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Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Die Alhambra oder das neue Skizzenbuch (German Edition)
Autoren: Washington Irving
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merkwürdige Werk der spanischen Literatur; vor allem aber eine Anzahl jener veralteten, staubigen, in Pergament gebundenen Chroniken, welche bei mir in besonderer Achtung stehen.
    In dieser alten Bibliothek habe ich manche köstliche Stunde ruhigen, ungestörten literarischen Fouragirens hingebracht, denn die Schlüssel zu den Thüren und Bücherschränken wurden mir freundlich anvertraut und ich allein gelassen, um nach meinem Belieben umher zu stöbern – ein seltenes Zugeständniß in diesen Heiligthümern der Gelehrsamkeit, welche nur zu oft den Wißbegierigen bei dem Anblick versiegelter Quellen des Wissens schmachten lassen.
    Im Laufe dieser Besuche sammelte ich folgende Einzelnheiten in Betreff der fraglichen historischen Charaktere.
    Die Mauren von Granada betrachteten die Alhambra als ein Wunder der Kunst und hatten eine Sage, der König, der sie gebaut, habe sich mit Zauberei abgegeben, oder sey doch ein Alchymist gewesen, wodurch er in den Stand gesetzt worden wäre, sich die unermeßlichen Summen Goldes zu verschaffen, welche bei dem Baue derselben verschwendet wurden. Eine kurze Uebersicht seiner Geschichte wird das wirkliche Geheimniß seines Reichthums darlegen.
    Der Name dieses Königs war nach der Inschrift auf den Wänden einiger Gemächer Abu Abdallah (d. h. Vater von Abdallah), allein in der maurischen Geschichte heißt er gewöhnlich Muhamed Abu Alahmar (d. h. Muhamed Vater des Alahmar), oder einfach Abu Alahmar, der Kürze wegen.
    Er war im Jahr der Hegira 591, und nach der christlichen Zeitrechnung 1195 zu Arjoua aus der edlen Familie der Bena Nasar, oder Kinder Nasar’s geboren und seine Eltern sparten keine Kosten, ihn für den hohen Stand zu erziehen, zu welchem der Reichthum und das Ansehen seiner Familie ihn berechtigten. Die Sarazener Spaniens waren in der Bildung weit vorgeschritten, jede Hauptstadt war ein Sitz der Gelehrsamkeit und Künste – so daß es leicht war, die besten Lehrer für Jünglinge von Stand und Vermögen zu erhalten. Als Abu Alahmar das mannbare Alter erreicht hatte, wurde er als Alcayde oder Statthalter von Arjoua und Jaen angestellt und machte sich durch seine Güte und Gerechtigkeit sehr beliebt. Einige Jahre später, nach Abou Hud’s Tod, spaltete sich die maurische Macht in Spanien in Factionen und viele Plätze erklärten sich für Muhamed Abu Alahmar. Da er lebendigen Geistes und hohen Ehrgeizes war, ergriff er die Gelegenheit, machte eine Reise durch das Land und wurde überall mit Beifallrufen empfangen. Im Jahre 1238 hielt er unter dem lebhaftesten Jubel der Menge seinen Einzug zu Granada. Er ward mit allen Zeichen der Freude als König ausgerufen und wurde bald das Haupt der Moslemin in Spanien, da er der erste des erlauchten Stammes von Beni Nasar war, der auf dem Thron gesessen hatte. Seine Regierung machte ihn zu einem Segen seiner Unterthanen. Er gab die Statthalterschaft seiner verschiedenen Städte den Männern, die sich durch Tapferkeit und Klugheit ausgezeichnet hatten und bei dem Volke am beliebtesten waren. Er setzte eine wachsame Polizei ein und erließ strenge Gesetze zur Handhabung der Gerechtigkeit. Die Armen und Unglücklichen hatten stets freien Zutritt zu ihm und er sorgte persönlich für Beistand und Abhülfe. Er errichtete Hospitäler für Blinde, Alte und Kranke und alle solche, welche nicht arbeiten konnten und besuchte sie oft – nicht an festgesetzten Tagen mit Pracht und Prunk, so daß Zeit blieb, alles in Ordnung zu bringen und jeden Mißbrauch zu verstecken, sondern plötzlich und unerwartet; durch eigene Beobachtung und genaue Prüfung unterrichtete er sich von der Behandlung der Kranken, und dem Benehmen derer, welche zu ihrem Beistande angestellt waren. Er gründete Schulen und Universitäten, welche er auf gleiche Weise besuchte, und wohnte persönlich dem Unterrichte der Jugend bei. Er ließ Fleischbänke und öffentliche Backöfen bauen, damit das Volk gesunde Nahrung zu billigen und regelmäßigen Preisen erhielt. Er führte reiche Wasserleitungen in die Stadt, ließ Bäder und Brunnen, Kanäle und Röhren bauen, um die Vega zu bewässern und fruchtbar zu machen. Durch diese Mittel herrschte Reichthum und Ueberfluß in dieser schönen Stadt; an ihren Thoren drängte sich der Handelsfleiß und die Waarenhäuser waren mit dem Luxus und den Gütern aller Länder und Himmelsstriche gefüllt.
    Während Muhamed Abu Alahmar sein reizendes Land so weis und glücklich regierte, bedrohten ihn plötzlich die Schrecken des
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