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Des Kaisers Gespielin

Des Kaisers Gespielin

Titel: Des Kaisers Gespielin
Autoren: Ana Hofmann
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verwarf den Gedanken sofort. Niemand wusste davon, dessen war ich mir sicher. Noch nicht.
    „Du willst also helfen?“, fragte sie, als wäre dies der abwegigste Gedanke, auf den sie je gekommen war.
    Dann musterte sie mich abschätzig, aber amüsiert.
    „Solltest du dich nicht zum Abend umziehen?“
    Ich blickte an meinem sackartigen Jutekleid herunter und grinste.
    „Ist doch wie gemacht für die Küche.“, scherzte ich und zwinkerte ihr zu.
    Elli gab ihre gekonnt aufgesetzte strenge Mine auf und lächelte: „Na dann los, Mädchen. Die Rüben in der Schüssel gehören ganz dir.“
    Sie sah mich scharf an, bevor sie mir die Bürste reichte.
    „Aber du gehst dich rechtzeitig umziehen, bevor der Herr kommt. Ich will keinen Ärger, hörst du?“
    Ich nickte ergeben und machte mich daran, die Rüben kraftvoll und unerbärmlich mit der harten Bürste zu bearbeiten bis sie glänzten, wie es mir die Magd vor Jahren beigebracht hatte. Elli wendete mir den Rücken zu und rührte weiter in ihrem fleckigen Kessel.
    Dann hielt sie inne und die plötzliche Abwesenheit vom Klappern der Kelle gab mir ein ungutes Gefühl.
    „Elli?“
    Schnell begann sie wieder, die Kelle durch den Eintopf zu ziehen und sagte leise ohne sich umzudrehen: „Du weißt, jeder hat seinen Platz im Leben.“
    Ich schluckte. Sie sprach offensichtlich nicht über das Gemüse.
    „Wir können uns nicht aussuchen, als was wir geboren werden. Und manchmal auch nicht, was danach aus uns wird. Mir tut es nur leid, dass dein Platz nicht hier sein kann.“
    „Oh Elli, du weißt es also?“
    „Man hört so einiges,“, ihre Stimme klang belegt,“selbst wenn man nur in der Küche steht.“
    Meine Ohren wurden heiß und ich spürte die Tränen aufsteigen, die ich seit Wochen nicht weinen wollte.
    Elli drehte sich um. Wir beide wussten, was sie meinte und ich konnte nicht länger tun, als wäre ich das ahnungslose Kind, von dem man sämtliche Unannehmlichkeiten fernhalten musste. Sie sah mich an, als wäre es das erste Mal seit langer Zeit und ihr warmer mitfühlender Blick sagte alles, was ihr Mund ihr auszusprechen verbot. Wie traurig sie sein würde, mich gehen zu sehen. Wie leid es ihr tat. Und wie sehr sie mich liebte.
    Und ich fühlte dasselbe für sie, für die Frau, die mich an Mutters statt geliebt hatte, die mich als Kind genährt und gewiegt, meine Schrammen verbunden und mit süßem Backwerk geheilt hatte.
    „Ich werde dich vermissen, Kind.“
    Eine stille Würde lag in ihren straffen Schultern und ihrem ruhigen Ton. Sie wusste um das Unausweichliche, versuchte nicht, es zu ändern, scheute sich aber nicht davor, es zu betrauern.
    „Ich habe solche Angst, Elli.“, flüsterte ich und mein Herz zog sich zusammen.
    Und zum ersten Mal seit ich kein Kind mehr war, nahm sie mich in den Arm, wiegte mich an ihrem weichen Busen und strich mir Trost spendend übers Haar, wie es sonst nur eine Mutter getan hätte. Ich atmete ihren warmen häuslichen Duft nach Küche und Schweiß ein, wie das edelste Parfüm und fühlte mich geborgen und beschützt.
    „Man sagt, er sei gar nicht so schlimm.“, hauchte ihre Stimme in mein Haar. „Manchmal muss man eben tun, was getan werden muss. Es tut mir nur leid, dass es dich treffen muss.“
    Mit dem angenehmen Gefühl von Geborgenheit war es schlagartig vorbei. Es war der Gedanke, der da zwischen uns gekommen war, der wohl in den Köpfen aller im Hause vorherrschte. Warum schickte man mich?
    „Versprich mir eines, Elli! Sollte man sie je fortschicken wollen, so musst du es zu verhindern wissen. Sie... ist dafür nicht gemacht.“
    Elli nickte beklommen. Es war ganz offensichtlich lächerlich zu behaupten, dass ich besser für den Dienst bei Hofe gemacht war als meine Schwester. Trotzdem hatte ich eisern darauf bestanden, hatte für meine Einwilligung in Mutters Plan das Versprechen abgerungen, dass sie bleiben konnte. Schweigend putzte ich die restlichen Rüben und verließ dann umgehend die Küche. Elli richtete nicht noch einmal das Wort an mich, aber ich spürte ihre prüfenden Blicke in meinem Rücken, als ich ging.
    Sie war mit dem Arrangement nicht einverstanden, das stand ihr so deutlich ins Gesicht geschrieben, wie ihre Vorliebe für süßes Backwerk. Aber ich hatte es gewünscht und im Augenblick war mein Wohlwollen in den Augen meines Vaters Gold wert.
    Mutter war nirgends zu sehen und so huschte ich unbehelligt in mein Zimmer, setzte mich aufs Bett und dachte nach. Bald würde ich also dieses Haus
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