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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition)
Autoren: Mia Morgowski
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Parklücke zu bugsieren. Victoria trägt einen schwarzen Mantel mit Fellkragen, kniehohe Stiefel und eine schwarze Wollmütze, unter der sie kaum zu erkennen ist.
    Als wir uns auf derselben Höhe befinden und ich endlich auch ihr Gesicht sehen kann, klopft mein Herz bereits so stark, dass mir spontan mein Vorsorgetermin beim Kardiologen wieder einfällt. Wenn die Aktion heute schiefgeht, hat er mit meinem Herzen womöglich alle Hände voll zu tun.
    Ich fahre das Fenster runter. «Hallo, Vic!», rufe ich und bin heilfroh, dass meine Stimme einigermaßen fest klingt.
    Überrascht reckt sie den Kopf zur Seite. Ich weiß ja nicht, mit wem sie gerechnet hat, aber mit mir offenbar nicht. Vor Schreck bleibt sie stehen. Ich halte den Wagen ebenfalls an und steige aus.
    In Victorias Miene lassen sich die unterschiedlichsten Emotionen ablesen: Misstrauen, Unverständnis, aber auch Freude, die sie durch eine gerunzelte Stirn zu überspielen versucht.
    «Was für ein Zufall, schön dich …» Ich bin so aufgeregt, dass ich fast vergesse weiterzusprechen. «… zu sehen! Du siehst aus, als wärst du in Eile, kann ich dich ein Stück mitnehmen? Ich fahre in die Hafencity.»
    Das Stirnrunzeln verdichtet sich. Ich kann sehen, wie es in ihr arbeitet.
    «Ich … also, ich schaffe das auch allein.» Sie blickt auf die Uhr. Nie im Leben würde sie es schaffen, pünktlich zu sein.
    «Na, wenn du meinst …» Ich mache eine Pause. Hinter mir hupt ein Wagen, da ich die Straße blockiere. «Ich muss mich beeilen, mein Termin ist bereits in fünf Minuten.»
    Inzwischen ertönt ein regelrechtes Hupkonzert hinter mir. Victoria ist sichtlich gestresst. «Und es würde dir auch wirklich nichts ausmachen?», fragt sie und geht bereits ein paar Schritte auf den Wagen zu.
    Ja, komm schon, noch fünf Meter!
    «Kein Stück. Schnell, steig ein.»
    Ich halte ihr die Wagentür auf, und mit Victoria weht eine Brise Sommerwiese light an mir vorbei, die mich komplett außer Gefecht setzt. Dementsprechend schweigend verläuft unsere Fahrt. Bei aller Planung habe ich diesen Moment leider komplett außer Acht gelassen. Und spontan fällt mir leider auch nichts ein. Außerdem wäre es ja wohl an ihr, etwas zu sagen. Sie ist die Frau – ich muss mich auf den Verkehr konzentrieren!
    Doch Victoria scheint in Gedanken bereits bei ihrem Vorstellungsgespräch zu sein. Schweigend sieht sie aus dem Fenster. Vielleicht ist das auch besser so, sonst hätte ich mich möglicherweise verplappert.
    Wir erreichen die Hafencity in Rekordzeit. Ohne zu fragen, wohin sie genau möchte, bremse ich vor der Villa der Lembkes. Das Gartentor wurde neu gestrichen, es steht weit offen und lädt zum Betreten des Grundstücks ein. Der schön geflieste Weg wurde sorgfältig gefegt und die Haustür auf Hochglanz poliert.
    «Woher weißt du, dass ich hierhermuss?», fragt Victoria misstrauisch, als sie die Hausnummer mit ihrem Computerausdruck vergleicht.
    «Das wusste ich nicht», lüge ich. «Dies ist die Adresse, zu der ich wollte.»
    Victoria sieht aus, als wüsste sie nicht, ob sie lachen oder weinen soll. Nur mit Mühe gelingt es ihr, die Fassung zu bewahren. Fast tut sie mir ein bisschen leid, andererseits habe ich in den letzten Wochen ebenfalls ausreichend gelitten, sodass wir nun quitt sind.
    Ganz langsam scheint sie zu begreifen, was hier vor sich geht. «Was soll das, Alex? Steckst du etwa hinter dem Vorstellungsgespräch?» Man hört deutlich die Enttäuschung in ihrer Stimme. «Hättest du nicht einfach im Laden vorbeikommen und ganz normal mit mir reden können, anstatt mich schon wieder an der Nase herumzuführen?»
    «Es gibt keinen Grund, sich aufzuregen», sage ich schnell, «du hast hier tatsächlich ein Vorstellungsgespräch. Los, lass uns reingehen, wir sind spät dran.»
    Ich steige aus dem Auto und tauche Sekunden später auf der Beifahrerseite auf, um Victoria die Tür zu öffnen. Stocksteif sitzt sie im Polster und krallt sich an ihrer Handtasche fest. Ich reiche ihr die Hand.
    «Nun komm schon!», fordere ich sie auf. «Was hast du zu verlieren?»
    Das Argument scheint sie zu überzeugen. Sie ignoriert meine Hand und steigt elegant allein aus dem Wagen aus. Einen Augenblick später durchqueren wir gemeinsam den winterlichen Vorgarten.
    Ich drücke die Türklinke runter und lasse Victoria eintreten. Drinnen hört man die aufgeregte Stimme der Möhre, dann das tiefe Gelächter eines Mannes. Wie verabredet führe ich Victoria durch den Flur und vorbei an den
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