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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Autoren: Luise Buechner
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3. April 1866 einen Vertrag mit
Govone
ab, dessen Hauptbestimmung also lautete: »Wenn die Unterhandlungen, welche Preußen mit den übrigen deutschen Regierungen, zum Behuf einer
Reform des deutschen Bundes
eröffnen wird, scheitern, und der König sich genöthigt sieht, die Waffen zu ergreifen, um seinen Vorschlägen Geltung zu verschaffen, so wird
Italien
, nachdem Preußen die Initiative ergriffen hat, ebenfalls den Krieg an Oestreich erklären. Von diesem Augenblick an wird es den Krieg führen, nach allen Kräften, die ihm zur Verfügung stehen, und weder
Italien
noch
Preußen
schließen Frieden oder Waffenstillstand ohne gegenseitiges Einverständniß! Dieser darf aber nicht verweigert werden, wenn Oestreich Lombardo-Venetien an Italien abgibt, und einen, dieser Provinz an Bevölkerung gleichen Landstrich Preußen überläßt!« 8 –
    Durch dieses Bündniß suchten sich Preußen nun, im eignen wie im deutschen Interesse, und Italien, ihres langjährigen Unterdrückers zu entledigen. Noch ehe der Vertrag abgeschlossen war, hatte Bismarck sein Aeußerstes gethan, sich zum unpopulärsten Manne in Deutschland zu machen, indem er, um freie Hand zu gewinnen, mit den Kammern reinen Tisch machte und sie abermals nach Hause schickte. Fast gleichzeitig unternahm er jenen entscheidenden Schritt für eine deutsche Bundesreform, welcher in dem obigen Vertrage angedeutet ist; ein preußisches Rundschreiben an die deutschen Regierungen legte klar an den Tag, wie Preußen, bei einem wahrscheinlich ausbrechenden europäischen Kriege, Deutschland allein sichere Garantien bieten könne, sich fest zu consolidiren und dem Schicksale Polen's, zerstückelt zu werden, zu entgehen. Die Regierungen lehnten jedoch jedes Eingehen auf dieses Schreiben ab. Oestreich versuchte darauf die ihm anhänglichen Staaten in eine entschiedne Opposition zu Preußen zu versetzen, und in dem Kaiserstaate, wie auch in dem ihm eng verbundnen Sachsen, begann man eifrige Kriegsrüstungen zu betreiben. Preußen war durch seine jetzige militärische Organisation in der glücklichen Lage, nicht offenkundig rüsten zu müssen, auch erklärte sich das preußische Volk entschieden gegen einen Krieg. Aber Graf Bismarck war jetzt zum Handeln entschlossen, er brachte am 9. April 1866 bei dem Bundestage einen Antrag ein, welcher auf die Berufung eines
deutschen Parlamentes
mit
allgemeiner directer Volkswahl drang
.
    Schon im Jahre vorher hatte der Minister dem Könige angerathen, die Verfassung von 1849 zu publiciren und sich damit im Fluge die Sympathie des ganzen Deutschland zu gewinnen, er selbst bot für diesen Fall, seine eigne Unbeliebtheit kennend, den Rücktritt an. Wilhelm I. ging jedoch darauf nicht ein und als jetzt Deutschland durch Bismarck selbst mit dieser neuen radicalen Reformbestrebung überrascht wurde, wich Oestreich im ersten Moment einen Schritt zurück, und erklärte seine Gesinnung für friedlich, mit dem Zusatze, daß es Italien's wegen nicht vollständig abrüsten könne. Gleichzeitig erneuerte es seine Forderung, dem Herzog Friedrich, auf dessen Seite man sich jetzt in Wien geschlagen hatte, Schleswig-Holstein zu übergeben, sonst müsse es die Regelung der Sache dem deutschen Bunde anheimgeben. Auf diese Drohung hin lavirte das Berliner Cabinet noch einige Wochen lang durch Noten und Depeschen hin und her, denn am wichtigsten war ihm jetzt die deutsche Reformfrage.
    Preußen's Antrag in Frankfurt sah sich diesesmal, trotz Oestreich's Widerspruch, durch Bayern unterstützt und zu Ende April traten die Minister der Mittelstaaten in Augsburg zusammen, denselben zu berathen. Zwischen all diesen Wirren hindurch, die sich jetzt von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde mehr verwickelten, hielt Bismarck an seinen Reformplänen fest, unverwandt darauf hindeutend, welcher Krisis Deutschland entgegen gehe, wenn es jetzt nicht fest zusammenstehe, sich zugleich wohl bewußt, wie sehr er Oestreich durch diese so kräftig angefaßte Reform auf's Aeußerste reizte.
    Mit Schrecken sah sich Deutschland näher und näher an den Abgrund eines Bruderkrieges gedrängt und allgemein betrachtete man Preußen als den Störenfried und Urheber des nahen Kampfes. Die große politische Parthei des Nationalvereins erblickte nur dort das Hinderniß einer Beilegung des schleswig- Streites, der beendigt sein werde, sobald man den Augustenburger in seine Rechte einsetze; an die Aufrichtigkeit von Preußen's Reformbestrebungen glaubte weder sie, noch die Demokratie im
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