Die Akte Rosenthal - Seelenfischer-Trilogie 03
Display. Sein Herz hämmerte schmerzhaft in seiner Brust. Auf dem Display erschien eine weitere Meldung: „Sie haben eine neue Nachricht.“ Er klickte darauf und wollte eben das Evangelium in der Übersetzung durch Rabbi Rosenthal lesen, als sein Handy erneut klingelte. Diesmal war Magali dran.
„Hallo Liebes“, meldete er sich.
„Lukas?“ Die Stimme seiner Frau klang zaghaft, irgendwie verängstigt.
„Was ist passiert?“ Lukas Pulsschlag beschleunigte sich erneut. „Geht es dir und dem Baby gut?“ Seit Magali ihm noch in Südtirol von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte, durchlebte Lukas alle Höhen und Tiefen des werdenden Vaters.
„Nein, keine Sorge, alles bestens. Aber ich habe eben ein Einschreiben von einem Notariat aus der Schweiz erhalten.“
„Ja, und? Was war in dem Umschlag?“
„Nur ein Zettel mit dem Namen einer Züricher Bank und ein Schließfachschlüssel.“
„Nicht schon wieder“, stöhnte Lukas auf. Die schienen geradezu ein Patent auf ihn zu haben.
„Da stand etwas auf dem Zettel.“ Magali flüsterte die Worte, als bereitete es ihr Schwierigkeiten, sie laut aussprechen.
Bei Lukas stellten sich nun endgültig alle Nackenhaare auf. „Was steht da?“, hauchte er tonlos. Er hörte, wie am anderen Ende Papier raschelte und Magali las ihm vor:
„ Ich überlasse dir den Schlüssel zur Büchse der Pandora, Lucia. Denn du bist das Licht, in der die Kirche verbrennen wird. Führe unseren Kampf fort!“ Seine Frau verstummte, aber Lukas konnte sie am anderen Ende atmen hören.
Er wusste, wer Lucia war. Es war der richtige Name seiner Frau. Zu Magali war sie erst in der Schweiz geworden.
Magali bestätigte es ihm nun. „Er stammt von Mutter. Ich erkenne ihre Schrift. Vermutlich befinden sich in dem Bankschließfach Mutters Manuskript, das ich bisher nicht in ihrem Nachlass gefunden habe und die Kirchendokumente, die sie für ihren Rachefeldzug gesammelt hat. Was soll ich tun, Lukas?“
Lukas musste nicht lange überlegen: „Ganz einfach. Wir werfen den Schlüssel in den Feuerschlund des Schicksalbergs.“
Magali stieß ein leises Lachen aus. Auch sie kannte den Herrn der Ringe. Niemand aus Lucies Umfeld entkam ihrer fantastischen Bibel. „Wie Frodo Saurons Ring?“
„Wie Frodo Saurons Ring.“ Lukas startete den Wagen. „Ich bin in zwanzig Minuten zuhause, Magali. Alles wird gut.“
EPILOG
ROM: Der Privatsekretär seiner Heiligkeit betrat das geheime Papstarchiv. Im gesamten Vatikan gab es keinen friedvolleren Ort als diesen. Die ruhige Atmosphäre des Raumes umfing ihn sofort. Auch der Heilige Vater wusste diese zu schätzen. Er besuchte diesen Ort, so oft es ihm möglich war, und schöpfte Kraft aus seiner Präsenz.
Zwölf halbhohe Marmorsäulen wuchsen vor ihm in der Mitte des Raums kreisförmig aus dem Boden. Wie stumme Wächter umrahmten sie eine dreizehnte Säule in ihrer Mitte. Jede war durch einen quadratischen Glaskasten gekrönt. In den einzelnen Marmorsäulen verbarg sich hochsensible Computertechnik, um das Klima im Inneren der Glaskästen zu regulieren. Die hinter den Glaskästen aufbewahrten Schriftrollen aus Pergament wurden bei konstanten 10 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von unter 30% konserviert.
Sieben beinahe gleichlautende Briefe an die Apostel Jesus ruhten in ihren Behältern: An Simon Petrus, Andreas, Philippus, Matthäus, an die beiden Jakobusse und Simon Zelotes.
Fünf fehlten: Die Apostelbriefe des Johannes und Bartholomäus waren verbrannt, dies ging aus einer Schrift des Simon Petrus hervor. Da sich Judas Iskariot nach dem Verrat an Jesus aus Scham selbst getötet hatte, ging man davon aus, dass er seinen Brief vorher vernichtet haben musste.
Das Schicksal der Apostelbriefe des Thomas und Thaddäus war unbekannt, doch die Suche nach ihnen lief auf der ganzen Welt weiter. Die Apostelbriefe waren von unvorstellbarem Wert und ihr Inhalt hochbrisant.
In diesem Raum befanden sich insgesamt acht der dreizehn bekannten Handschriften, die sein Herr, Jesus Christus, der Nachwelt hinterlassen hatte.
Seit fast zwei Jahren vergewisserte sich der Sekretär jeden Tag, dass sich der besondere Inhalt aus dem Schließfach des ermordeten Jesuitengenerals Ignazio Bentivoglio an Ort und Stelle befand.
Er näherte sich nun dem Objekt seiner Begierde.
Wie jeden Tag kam er hierher, um das Original des Evangelium seines Herrn, Jesus Christus, zu bewundern, das seit knapp zwei Jahren in der mittigen Säule in seinem Glasbehälter ruhte,
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