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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar
Autoren: Isabel Allende
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ihn ein, aber Beyé-Dokou wirbelte herum wie ein Kreisel, rollte sich nach rechts und links und war nicht zu treffen. Als Mbembelé mit einem Bein zu einem wilden Tritt ausholte, warf Beyé-Dokou sich gegen das andere. Der gewaltige menschliche Turm kippte nach hinten, landete wie ein Käfer auf dem Rücken und kam nicht wieder hoch.
    Bruder Fernando hatte sich mittlerweile von Mbembelés Ellbogenhieb erholt, seine Brille noch einmal sauber gewischt und stand nun wieder über den Kämpfern. Er hob die Hände, und als das Gebrüll der Zuschauer verstummte, verkündete er den Sieger. Alex sprang in den Ring und riss unter dem Jubel der Menge Beyé-Dokous Arm in die Höhe. Nur die Soldaten der Bruderschaft des Leoparden gaben keinen Laut von sich und starrten sprachlos auf ihren gefällten Kommandanten.
    ~
    Niemals zuvor waren die Einwohner Ngoubés Zeugen eines solchen Schauspiels gewesen. In ihrer Aufregung vergaßen sie völlig, warum es zu dem Kampf gekommen war, zu verrückt war die Tatsache, dass der Pygmäe den Giganten besiegt hatte. Dieses Ereignis war schon jetzt Teil ihrer Legende, unermüdlich würden sie es von Generation zu Generation weitererzählen. Mbembelé, der eben noch für einen Halbgott gehalten worden war, erging es nicht besser als jedem gefällten Baum: Von einer Minute auf die andere war er für die Leute nichts weiter als Brennholz. Dieser Sieg verlangte nach einem Fest. Begeistert wurden die Trommelngeschlagen, die Leute tanzten und sangen und vergaßen fürs Erste, dass sie soeben ihre Sklaven verloren hatten und völlig unklar war, wie es weitergehen sollte.
    Die Pygmäen hatten sich zwischen den Wachleuten und Soldaten hindurch auf den Kampfplatz gedrängt und hoben Beyé-Dokou hoch. In dem allgemeinen Freudentaumel achtete niemand auf Kommandant Mbembelé, der wieder auf die Füße gekommen war, einem der Wachmänner das Buschmesser aus der Hand riss und auf die Gruppe zustürzte, die mit Beyé-Dokou auf den Schultern einen Triumphzug durch die Menge machte, so dass der Pygmäe nun doch noch mit dem Kommandanten auf Augenhöhe war.
    Keiner sah genau, was dann geschah. Die einen sollten später sagen, das Buschmesser sei dem Kommandanten aus den ölglitschigen Fingern gerutscht, andere schworen, dass die Klinge wie von Zauberhand knapp vor Beyé-Dokous Hals in der Luft zum Stehen gekommen war und gleich darauf wie von einem Wirbelwind davongetragen wurde. Wie dem auch sei, jedenfalls erstarrte die Menge vor Schreck, und Mbembelé, von abergläubiger Furcht gepackt, entriss einem anderen Wachmann ein Messer und schleuderte es nach dem Pygmäen. Er verfehlte sein Ziel, denn Joel, der sich an ihn herangedrängt hatte, drückte in diesem Moment auf den Auslöser und blendete ihn mit dem Blitz.
    Da gab Kommandant Mbembelé seinen Soldaten den Befehl, auf die Pygmäen zu schießen. Kreischend stob die Menge auseinander. Frauen schleiften ihre Kinder zu den Hütten, Alte hasteten in Deckung, Hunde und Hühner flohen, und schließlich waren nur noch die Pygmäen, die Soldaten und die unentschlossenen Wachleute auf dem Platz. Kate und Angie liefen zu den Kindern der Pygmäen, die wimmerten und sich wie Welpen um die Beine der beiden alten Frauen drängten. Joel flüchtete sich unter den Tisch, auf dem das Essen für das Hochzeitsbankett angerichtet war, und schoss unablässig Fotos, ohne durch den Sucher zu schauen. Bruder Fernando und Alex standen mit ausgebreiteten Armen vor den Jägern und schirmten sie mit ihren Körpern ab.
    Möglich, dass einige Soldaten zu schießen versuchten und ihre Gewehre versagten. Möglich auch, dass andere, angewidert von dem feigen Befehl, auf unbewaffnete Menschen zu feuern, ihrembislang verehrten Kommandanten den Gehorsam verweigerten. Fest steht, dass auf dem Platz kein Schuss fiel und im nächsten Moment jeder der zehn Soldaten der Bruderschaft des Leoparden die Spitze eines Speers an der Kehle spürte. Die unscheinbaren Pygmäinnen waren in Aktion getreten.
    Nichts von alldem gewahrte Mbembelé in seiner blinden Raserei. Er begriff nur, dass seine Befehle nicht befolgt wurden. Da zog er den Revolver, zielte auf Beyé-Dokou und drückte ab. Wie die Kugel, abgelenkt von dem magischen Amulett, ihr Ziel verfehlte, sah er nicht mehr, denn ehe er ein zweites Mal den Abzug betätigen konnte, stürzte sich ein nie gesehenes Tier auf ihn, eine riesige schwarze Katze, schnell und wild wie ein Leopard und mit den gelb funkelnden Augen eines Panthers.

FÜNFZEHNTES
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