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Der Wolf aus den Highlands

Der Wolf aus den Highlands

Titel: Der Wolf aus den Highlands
Autoren: Hannah Howell
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nie abgestritten.«
    »Weil er mich dann geschlagen hätte. Oder dich. Das wollte ich nicht.« Meggie starrte auf die Hand, mit der sie gerade durch die Spitzen von Annoras schlichtem, allmählich zerschlissenen Gewand fuhr. »Und außerdem habe ich immer gedacht, dass er vielleicht eines Tages wie mein Vater werden könnte, wenn er gelernt hat, mich zu lieben. Aber ich glaube nicht, dass er das jemals tun wird. Ich glaube nicht, dass Donnell irgendwen liebt.«
    Bei der schmerzerfüllten Sehnsucht, die in Meggies Stimme lag und die Annora nur allzu gut verstehen konnte, schnürte es ihr das Herz zusammen. Obwohl niemand mit Bestimmtheit sagen konnte, ob Sir James Drummond tot war, war Meggie verwaist. Ihre Mutter war tot, und ihr Vater musste sich verstecken, sonst würde er bald tot sein. Die arme Meggie wollte und brauchte eine Familie, und alles, was sie hatte, war Donnell MacKay. Selbst wenn Annora dem Kind noch so viel Liebe schenkte, den Verlust ihrer Eltern konnte sie nicht wettmachen.
    »Meggie, meine Süße, du musst das Spiel unbedingt weiterspielen. Das verstehst du doch, oder?«
    »Aye, das verstehe ich. Ich weiß, dass Sir MacKay sonst sehr zornig würde, und das will ich nicht.«
    »Nay, wir wissen beide, dass das nicht gut ist. Deshalb müssen wir die Geschichte für uns behalten.« Annora fragte sich, warum über das Gesicht des Kindes ein Hauch von Schuld huschte, doch sie beschloss, dass sie einstweilen genug über dieses Thema geredet hatten. »Sollen wir uns wieder an unsere Arbeit machen?«
    Meggie nickte eifrig und wandte sich dem kleinen Beet zu, das sie bepflanzte. Annora sah ihr kurz zu, dann kehrte sie zu ihrer eigenen Arbeit zurück. Doch ihr Kopf gab keine Ruhe. Meggie war felsenfest davon überzeugt, dass Donnell nicht ihr Vater war. Annora wusste, dass ein unglückliches Kind manchmal aus einem Wunsch eine Tatsache machte; aber Meggie neigte nicht dazu, so hartnäckig an Wunschvorstellungen festzuhalten.
    Manchmal war sie unglücklich, aber meist ging sie Donnell und seiner Lieblosigkeit einfach aus dem Weg.
    Das Problem war nur – mit ihrer Überzeugung, dass Donnell nicht ihr Vater war, schürte Meggie Annoras Zweifel an den Ansprüchen ihres Cousins. Bei dem Gedanken, dass Mary vielleicht Donnells Geliebte gewesen war, überkam sie ein solch starker Abscheu, dass sie ihn nicht weiter verfolgen wollte. Leider hatte sie Mary nicht sehr gut gekannt, doch sie wusste, dass diese sehr leichtgläubig gewesen war. Aber konnte denn eine Frau ihren Gemahl über längere Zeit derart hintergehen? Annora schüttelte kaum merklich den Kopf und beschloss, dass das wohl ein weiteres Rätsel war, das sie lösen musste. Wenn man bedachte, wie lange sie brauchte, um der Lösung der anderen Rätsel ein Stück näher zu kommen, konnte es gut sein, dass Meggie schon verheiratet war und eigene Kinder hatte, bevor die ganze Wahrheit ans Tageslicht kam.
    Vielleicht war es an der Zeit, weniger zaghaft nach der Wahrheit zu suchen. Annora ärgerte sich über ihre Feigheit. Sie hatte immer geglaubt, dass sie die Wahrheit über Donnells plötzlichen Aufstieg herausfinden würde, wenn sie die Menschen von Dunncraig kennenlernte und mit ihnen sprach. Doch Donnell sorgte mit Erfolg dafür, dass das nicht passierte. Bislang war sie ihren Bewachern nicht entkommen, und vermutlich würde es Argwohn wecken, wenn sie es doch einmal tat.
    Am besten war es wohl, nicht bei anderen nach Antworten auf all ihre Fragen zu suchen, sondern sich innerhalb von Dunncraigs Mauern umzusehen.
    Als sie diesen Gedanken gefasst hatte, beschloss Annora, dass es wohl gar nicht so schwierig sein dürfte. Die meisten Männer, die Donnell treugesinnt waren, waren stets an seiner Seite; wenn sie also wusste, wo sich Donnell aufhielt, sollte es möglich sein, unbeobachtet zu schnüffeln. Die Frage war nur, wo sie suchen sollte. Donnell hielt sich gewöhnlich an einen strikten Zeitplan. Sie wusste genau, wann er in seinem Arbeitszimmer am Tisch saß, um die Buchhaltung zu machen und wann nicht. Das Arbeitszimmer wäre wahrscheinlich der beste Ausgangspunkt. Sie musste nur für einen Fluchtweg sorgen oder eine sehr gute Ausrede parat haben, falls sie dort ertappt wurde.
    »Warum verrichtet Ihr solche Arbeiten?«
    Beim Klang der tiefen Stimme war Annora so überrascht und besorgt, dass der Mann ihre Pläne womöglich erriet, dass sie beinahe laut aufgeschrien hätte. Nur mit größter Mühe konnte sie verbergen, wie sehr Egans plötzliches
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