufgabe erfüllen, und die erforderte seine volle Konzentration. Bis diese Aufgabe erfüllt war, durfte es keine Nebenprojekte geben, die mit der Sache nichts zu tun hatten.
    Henrietta protestierte gegen den Sprachgebrauch ihres Mannes. Kinder waren das Leben und die Zukunft, keine Nebenprojekte.
    »Wenn das so ist, dann kannst du deinen Karton mit den Soldatenkondomen mitnehmen und auf dem Küchensofa schlafen«, erklärte sie.
    Ingmar wand sich. Natürlich hatte er nicht gemeint, dass Kinder nebensächlich waren, es war eben nur so, dass … ach, Henrietta wusste doch Bescheid. Die Sache mit Seiner Majestät dem König. Ingmar musste diese Sache einfach zuerst erledigen. Es würde ja auch nicht ewig dauern.
    »Bitte, liebste, beste Henrietta. Können wir nicht auch heute Nacht zusammen schlafen? Und vielleicht ein bisschen für die Zukunft üben?«
    Und natürlich schmolz Henriettas Herz. Wie schon so oft in der Vergangenheit und wie noch so oft in der Zukunft.
    Was Ingmar seine Lebensaufgabe nannte, war das Projekt, dem König die Hand zu schütteln. Es hatte mit dem Wunsch angefangen, sich dann aber zu einem unverrückbaren Ziel entwickelt. Wann genau es in reine Besessenheit umschlug, war wie gesagt nicht leicht zu bestimmen. Da war es leichter zu erklären, wann und wo das Ganze begonnen hatte.
    Am Samstag, dem 16. Juni 1928, wurde Seine Majestät der König Gustaf V . siebzig Jahre alt. Der damals vierzehnjährige Ingmar Qvist fuhr mit seinen Eltern nach Stockholm, um erst vor dem königlichen Schloss ein Fähnchen zu schwenken und anschließend in den Skansen zu gehen – wo man Bären und Wölfe hielt!
    Doch die Pläne mussten ein wenig abgeändert werden. Wie sich herausstellte, herrschte am Schloss viel zu großes Gedränge, also stellte sich die Familie in ein paar hundert Meter Entfernung an die Straße, über die angeblich die königliche Kutsche kommen sollte, der offene Landauer mit dem König und seiner Victoria.
    Und so war es auch. Worauf sich alles viel schöner entwickelte, als Ingmars Eltern es sich hätten ausmalen können. Denn direkt neben der Familie Qvist standen ungefähr zwanzig Schüler des Internats Lundsberg, die hier warteten, um Seiner Majestät einen Blumenstrauß zu überreichen und für die Unterstützung zu danken, die die Schule nicht zuletzt dem Engagement von Kronprinz Gustaf Adolf zu verdanken hatte. Es war so vereinbart, dass der Landauer hier kurz anhalten und der König aussteigen, den Strauß entgegennehmen und sich bei den Kindern bedanken sollte.
    Alles lief wie geplant, der König bekam seine Blumen, aber als er sich umdrehte, um wieder einzusteigen, fiel sein Blick auf Ingmar. Und er blieb stehen.
    »Was für ein hübsches Kerlchen«, sagte er, machte zwei Schritte auf den Jungen zu und zauste ihm das Haar. »Warte, hier hab ich was für dich«, sagte er und zog aus der Innentasche seiner Jacke eine Karte mit Jubiläumsbriefmarken, die gerade zum Ehrentag des Königs erschienen waren.
    Er reichte dem jungen Ingmar die Briefmarken, lächelte und meinte: »Du bist mir ja wirklich ein Zuckerstückchen!« Dann zauste er ihm noch einmal die Haare, bevor er wieder in die Kutsche zu seiner Königin stieg, die ihn schon wütend anfunkelte.
    »Hast du dich auch ordentlich bedankt, Ingmar?«, fragte seine Mutter, als sie sich davon erholt hatte, dass Seine Majestät der König ihren Sohn berührt – und ihm auch noch ein Geschenk gemacht hatte.
    »Äh … nee«, stotterte Ingmar, der wie vom
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