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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman
Autoren: Robert Merle
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und Fröhlichkeit zu bewahren. Sicher wußte sie nicht, daß es in unseren Mauern eine kleine Seidennäherin gab, aber sie bekam die Auswirkungen zu spüren.
    »Gut denn!« sagte sie, »ob zwei Worte, ob tausend: ich nehme Euch mit zur Königin!«
    »Zur Königin, Madame! Und was soll ich da?«
    »Nichts. Sie wird Euch sehen, mehr nicht, während ich mit ihr, mit der Marschallin de La Châtre und einigen anderen verschiedene folgenschwere kleine Punkte der Etikette berate. Es geht um ihren Einzug in Paris.«
    »Und was mache ich die ganze Zeit?«
    »Ja, nichts, nichts! Ich sagte es doch! Ihr werdet sitzen oder stehen, je nachdem, und zwar in tadelloser, regungsloser Höflichkeit, und Eure Augen mit derselben Ergebenheit auf die Königin richten, als wäre sie die Jungfrau Maria, und Ihr werdet auch nicht den kleinsten Mucks sagen, außer wenn sie das Wort an Euch richtet. Und vor allem, Monsieur, vor allem: Sollten sich in dem Gemach, wo ich mit der Königin diese Beratung habe, einige ihrer niedlichen Ehrenjungfern aufhalten, werdet Ihr ein für allemal diese gefräßigen Blicke, mit denen Ihr die Weiblichkeit sonst verschlingt, einstellen, und keinen einzigen – hört mir gut zu! –, keinen einzigen in ihre Richtung werfen!«
    »Und warum, Madame, wenn ich fragen darf, soll ich mich zu Regungslosigkeit, Stummheit und Blindheit verdammen? Gibt es dafür einen Grund?«
    »Sicher gibt es einen. Hört gut zu. Der König geht in den Krieg, und es gibt zwei Möglichkeiten: entweder fällt er, oder er kehrt als Sieger zurück. Kehrt er aus diesem blöden Kriegheil und gesund zurück, wie ich es hoffe, weil ich ihn gern habe, obwohl er ein großer Narr ist, in seinem Alter noch den Helden zu spielen, dann setze ich alles daran, daß er Euch mit Mademoiselle d’Aumale vermählt.«
    »Mademoiselle d’Aumale! Aber ich kenne sie überhaupt nicht!«
    »Zum Teufel, Monsieur, wozu müßt Ihr sie kennen! Außer daß es ihr nicht an Reizen fehlt, ist ihr hauptsächlicher, daß sie nach der Mercœur eine der reichsten Erbinnen Frankreichs ist. Und was das Beste ist: wenn der König Euch mit ihr verheiratet, überträgt er Euch den Herzogstitel, den er ihrem Vater entzogen hat.«
    »Der König hat Mademoiselle d’Aumale doch schon Bassompierre angeboten.«
    »Und Bassompierre hat abgelehnt, weil er richtig ahnte, daß es ein Gascognergeschenk war: der König macht einen Ausländer sehr ungern zum Herzog, höchstenfalls ernennt er ihn zum Marschall von Frankreich.«
    »Könnte Bassompierre das werden?«
    »Sicher, Generaloberst der Kavallerie ist er ja schon. Aber, hört gut zu! Angenommen jetzt, dem König stieße ein Unglück zu und die Königin würde Regentin, hättet Ihr gute Aussicht, Mademoiselle de Fonlebon zu heiraten.«
    Das kam so überraschend, daß es mir den Atem verschlug und ich Madame de Guise anstarrte, als sollten mir die Augen aus dem Kopfe fallen. Sie lachte.
    »Nun seid Ihr baff, wie? Ja, am Hofe weiß man alles, mein schönes Kind! Ihr habt Mademoiselle de Fonlebon versprochen, sie im Périgord zu besuchen. Ihr habt Euch mit Monsieur de Castelnau verabredet, diese Reise mit ihm gemeinsam zu machen. Und schon heißt es auf Gassen und Plätzen, Ihr seid wie toll in sie verliebt. Außerdem muß das Frauenzimmerchen vor dem Abschied zur Königin von Euch gesprochen haben, denn die Königin hat mir gesagt, ich soll Euch mitbringen.«
    »Und warum«, fragte ich verdutzt, »kann ich Mademoiselle de Fonlebon nicht heiraten, wenn der König lebt?«
    »Seid Ihr närrisch?« rief Madame de Guise aus, indem nun sie mich mit großen Augen ansah. »Würdet Ihr dem König eine so tödliche Schmach antun wollen, Ihr, den er ›kleiner Cousin‹ nennt? Habt Ihr vergessen, wie stürmisch er dieserwohlgeborenen Jungfer nachstellte? Und wolltet Ihr, wenn Ihr verheiratet wäret, ein zweiter Prinz von Condé sein?«
    »Jedenfalls«, sagte ich, »will ich Mademoiselle d’Aumale nicht heiraten.«
    »Ihr kennt sie doch gar nicht!«
    »Und ich brauche auch keinen anderen Namen: ich bin ein Siorac und will ein Siorac bleiben.«
    »Larifari! Man ändert doch seinen Namen nicht, wenn man Herzog wird! Man fügt seinem Namen einen Titel hinzu. Der Vater Eures neuen Freundes Castelnau heißt Jacques Nompar de Caumont, Herzog de La Force, und Ihr hießet Pierre-Emmanuel de Siorac, Herzog d’Aumale. Na, wäre das nichts, sich hinter einem schönen Herzogstitel zu verschanzen, wenn man ein Bastard ist! Wer würde es dann noch wagen, Euch
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