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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Autoren: Jaroslav Hasek
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gesund erklärt, und ich war verloren.«
    »Ich fürcht mich nicht ein bißl vor diesen Herrn«, verkündete Schwejk, »wie ich beim Militär gedient hab, hat mich ein Tierarzt untersucht, und es is ganz gut ausgefalln.«
    »Die Gerichtsärzte sind Schufte«, ließ sich ein kleiner verhutzelter Mensch vernehmen, »neulich hat man durch einen Zufall auf meiner Wiese ein Skelett gefunden, und die Gerichtsärzte ham gesagt, daß dieses Skelett vor vierzig Jahren durch den Hieb eines stumpfen Gegenstandes in den Kopf erschlagen worden ist. Ich bin achtunddreißig Jahre alt, und man hat mich eingesperrt, obwohl ich einen Taufschein, einen Auszug aus der Matrik und einen Heimatschein hab.«
    »Ich denk«, sagte Schwejk, »wir sollten alles von einer bessern Seite betrachten. Jeder kann sich irren, und er muß sich irren, je mehr er über etwas nachdenkt. Die Gerichtsärzte sind Menschen, und Menschen ham ihre Fehler. So wie einmal in Nusle, grad bei der Brücke über den Botitschbach, da is einmal in der Nacht ein Herr zu mir gekommen, wie ich vom ›Ban zet ‹ nach Haus gegangen bin, und hat mir mit einem Ochsenziemer eins übern Kopf gegeben, und wie ich am Boden gelegen bin, hat er auf mich geleuchtet und gesagt: ›Das is ein Irrtum, das is er nicht.‹ Und is darüber so in Wut geraten, daß er sich geirrt hat, daß er mir noch eins übern Rücken gehaut hat. Das liegt schon so in der menschlichen Natur, daß sich der Mensch bis zu seinem Tod irrt. Wie der Herr, was in der Nacht einen halb erfrorenen tollen Hund gefunden hat. Er nimmt ihn mit nach Haus und steckt ihn der Frau ins Bett. Wie sich der Hund erwärmt hat und zu sich gekommen is, hat er die ganze Familie gebissen und den Jüngsten in der Wiege hat er zerrissen und aufgefressen. Oder wer ich euch ein Beispiel erzähln, wie sich bei uns im Haus ein Drechsler geirrt hat. Er hat sich mit dem Schlüssel die Podoler Kirche aufgemacht, weil er geglaubt hat, daß er zu Hause ist, hat sich seine Schuhe ausgezogen, weil er geglaubt hat, daß das seine Küche ist, und hat |31| sich auf den Altar gelegt, weil er geglaubt hat, daß er zu Hause im Bett liegt, und hat paar von diesen Deckerln mit heiligen Inschriften auf sich gelegt und untern Kopf das Evangelium und noch andere geweihte Bücher, damit ers hoch unterm Kopf hat. Früh hat ihn der Küster gefunden, und er sagt ihm ganz gutmütig, wie er zu sich gekommen is, daß es ein Irrtum is. ›Hübscher Irrtum‹, sagt der Küster, ›wenn wir wegen so einem Irrtum die Kirche von neuem einweihen lassen müssen.‹ Dann is dieser Drechsler vor Gerichtsärzte gekommen, und die ham ihm bewiesen, daß er ganz zurechnungsfähig und nüchtern war. Wenn er besoffen gewesen wär, so hätt er herich mit dem Schlüssel nicht ins Schloß von der Kirchentür getroffen. Dann is dieser Drechsler in Pankrác gestorben. Oder noch ein Beispiel, wie sich in Kladno ein Polizeihund geirrt hat, der Wolfshund von dem bekannten Rittmeister Rotter. Rittmeister Rotter hat solche Hunde gezüchtet und hat Versuche mit Landstreichern gemacht, bis alle Landstreicher angefangen ham, dem Kladnoer Kreis auszuweichen. Da hat er den Befehl gegeben, daß die Gendarmen, kosts was kost, einen verdächtigen Menschen bringen solln. Da ham sie ihm einmal einen ziemlich anständig angezogenen Mann gebracht, den sie in den Laner Wäldern auf einem Holzstamm sitzen gesehn ham. Gleich hat er ihm ein Stückerl vom Rockschoß abschneiden lassen, den hat man den Gendarmeriepolizeihunden zu riechen gegeben, und dann ham sie diesen Mann in eine Ziegelei hinter der Stadt geführt und diese dressierten Hunde auf seine Spur losgelassen. Die ham ihn gefunden und wieder zurückgebracht. Dann hat der Mann über eine Leiter auf den Boden kriechen, über die Mauer klettern und in den Teich springen müssen und die Hunde hinter ihm. Zum Schluß hat sichs herausgestellt, daß der Mann ein tschechischer radikaler Abgeordneter war, der einen Ausflug in die Laner Wälder gemacht hat, wie er vom Parlament genug gehabt hat. Deshalb sag ich euch, daß alle Menschen Irrtümern unterliegen, daß sie sich irren, obs nun ein Gelehrter oder ein blöder ungebildeter Trottel is. Sogar Minister irren sich.«

    |32| Die Kommission der Gerichtsärzte, die darüber entscheiden sollte, ob der geistige Horizont Schwejks all den Verbrechen, deren er angeklagt war, entspreche oder nicht, bestand aus drei ungewöhnlich ernsten Herrn, deren Ansichten bedeutend auseinandergingen.
    Sie vertraten
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