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Der zerbrochene Himmel

Der zerbrochene Himmel

Titel: Der zerbrochene Himmel
Autoren: Andrea Camilleri
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ein Land reisen sollte, das Ritrea hieß, hatte er nur zwei Tage Zeit, um sich von seinen Eltern zu verabschieden. Dennoch verabredete er sich mit Marietta, als er unter ihrem Fenster herging. Am folgenden Tag, als das junge Mädchen zur Strohscheune kam, war Balduzzo bereits da und wartete auf sie.
      »Ich hab keine Zeit«, sagte Balduzzo. »Zieh den Schlüpfer aus und mach die Schäfchenstellung.«
      Marietta wußte zwar nicht, was die Schäfchenstellung war, erfaßte es aber dunkel. Balduzzo nahm hinter ihr Stellung, holte ihn raus, steckte ihn rein, eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs und sieben. Er kam. Er stand auf und steckte ihn wieder in die Hose. Er umarmte Marietta, er küßte sie auf den Mund.
    »Wenn ich lebendig aus dem Krieg zurückkomme, heiraten wir.«
      Er ging. Langsam, ganz langsam richtete Marietta sich auf. Und sie spürte, wie Balduzzos Saft an ihren Beinen herunterfloß. Mit zwei Fingern nahm sie ein wenig, betrachtete es, roch daran, brachte es an ihren Mund, steckte die Zunge heraus und leckte daran. Das genügte ihr nicht, sie wollte mehr. Wieder steckte sie die beiden Finger hinein, und als sie spürte, daß sie naß waren vom Sperma, führte sie sie wieder an den Mund. Danach stürzte sie, fiel mit dem Hintern auf die Erde und begann verzweifelt zu weinen.

    Die Zehn Gebote las Michilino in einer halben Woche, stieß aber auf einige Schwierigkeiten bei ihrem Verständnis, besonders bei zweien. Deshalb redete er beim Mittagessen darüber.
    »Ein Gebot sagt, daß man nicht töten darf, weil das Sünde ist.«
    »Richtig«, bestätigte Mamà.
      »Dann hat Buffalo Bill, als er die Indianer getötet hat, eine Sünde begangen?«
      Mamà antwortete nicht, sie sah erstaunt zu Papà hinüber. Der setzte ein Lächeln auf und sagte: »Buffalo Bill führte Krieg gegen die Indianer. Und wenn man Krieg führt, ist Töten keine Sünde. Auch wenn man Abessinier tötet, ist das keine Sünde.«
    »Und wenn man ein Tier tötet, was ist das dann? Sünde?«
    Dieses Mal lachten beide, Papà und Mamà.
      »Nein«, sagte Mamà, »ein Tier töten ist keine Sünde. Was meinst du, wenn Papà auf die Jagd geht und dir ein Kaninchen mitbringt, was du doch so gerne süß-sauer magst, begeht er dann etwa eine Sünde?«
    Abends, beim Essen, fragte er wieder.
    »Ist der heilige Caloriu wirklich schwarz?«
    »Ja«, sagte Mamà.
    »Dann ist er also ein schrecklicher, wilder Bissinier?«
      »Aber woher!« lachte Mamà. »Was kommt dir denn in den Sinn?«
    »Wenn er doch schwarz ist!«
      »Nicht alle Schwarzen sind Abessinier«, sagte Mamà zum Schluß.
      Wie dem auch sei, er beschloß, daß er am folgenden Sonntag, an dem der Festtag des heiligen Caloriu war, kein Brot vom großen Fenster zu ihm hinunterwerfen würde. Er hatte nicht die Absicht, einen Schwarzen zu feiern, ob Bissinier oder nicht.
      Am Mittag des folgenden Tags kam Michilino mit einer anderen Frage an: »Was bedeutet unkeusch?«
      »Jeh, du gehst mir auf die Nerven«, sagte Papà. »Wie kommt es, daß der Kleine immer nur Kirchenzeug im Kopf hat?«
      »Gefällt dir wohl nicht, über so etwas zu reden, wie?« fragte Mamà eiskalt.
      Papà stand unvermittelt auf, schmiß die Serviette auf den kleinen Tisch und ging nörgelnd raus.
    »Da sollen einem nicht die Eier dampfen!«
    »Sprich nicht so!« rief Mamà ihm hinterher.
      Und dann, zu Michilino gewandt: »Unkeusch sind alle unanständigen Dinge.«
    Michilino erstarrte. Marietta hatte ihm nicht genauer erklären wollen, aber es war das, was Papà mit der Magd Gersumina gemacht hatte, weshalb es ja auch dieses Theater gegeben hatte. Unanständige Dinge, Unkeuschheiten, waren eine schwere Sünde, wer sie beging, fuhr direkt und unmittelbar in die Hölle, mit allen Schuhen, und brannte dort bei lebendigem Leib bis in alle Ewigkeit. Und sein Vater, der mit der Magd unanständige Dinge tat, hatte nicht nur seine Seele verdammt, sondern hatte auch die Nägel tiefer ins Fleisch des lieben Herrn Jesus geschlagen. Er fragte die Mutter nichts weiter mehr. Er war entsetzt.
    In den ersten Septembertagen brach eine Hitze herein, wie man sie nicht einmal im August erlebt hatte. In der Nacht war selbst ein einfaches Bettuch zuviel, und man schlief nur schwer ein. Naßgeschwitzt und verklebt wälzte man sich eine gute Stunde lang herum und war unruhig, bevor die Augenlider endlich zufielen. Aber das mußte nicht heißen, daß sie lange zublieben; nach einer Weile war es durchaus
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